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Marcus Weinberg: Dieses Land stärkt die Kinder seit sehr vielen Jahren

Redebeitrag zum Einzelplan 17 - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das mit der Toleranz ist immer so eine Geschichte. Sie haben Thomas Mann zitiert. Nun gibt es in diesem Haus keine Dummköpfe. Wenn es welche gäbe, würde ich Voltaire zitieren, der einmal gesagt hat: „Dummköpfe zu ertragen, ist sicherlich der Gipfel der Toleranz.“

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber, wie gesagt, in diesem Hause gibt es sie nicht. Deswegen kann ich es mir auch ersparen.

Es ist das Schöne bei Haushaltsdebatten, dass man dann erfährt, was den Menschen eigentlich wichtig ist. Ist es ein ideologischer Überbau, der, weg von der Frage von Lebensmodellen, das oktroyiert, was man sich selbst am liebsten vorstellt? Ist es die Verteilungsfrage? Ist es die Frage, dass einige mittlerweile gar nicht mehr wissen, was eigentlich im föderativen System die Verantwortung des Bundes und der Länder ist, liebe Kollegen? Richtig ist – das wurde festgestellt –: Wir haben die höchste Steigerung im Haushalt der letzten Jahre. Frau Ministerin, das erlebe ich seit 15 Jahren. Und seit 15 Jahren stellt sich die Frage: Wo ist denn die Konstante? Die Konstante ist die Union, die seit mittlerweile 15 Jahren regiert, und Familien endlich wieder das zugutekommen lässt, was Familien verdient haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn – da sind wir bei den Menschen – für 77 Prozent ist Familie das Wichtigste im Leben, bei den Eltern sind es sogar 91 Prozent. Das ist auch das, was man bei Haushaltsberatungen zusammenbringen muss. Es geht nicht nur darum, Geld zu verteilen, sondern es geht auch darum, dass dahinter eine Geschichte für die Menschen in diesem Land und für die Familien in diesem Land stehen muss. Dahinter muss auch ein Ansatz stehen, dass man sagt: Was will man denn erreichen?

Wir haben uns vor vielen Jahren darauf verständigt, dass wir die Familien stärken, das heißt finanziell absichern, die Infrastruktur für Familien bereitstellen und Zeit für Familien generieren wollen; denn wir bekommen von vielen Familien und Eltern immer wieder reflektiert: Gebt uns bei aller Bedeutung von Geld und Infrastruktur auch mehr Zeit, gerade dann, wenn wir diese Zeit mit den jungen Menschen verbringen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier leitet uns auch noch ein anderer Grundsatz, der besagt: Wenn wir als Staat unterstützen – wir schützen die Familien ja vor der Übergriffigkeit des Staates –, dann möglichst früh, möglichst bedarfsorientiert und auch möglichst zielgenau.

Angesprochen wurde, wie eigentlich die Situation von Familien ist. Von der AfD wird ja die Geschichte erzählt, dass die Familien wirklich so belastet wären. Frau Schön hat richtigerweise auf das Thema Kindergelderhöhung hingewiesen. Was heißt das denn konkret, wenn Sie eine Familie mit zwei Kindern haben? Ich weiß, wovon ich rede; andere wissen das auch. Das sind dann im Jahr 600 Euro mehr für die Familien.

(Martin Reichardt [AfD]: Und im Monat? 50 Euro! Das ist nicht einmal ein Taschengeld! Das ist doch ein Witz!)

– Da kann man gerne das Vierfache fordern, wenn Sie es denn finanziert bekommen. – Das ist ein Erfolg dieser Koalition. Wir haben gesagt: Mit der Kindergelderhöhung schaffen wir wirklich etwas Nachhaltiges für Familien. 600 Euro mehr im Jahr sind wirklich eine gerechtfertigte und gute Leistung, die wir hier über das Familienentlastungsgesetz hinbekommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Martin Reichardt [AfD]: Das ist schon schäbig, wenn man sich so was schönredet!)

Es gibt daneben andere, die durch diese Republik laufen und immer wieder von Kinderarmut sprechen. Ja, wir wissen – das ist auch etwas, was wir in der Koalition angenommen haben –, dass es in diesem Land Kinderarmut gibt – unbestritten. Aber die Geschichte, dass Millionen von Kindern durch dieses Land streifen, weil sie nicht mehr in der Lage sind, sich ihre Schulmaterialien zu kaufen, ist einfach nicht wahr. Deswegen sollte man genau darauf achten, wie die Betroffenen ihre Lebenssituation sehen, nämlich die Kinder und Jugendlichen. Laut Bertelsmann-Stiftung sagen 98,4 Prozent, sie haben alles, was sie für die Schule brauchen. 96,7 Prozent sagen, sie haben genug Geld für Klassenfahrten und Ausflüge. 92,5 Prozent sagen, sie haben alles, was sie für ihre Hobbys benötigen. 84 Prozent haben ein eigenes Zimmer.

Ja, es gibt Kinderarmut, und wir sind in der Großen Koalition auch aufgerufen – dieses Thema haben wir auch angenommen –, Kinderarmut zu bekämpfen. Ich kann aber auch ganz deutlich sagen: Dieses Land stärkt die Kinder seit sehr vielen Jahren,

(Zuruf von der AfD: Deshalb gibt es ja immer mehr!)

und diese Große Koalition stärkt sie mit diesem Haushaltsentwurf auch – gerade die schwachen Kinder.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sehen Sie auch am Schulstarterpaket, wo es sehr konkret wird. Wir haben das Schulstarterpaket von 100 auf 150 Euro erhöht und haben auch gesagt: Das Teilhabepaket wird von 10 auf 15 Euro erhöht. Ja, mehr geht immer; das ist selbstverständlich. Es geht aber auch darum, genau zu schauen, wo man welche Mittel entsprechend einsetzt.

Die besondere Situation des Jahres 2020, in dem der normale Alltag von Familien komplett auf den Kopf gestellt wurde, wurde natürlich schon angesprochen. Eines war uns sofort klar: Familien sind systemrelevant, weil es die Mütter und auch die Väter sind, die gerade in den letzten Monaten den Kochtopf, den Laptop und das Schulbuch schwingen müssen, und zwar zeitgleich.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Den Kochtopf werden sie hoffentlich nicht schwingen, das ist richtig, aber das Kochbuch zumindest.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was haben wir als Koalition getan? Lohnfortzahlung für Eltern, Notfallkinderzuschlag, Entlastung von Alleinerziehenden durch eine Verdoppelung des Entlastungsbeitrags – ich muss sagen: das ist wirklich etwas Grandioses, das in diesem Fall insbesondere auch dank der CSU in die Diskussion gebracht wurde –, Kinderbonus von 300 Euro und Anpassung des Elterngeldes. Für die an der Kinder- und Jugendhilfe Interessierten sei gesagt, dass wir uns auch im Bereich der Kinder- und Jugendbildung mit Erfolg dafür eingesetzt haben, die Struktur der Kinder- und Jugendhilfe – auch des Jugendaustausches – mit Blick auf die Situation in dieser Krise zu stabilisieren.

Ich komme zu den Vorhaben und Schwerpunkten.

Zunächst nenne ich noch einmal die Erweiterung der Unterstützung des Bundes für die Länder beim Ausbau der Ganztagsbetreuung bzw. Kinderbetreuung. Liebe Kollegin der Grünen, es mag für viele schon eine Selbstverständlichkeit sein, dass der Bund alles mit übernimmt. Ich möchte nur noch einmal darauf verweisen: In einem föderativen System gibt es Verantwortlichkeiten. Ja, wir stellen mittlerweile 3,5 Milliarden Euro für den Ausbau der Ganztagsbetreuung bereit, und wir haben noch einmal 1 Milliarde Euro für den Ausbau im Kitabereich bereitgestellt. Ich sage aber auch eines ganz deutlich: Wir sind nicht diejenigen, die dies alleine zu leisten haben, sondern das sind in erster Linie die Länder. Deswegen noch einmal der Appell an die Länder – die sich hier ja permanent durch Anwesenheit für das bedanken, was wir für sie leisten –, sich bitte auch entsprechend daran zu beteiligen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Sie von den Grünen kritisieren, dass es kein Konzept der Ministerin gibt, das abgestimmt auf den Tisch gelegt wird. Nein, so macht man das auch nicht, sondern man diskutiert das mit den Ländern in einer Arbeitsgruppe, weil man sagt: Wenn wir gemeinsam Verantwortung übernehmen, dann müssen wir uns auch gemeinsam verständigen, was zwischen Hamburg, Rostock, Berlin und München das ist, was uns da verbindet und was wir hinbekommen müssen. – Deswegen, glaube ich, ist das auch der richtige Weg gewesen.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kriegen Sie das in drei Jahren nicht hin!)

Trotzdem – damit komme ich zum Schluss, und ich will es nur stichwortartig adressieren – gibt es in diesem Haushalt – es ist ein guter Haushalt, Frau Ministerin, aber dank uns wird aus diesem guten Haushalt bestimmt noch ein sehr guter Haushalt – noch das eine oder andere, wo wir noch etwas nachsteuern wollen. Ich denke hier an das Beispiel „Frühe Hilfen“, also Prävention, gerade wenn es darum geht, den Kleinsten einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Da gibt es auch den Wunsch der entsprechenden Ministerkonferenz, das aufzustocken. Daran werden wir gehen.

Wir werden auch daran gehen – das hat Nadine Schön angesprochen –, „Demokratie leben!“ nicht nur als Programm zu stärken, sondern uns auch Gedanken darüber zu machen, was wir eigentlich schon haben und wo man auch in Absprache mit Schulen zum Beispiel Dinge, die gut laufen, weiter stärken kann.

Weil meine Redezeit leider rennt, zum Schluss noch ein Punkt, der mir und uns wichtig ist: Wir müssen in Deutschland mehr erforschen, wie Kinder und Jugendliche leben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie erleben sie Trennung? Wie erleben sie Heimerziehung? Wie erleben Care Leaver ihre Situation? Hier kann ich für uns ganz deutlich sagen: Wir werden in den nächsten Jahren sehr darauf achten, dass wir auch über die Forschung erfragen, wie unsere Maßnahmen, die wir entwickelt haben, eigentlich wirken. Wie wirken sie bei Trennungen? Wie wirken sie auf die Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen? Die Forschung in diesem Bereich wird sicherlich eine spannende Aufgabe sein.

Wir wissen aber auch: Die Zeiten werden nicht besser und nicht einfacher werden – auch weil das Geld knapp wird.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege.

 

Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU):

Deswegen wollen wir sehr genau und sehr dezidiert schauen, wo wir die Gelder einsetzen.

Deshalb freuen wir uns ganz besonders auf die gemeinsamen Haushaltsberatungen mit Ihnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)