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Klaus-Peter Willsch: "Die Coronahilfsmaschine läuft aber mittlerweile auf Hochtouren"

Steuergelder gegen Missbrauch durch Konzerne schützen

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Menschen an den Bildschirmen und den digitalen Endgeräten! Wir beraten heute drei Anträge, davon zwei von den Linken, der SED-Fortsetzungspartei.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach ja! Lass mal stecken!)

Die Sprüche, die wir von Ihnen zu dem Thema hören, heucheln Mitgefühl für Betroffene und Ähnliches.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Seid Ihr das Zentrum? Ist das Euer Parteiname?)

In Wirklichkeit geht es Ihnen darum – das haben Sie ganz zum Schluss zum Ausdruck gebracht –, möglichst mit Sozialdemokraten und Grünen dieses Land in einer Art und Weise umzubauen, dass wir dann munter sagen können: Wir haben wieder Volkseigene Betriebe und HO-Gaststätten. – Dann ist das Ziel erreicht, das Sie sich so vorstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Man hört die Zentrumspartei! Sehr seriös!)

Deshalb will ich mich mit Ihrem Quatsch gar nicht weiter auseinandersetzen. Lesen Sie mal ein Schulbuch zu Politik und Wirtschaft für die Sekundarstufe I, darin können Sie nachlesen, was der Unterschied zwischen einer Versicherungsleistung und einer Sozialleistung ist. Kurzarbeitergeld ist eine Versicherungsleistung – da gilt das Äquivalenzprinzip –; darauf hat man Anspruch, wenn man Beiträge gezahlt hat.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Dafür werden aber Steuergelder gebraucht!)

Aber darauf werden die Kollegen aus dem Ausschuss für Arbeit und Soziales sicher noch näher eingehen.

Lassen Sie mich kurz zu dem Antrag der Grünen sprechen, die hier große Krokodilstränen fließen lassen, obwohl sie – zumindest Sie, Frau Dröge – im Wirtschaftsausschuss mit dabei waren, wo wir bei allen Maßnahmen Schritt für Schritt immer wieder nachgebessert haben. Die Wirtschaft ist nämlich ungeheuer komplex

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu komplex für das Wirtschaftsministerium!)

und übersteigt an Komplexität gelegentlich das Vorstellungsvermögen der Ministerialbürokratie und selbst das von Abgeordneten. Wir haben jeden Tag neue Fallkonstellationen gesehen, die wir uns nicht ausgemalt hatten, und immer wieder nachgesteuert. Das hat natürlich Zeit gekostet.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel zu viel Zeit!)

Die Coronahilfsmaschine läuft aber mittlerweile auf Hochtouren. 85 Milliarden Euro Hilfsgelder hat der Staat in den letzten zwölf Monaten ausgezahlt. Ich denke, das kann sich durchaus sehen lassen. Bei der November- und Dezemberhilfe sind es mittlerweile 75 Prozent. Alle, die sich ein wenig eingehender mit der Thematik befasst haben, wissen: Das sind keine trivialen Vorgänge, sondern sie sind gerade im Zusammenwirken von Bundesverwaltung und Landesverwaltung nicht immer einfach zu lösen.

Sie begrüßen in Ihrem Antrag die unbürokratische Beantragung der Soforthilfe, sagen aber nichts dazu, dass wir später jede Menge Beschwerden über Hunderttausende Bescheide hatten – gerade hier in Berlin ist sehr großzügig mit dickem Daumen verteilt worden –, bei denen die Empfangsberechtigung völlig infrage stand und es zu Rückforderungen kam. Da ist es mir schon lieber, wenn wir es jetzt über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer machen, die sich da auch sehr gut einbringen, den Prozess mitbegleiten und Anregungen geben und dabei durch spezielle Informationen dazu auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums unterstützt werden. Damit können wir einen Beitrag dazu leisten, dass die ganzen Programme passgenauer werden.

Wir arbeiten also kontinuierlich daran, weil wir das alles sehen. Als Wahlkreisabgeordnete bekommen Sie jeden Tag neue Fallschilderungen, wo was nicht passt bzw. wo Anspruchsvoraussetzungen, Umsatzgrenzen oder Verlustgrenzen in der konkreten Situation unpassend erscheinen. Wir werden das nie alles hundertprozentig gerecht abbilden können. Das wird nicht funktionieren. Umso wichtiger ist es, dass gestern Abend bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin wieder verschiedene Erleichterungen und Verbesserungen miteinander vereinbart worden sind: Erhöhung der Abschlagszahlungen in der Überbrückungshilfe III auf bis zu 800 000 Euro. Es können jetzt auch an große Unternehmen mit höherem Finanzbedarf Hilfen gezahlt werden; die Umsatzhöchstgrenze ist entfallen. Wir haben damit eine Grundlage für Hilfsoperationen auch für Firmen, die in den Bereichen Einzelhandel, Veranstaltungs- und Kulturbranche, Hotellerie, Gastronomie, Pyrotechnik, Großhandel, Reisebranche unmittelbar von den Schließungsanordnungen des Bundes und der Länder betroffen sind.

Darüber hinaus bin ich, um wirklich noch ein Tool zu haben, um helfen zu können, auch froh, dass die Vereinbarung über den Bund-Länder-Härtefallfonds gestern Abend bekräftigt worden ist und im Laufe der nächsten Woche das Bundeskanzleramt und die Staats- und Senatskanzleien den Ablauf dazu klären werden. Das ist eine Möglichkeit, noch einmal nachzusteuern, wo es trotz der großen Möglichkeiten aufseiten der Bundesebene nicht funktionierte. Ich will jetzt kein Schwarzer-Peter-Zuschieben vornehmen, auch nicht zum roten Minister hier; aber wir haben natürlich als Wirtschaftspolitiker der Union zeitig gefordert, viel stärker auf schon bestehende Finanzbeziehungswege zu setzen, also auf viel großzügigere Steuerverlustverrechnungsmöglichkeiten. Das wäre ein ganz schneller und sehr viel treffsicherer Weg gewesen. Da ist ja zum Glück auch ein wenig nachgebessert worden.

Im Rahmen der Überbrückungshilfe III sind etwa 1,92 Milliarden Euro beantragt und mehr als ein Viertel davon schon ausgezahlt worden, obwohl das Programm ja noch nicht lange offen ist. Ich finde, wir sollten da nach vorne schauen. Ich habe gestern in der Aktuellen Stunde schon mal kurz darüber gesprochen. Clemens Fuest vom ifo-Institut hat das heute Morgen im „Morgenmagazin“ gemacht. Wir müssen den Menschen die Vorteile von Selbsttests deutlich machen. Clemens Fuest hat heute ein Beispiel gewählt und gesagt: Wenn vor der Einkaufsgalerie die Teststation ist und die Leute sehen: „Wenn du dich testen lässt, kannst du da reingehen“, dann kriegen wir einen höheren Kenntnisstand in der Frage, wer bei uns infiziert ist, zumindest einen guten Anhaltspunkt dafür, und dann werden die Menschen von sich aus Tests nachfragen. – Dann müssen wir uns nicht ständig nur Gedanken darüber machen, wie der Staat die bezahlt und welche Stelle vom Staat die bezahlt und welche Stelle vom Staat das organisiert. Hier müssen wir auf Kräfte des Marktes setzen. Deshalb hoffe ich, dass die behutsamen Öffnungsschritte, die gestern besprochen worden sind, hier genug Raum geben, dass diese Marktkräfte sich entfalten können. – Vielen Dank für Ihre Geduld, Frau Präsidentin. Der Satz ist zu Ende.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)