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Kai Wegner: Heute geht es nicht mehr um Bildung statt Beton, heute geht es um Bildung und Beton

Rede zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104c, 104d, 125c, 143e)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2006 wurde die soziale Wohnraumförderung in die alleinige Verantwortung der Länder übertragen. Deutschland war angeblich „fertig gebaut“, und auch hier im Haus war der Ruf nach „Bildung statt Beton“ zu hören.

Heute, zwölf Jahre später, müssen wir feststellen: Diese Entscheidung hat sich in Zeiten angespannter Wohnungsmärkte nicht bewährt. Heute geht es nicht mehr um Bildung statt Beton, heute geht es um Bildung und Beton, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das bezahlbare Wohnen steht nun wieder ganz oben auf der politischen Agenda. Die Öffentlichkeit erwartet, dass der Bund hier maßgeblich zur Problemlösung beiträgt, ganz unabhängig davon, was dazu im Einzelnen im Grundgesetz steht. Ohne die sprichwörtlichen goldenen Zügel ist die wirksame Aufgabenwahrnehmung durch viele Länder leider nicht vollständig gewährleistet. Eckhardt Rehberg hat vorhin die Zahlen dargestellt. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Grundgesetzänderung greift das auf und macht, wie ich finde, dazu ein gutes Angebot.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine erneute Grundgesetzänderung machen wir uns nicht leicht, weil unser föderales System von klaren Verantwortlichkeiten lebt. Aber bei der Versorgung aller Bürger mit Wohnraum handelt es sich in der Tat um eine nationale Aufgabe. Darum ist es sinnvoll und geboten, dass sich der Bund zukünftig aktiv auch hier wieder mit zweckgebundenen Finanzhilfen voll einbringen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Zweckgebunden!)

– Ja, in der Tat, zweckgebunden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Wohnungsfrage muss sich die Stärke unserer sozialen Marktwirtschaft bewähren. Gerade weil unsere Marktwirtschaft sozial ist, müssen wir immer darauf reagieren, wenn sich Menschen in Deutschland aus eigener wirtschaftlicher Kraft unter reinen Marktbedingungen angemessenen Wohnraum nicht leisten können. Das machen wir als Bundesregierung: über das Wohngeld, über das soziale Mietrecht. Das machen wir selbstverständlich aber auch über die soziale Wohnraumförderung. Die soziale Wohnraumförderung ist integraler Bestandteil unseres Sozialstaates. Darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

5 Milliarden Euro nimmt allein der Bund bis 2021 für den sozialen Wohnungsbau in die Hand. Wenn wir die Mittel der sozialen Wohnraumförderung von Bund, Ländern und Kommunen zusammenrechnen, können damit 100 000 zusätzliche Sozialwohnungen entstehen. Für die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt ist die Zukunftssicherung der sozialen Wohnraumförderung kein Allheilmittel, aber sie ist ein wichtiger Bestandteil der gemeinsamen Wohnraumoffensive von Bund, Ländern und Kommunen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Wohnungspolitik stehen wir vor großen Herausforderungen, und wir als Bundesregierung, wir als Koalition gehen diese auch an. Mir ist durchaus bewusst, dass es – das hat auch die Aktuelle Stunde am vergangenen Mittwoch gezeigt – bei der Wohnungspolitik unterschiedliche Positionen, unterschiedliche Auffassungen hier im Hause gibt. Unser Ansatz, der Ansatz der CDU/CSU, ist, dass wir von allem etwas brauchen. Wir brauchen einen breiten Mix, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Wenn wir uns darauf verständigen könnten, dass wir von allem etwas brauchen, sehe ich große Chancen, dass wir fraktionsübergreifend für die angemessene Wohnraumversorgung der Bürger gemeinsam sehr viel erreichen können. Daher bitte ich Sie: Lassen Sie uns in den Ausschussberatungen immer im Kopf behalten, was für ein starkes Signal es ist, wenn das Parlament mit breiter Mehrheit

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit!)

– wenn das Parlament mit breiter Mehrheit, lieber Herr Kubicki – seinen Beitrag dazu leistet, die soziale Wohnraumförderung mit starker Unterstützung des Bundes und zweckgerichtetem Mitteleinsatz für die Zukunft zu sichern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich glaube, das erwarten die Menschen von uns. Das ist alle Anstrengungen wert, und dieser Verantwortung für das soziale Gesicht in unserem Land sollten wir gemeinsam gerecht werden. Lassen Sie uns über den richtigen Weg diskutieren, aber lassen Sie uns diskutieren mit dem klaren Ziel einer Einigung: dass wir es hinbekommen, dass das Grundgesetz für die Menschen in diesem Land in dieser Form geändert wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)