Skip to main content

Jürgen Hardt: Wir halten uns streng an die Regeln der WTO

Rede in der aktuellen Stunde zur Gefahr eines Handelskrieges

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war eben ein mächtiger Vortrag von Frau Dröge.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich an Debatten hier im Haus und mit Frau Dröge und mir auf dem einen oder anderen Podium, bei denen die Grünen massiv mit irrationalen Argumenten, teilweise auch mit Fake Facts,

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Die auch?)

gegen ein Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika in einer Art und Weise polemisiert haben, die mich stellenweise erschreckt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wo stünden wir denn jetzt in der Auseinandersetzung speziell mit dem Weißen Haus, wenn wir ein Handelsabkommen wie TTIP hätten,

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

in dem zum Beispiel die Frage der Zölle und der nichttarifären Handelshemmnisse in einer Art und Weise geregelt worden wäre, dass es eben nicht so einfach möglich wäre, Strafzölle gegenüber Partnern wie Europa zu erheben?

(Michael Theurer [FDP]: Sehr richtig!)

Es war ein großer Fehler, dass wir das nicht vorangebracht haben. Und leider gab es auch in Deutschland eine durch unsachliche Argumente aufgeheizte öffentliche Diskussion, die uns dabei im Wege gestanden hat. Ich würde mir dringend wünschen, dass ein Teil des Vorschlags der Europäischen Union, wie wir auf die Frage antworten, ist, dass wir den Amerikanern bzw. dem Präsidenten sagen: Wir sind für die Abschaffung aller tarifären und nichttarifären Handelshemmnisse zwischen den USA und der Europäischen Union, und unser Angebot ist TTIP.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir können morgen wieder mit den Verhandlungen beginnen, und Herr Lighthizer ist herzlich dazu eingeladen, nach Brüssel zu kommen.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie brauchen noch einen Vortrag!)

Ich glaube, dass es eine weise Entscheidung ist, dass wir die Europäische Union in dieser schwierigen Handelsfrage beieinanderhalten und es nicht zulassen, dass einzelne Staaten der Europäischen Union im Sinne einer Nebenhandelspolitik neben der EU-Handelspolitik versuchen, in Washington etwas für sich zu erreichen, sondern dass wir sagen: Gemeinsam sind wir stark. Denn die einzige Wirtschaftsmacht auf dieser Erde, die den Vereinigten Staaten von Amerika ebenbürtig ist – mit jeweils rund 25 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts –, ist die Europäische Union.

Ich begrüße, dass die Europäische Kommission in der vergangenen Woche einen klugen Beschluss gefasst hat. Sie hat gesagt:

Erstens. Wir beklagen uns über diese Zölle; wir halten sie für ungerechtfertigt.

Zweitens. Wir verlassen aber nicht den Rahmen des Völkerrechts, den Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der WTO. Vielmehr halten wir uns streng an die Regeln der Welthandels­organisation. Wir werden gegebenenfalls unsere Klage dort vorbringen. Wir werden Maßnahmen ergreifen, die WTO-konform sind. Das sind keine Strafzölle, sondern kompensatorische Maßnahmen, die es uns erlauben, den wirtschaftlichen Schaden, der uns durch solche ­Zölle entsteht, zu kompensieren. Die Kommission – Frau ­Malmström – hat es berechnet: Der direkte Schaden durch diese Zölle wird auf circa 7 Milliarden Euro beziffert. Die Gegenmaßnahmen, die jetzt im Schaufenster stehen, die also noch nicht beschlossen, aber von der Kommission als denkbar erachtet werden, werden eine Kompensation in Höhe von rund 2,8 Milliarden Euro darstellen. Wir befinden uns damit also ganz sauber im Regime der WTO.

Das Dritte ist die Botschaft an Amerika, dass wir die Gespräche über die Intensivierung der Handelsbeziehungen wieder aufnehmen.

Das Vierte sollte das Angebot an die Amerikaner sein: Wenn wir uns gegen unfaire Handelspraktiken in der Welt wehren wollen, dann tun wir es doch bitte gemeinsam. Dann ist der Hebel doppelt so lang. Dann sind wir doppelt so stark.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Auch hierfür würden Gespräche diesseits und jenseits des Atlantiks im Zusammenhang mit ambitionierten Handelsabkommen sicherlich einen guten Rahmen bieten.

Ich möchte noch einen Gedanken vortragen. Ich bin in der letzten Woche mit einigen Senatoren beider Parteien in Amerika zusammengetroffen. Was dort hinter verschlossenen Türen und auch öffentlich über die Strafzölle gesagt wird, ist eindeutig. Ich habe noch nie auf dem Hill einen solch klaren und laut artikulierten Widerstand gegen eine falsche Handelspolitik des Weißen Hauses gehört. Der Präsident braucht den Erfolg. Aufgrund der Rechtsordnung kann der Präsident für sich reklamieren, das zu tun. Es wird sich zeigen, ob der Kongress die Kraft hat, sich auch formal dagegenzustellen und eine entsprechende Gesetzesinitiative einzuleiten. Ich jedenfalls wünsche mir das. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass sich Amerika im Vorwahlkampf befindet. Erst vor wenigen Tagen gab es Wahlen in Pennsylvania. Dort hatte im Übrigen der demokratische Kandidat knapp die Nase vorn. Allerdings hat auch dieser Kandidat verkündet, er sei für Strafzölle. Zur amerikanischen Politik gehört wohl dazu, dass man den gleichen Leuten auch das Gleiche sagt. Aber ich glaube, dass wir eine gute Chance haben, wenn wir als Europäische Union zusammenstehen.

In diesem Sinne: Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)