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Hansjörg Durz: Dieser Haushalt setzt die Segel auf mehr Souveränität

Rede zum Haushaltsgesetz 2020 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (Epl. 09)

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr reiht sich in die Kette der nachhaltigen und generationengerechten Finanzpolitik der vergangenen Jahre ein. Doch die schwarze Null bedeutet nicht ein Null an Investitionen.

Ganz im Gegenteil: So steigt allein das Budget des Wirtschaftsministeriums im kommenden Jahr um rund 12 Prozent. Grund dafür sind vor allem die Investitionen im Bereich Digitalisierung. Damit hat der Einzelplan des Bundeswirtschaftsministers seinen Anteil an der Rekordinvestitionssumme des gesamten Haushaltsentwurfes. Diese Summe liegt bei 40 Milliarden Euro, eine Rekord- summe, die es umzusetzen gilt.

Die Beratung und Verabschiedung eines Haushaltes ist aber nicht nur angesichts dieses Rekordwertes etwas Besonderes. In Anlehnung an einen bekannten Satz der politischen Philosophie kann man sagen: Souverän ist, wer über den Haushalt entscheidet. – Wer das Geld verteilt, lenkt die Entwicklung unserer Gesellschaft. Haushaltsdebatten sind deshalb auch Ausdruck dieser Parlamentssouveränität.

Solch ein hohes Maß an Souveränität kann Deutschland, ja, kann Europa in der digitalen Welt in vielen Feldern nicht ausüben. Ob wir auf die Herstellung von Hardware schauen oder auf die Entwicklung von Anwendungen zu künstlicher Intelligenz: Oftmals mangelt es am Transfer von Ideen, oftmals mangelt es an Unternehmen. Das hat Folgen, wie die Debatten der Digitalpolitik bereits in diesem Jahr gezeigt haben. So müssen wir anerkennen, welch starke Marktposition beispielsweise Anbieter aus Fernost mittlerweile beim Ausbau der 5G-Netzinfrastruktur haben. Im Cloud-Geschäft sitzen die Weltmarktführer schon seit Jahr und Tag nicht in Deutschland, nicht in Europa. Wir müssen immer wieder feststellen, dass in den Weltregionen, die viele digitale Märkte dominieren, nicht unbedingt die Datensouveränität des Nutzers im Mittelpunkt steht. Doch dieser Haushalt setzt die Segel auf mehr Souveränität.

Allein im Einzelplan Wirtschaft ist für den Bereich „Digitale Agenda“ eine halbe Milliarde Euro vorgesehen. Ein Großteil dieses Geldes – fast die Hälfte – wird dabei für die Finanzierung eines europäischen Programms zur Entwicklung und Förderung von Mikroelektronik aufgewendet. Diese Investition ist Teil eines EU-Großprojektes, das insgesamt staatliche Investitionen in Höhe von 1,75 Milliarden Euro umfasst. Zusammen mit anderen Mitgliedstaaten wird Deutschland diese Summe stemmen. Denn wir müssen in Europa in der Lage sein, wettbewerbsfähige und energieeffiziente Computerchips herzustellen. Diese brauchen wir nicht nur für die vernetzte Produktion, sondern auch für die Bindung von Folgeinvestitionen in Wissenschaft und Forschung. Denn nur wer über das Know-how von Hochtechnologie verfügt, der wird auch in der Lage sein, die digitale Revolution souverän nach seinen Werten zu gestalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Doch dafür ist nicht allein die Fähigkeit zur Herstellung digitaler Hardware notwendig. Wir brauchen auch kluge Ideen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Um den Technologie- und Innovationstransfer aus Forschung und Entwicklung in die Wirtschaft zu ermöglichen, werden im kommenden Jahr allein im Wirtschaftshaushalt mehr als 44 Millionen Euro ausgegeben.

Hier finde ich vor allem zwei Projekte erwähnenswert: die Agentur für Sprunginnovationen und die Einrichtung von Reallaboren. Bei beiden geht es um Innovation, um Möglichmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Agentur für Sprunginnovationen soll in den kommenden zehn Jahren mit Investitionen in Höhe von 1 Milliarde Euro Unternehmen fördern, die auf radikale technologische Neuerungen und neuartige Geschäftsmodelle setzen. Wie diese Innovationen umgesetzt, wie bestehende regulatorische Ansätze hinterfragt und weiterentwickelt werden können, soll in Reallaboren erkundet werden; denn die Devise des lebenslangen Lernens muss auch für den Staat gelten.

Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit zu stärken, aber auch die Freiheit und den Wohlstand in der digitalen Zukunft zu mehren, das ist ein Anliegen dieses Haushaltes, und das sollte auch Anliegen dieses Parlaments sein, wenn wir in den nächsten Wochen diskutieren, was wir gegebenenfalls noch besser machen können. Zwei Vorschläge vielleicht dazu:

Zum einen müssen wir den Mittelstand bei der Digitalisierung seiner Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse in der Breite noch besser unterstützen. Dazu sind nicht nur Förderprogramme vonnöten. Zusätzlich müssen wir uns auch die Fristen für Abschreibungen bei digitalen Investitionen ansehen. Wir müssen diese verkürzen; denn 

gerade technologische Innovationen haben eine sehr kurze Halbwertszeit. Die heutigen Fristen machen Investitionen in digitale Technologien oft unrentabel. Das muss sich ändern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Und mit Blick auf den Bundeshaushalt brauchen wir noch mehr Transparenz. Im Gesamthaushalt stecken viele Mittel für Digitales. Sie sind über zahlreiche Einzelpläne der Ministerien verstreut. Allerdings gibt es keine Gesamtübersicht. Doch diese brauchen wir.

Das macht unsere Anstrengungen in diesem Bereich deutlich sichtbarer, das erkennt auch die Arbeit des Ausschusses Digitale Agenda an, und das stärkt die Souveränität dieses Hauses.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)