Skip to main content

Fritz Güntzler: Wir werden wirtschaftliche und soziale Härten abfedern

Redebeitrag zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte im Wesentlichen eigentlich zu steuerlichen Maßnahmen sprechen. Aber ich finde es einfach unerträglich, wie die AfD Ursache und Wirkung immer wieder vertauscht.

(Frank Pasemann [AfD]: Das kann doch keiner mehr hören!)

Ich komme aus dem Wahlkreis Göttingen, und wer die Medien verfolgt, weiß, was in Göttingen derzeit los ist und wie man mit der Pandemie zu kämpfen hat. Verwaltung, Feuerwehr, Polizei, Medizin, die UMG, also unsere Universitätsmedizin Göttingen, kämpfen dagegen an. Wir haben hohe Infektionszahlen. Und dann tun Sie hier so, als bräuchten wir eigentlich gar nichts zu machen, als könnten wir so weiterleben. Das ist wirklich schändlich, und ich lehne das ab.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Vor zehn Wochen haben die noch das Gegenteil erzählt!)

Die Bundesregierung und damit die Koalition hat wieder Handlungsfähigkeit bewiesen durch die Beschlüsse vom 3. Juni. Auch wir als Parlament sind schnell und werden zügig die notwendigen Gesetze beschließen. Das zeigt, dass auch in einer Krise die Demokratie in Deutschland handlungsfähig ist. Wir werden mit diesen Maßnahmen die Konjunktur stärken, wir werden Arbeitsplätze erhalten, wir werden wirtschaftliche und soziale Härten abfedern, wir werden Kommunen stärken und die Einkommensverluste ausgleichen, und wir werden auch Familien unterstützen, die besonderen Herausforderungen in dieser Zeit ausgesetzt sind. Alles richtige Ziele, alles mit 57 guten Maßnahmen unterlegt.

Dazu der Hinweis an die FDP: Natürlich kümmern wir uns auch um die Zukunft, weil wir nicht nur die Gegenwart organisieren wollen, sondern auch die Zukunft für Deutschland gestalten wollen. Von daher haben wir 57 gute Punkte, über die wir beraten werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Planwirtschaft!)

Wir werden das Ganze auch mit steuerlichen Maßnahmen unterlegen. Darum haben wir den Entwurf eines Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes eingebracht, nachdem wir das erste Steuerhilfegesetz schon verabschiedet haben. Dort finden sich verschiedenste Maßnahmen. Wir haben im Wesentlichen heute schon über die Mehrwertsteuersenkung diskutiert. Natürlich, lieber Kollege Dürr, wird es Umsetzungsschwierigkeiten geben. Aber ich sage Ihnen auch als Steuerberater: Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir eine Umsatzsteuerveränderung haben.

(Christian Dürr [FDP]: Für sechs Monate!)

Es ist aber das erste Mal, dass wir eine Umsatzsteuersenkung haben, und das finde ich gut. Dass die FDP mittlerweile gegen Steuersenkungen ist, war für mich heute auch neu.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Mal wieder was gelernt!)

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft – darunter auch der Handelsverband Deutschland – stellen in ihren Stellungnahmen fest: Das Ganze ist ein wichtiger Impuls für den Binnenkonsum.

(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])

Also die Wirtschaft unterstützt diese Maßnahme. Die FDP ist gegen diesen wirtschaftlichen Sachverstand. Auch das ist für mich neu in dieser Debatte am heutigen Tage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir werden dazu beitragen – das wird das BMF auch tun; Frau Staatssekretärin ist ja hier –, dass den Unternehmen geholfen wird. Es gibt zum ersten Mal ein sogenanntes BMF-Schreiben, das im Entwurf veröffentlicht wurde, damit die Fragen, die sich die Unternehmer stellen, gleich beantwortet werden können und das Ganze ab dem 1. Juli ein Erfolg wird.

Noch eine andere Anmerkung: Es handelt sich um 20 Milliarden Euro, die wir weniger einnehmen. Das sind 20 Milliarden Euro Liquidität, die im Wesentlichen bei den Verbrauchern landen werden. Aber selbst wenn das Geld bei den Unternehmen landet, wäre es nicht verkehrt; denn das ist auch gut für die Menschen, weil die Unternehmen Arbeitsplätze sichern. Von daher sind die 20 Milliarden Euro so oder so gut angelegtes Geld, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liquidität ist das Wichtigste in dieser Zeit für die Unternehmen. Von daher ist es richtig und gut, dass wir die Fälligkeitstermine der Einfuhrumsatzsteuer verschoben haben auf den 26. des zweiten auf die Einfuhr folgenden Monats. Damit stellen wir den Unternehmen 5 Milliarden Euro an Liquiditätsmitteln zur Verfügung.

Wo es um Liquidität geht, lassen Sie mich auch sagen, dass wir uns ausgiebig mit der Verlustrechnung beschäftigt haben. Die Situation ist im Normalfall ja so, dass Unternehmen, die im Jahr 2019 noch Gewinne gemacht haben, weil sie ein kluges Geschäftsmodell hatten, 2020 oder vielleicht erst 2021 unverschuldet in eine Verlustsituation kommen. Wir ermöglichen ihnen, diese Verluste, die noch gar nicht konkret feststehen, aufgrund einer Prognose bei ihren Vorauszahlungen aus 2019 bzw. bei der Veranlagung für 2019 anzusetzen. Das schafft Liquidität. Das ist eine Liquiditätshilfe für die Unternehmen. Ich gebe den Unternehmen lieber so das Geld als über Darlehen der KfW oder anderen. Von daher ist das auch eine kluge Entscheidung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Familien haben wir auch nicht aus dem Auge verloren. Herr Minister Scholz hat auf den Kinderbonus hingewiesen. Ich sage für mich persönlich: Es ist ein kleiner Wermutstropfen, dass er mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird.

(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

Ich akzeptiere, dass Reiche, wo immer sie auch sein mögen, den Kinderbonus nicht benötigen. Wenn man sich aber die Zahlen ansieht, ab wann der Kinderfreibetrag zieht, dann habe ich Zweifel, eine Alleinerziehende mit 3 000 Euro Monatseinkommen als reich zu definieren. Das ist die Einkommensgrenze, ab der der Kinderbonus abgeschmolzen wird. Von daher würde ich darüber gerne noch mal nachdenken.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich weiß, es ist nicht ganz einfach, wo man dann die neue Grenze zieht. Aber ich finde, diesen Sachverhalt muss man deutlich machen.

Entscheidend ist, dass wir für die Alleinerziehenden noch etwas Gutes gemacht haben. Wir haben den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1 908 Euro auf 4 008 Euro für die Jahre 2020 und 2021 erhöht. Das wird gerade diese Gruppe von Menschen erheblich entlasten, die in dieser Pandemie besondere Leistungen erbringen mussten.

Wir haben eine Verbesserung der Abschreibungsbedingungen vorgesehen. Wir werden die Forschungszulage ausweiten. Und – das ist mir persönlich ganz wichtig – wir haben die Verjährungsfristen verlängert, sodass es nicht passiert – das war ja auch die Angst des Kollegen De Masi –, dass diejenigen, die mit Cum/Ex gestaltet haben, straffrei davonkommen können. Von daher ist es klug, dass wir dies zusätzlich zu den Konjunkturmaßnahmen in das Gesetz aufgenommen haben, damit da kein Unheil droht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Fabio De Masi [DIE LINKE]: Reicht aber nicht!)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir haben eine ganze Menge auf den Weg gebracht, und das auch schnell. Wir werden am Montag eine Anhörung haben. Wir werden das dann ausgiebig diskutieren. Ich hoffe, dass wir danach – die FDP hat es angesprochen – auch darüber nachdenken, wie wir die Strukturen im deutschen Steuerrecht verbessern können: Die Modernisierung des deutschen Unternehmensteuerrechts, des Einkommensteuertarifs sollte auf der Agenda stehen. Lothar Binding freut sich schon auf die Debatten, die wir führen werden. Das wird diese Koalition vielleicht auch noch hinkriegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)