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Fritz Güntzler: Wir haben einen Mehrstufenplan

Rede zu steuerlichen Maßnahmen

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der ganze Tag ist dadurch geprägt, dass wir uns selbstverständlich über die Folgen der Coronapandemie unterhalten. Wir haben über die gesundheitlichen Folgen debattiert und heute Morgen auch die Regierungserklärung der Frau Bundeskanzlerin dazu gehört. Es ist deutlich geworden, dass sie auch wirtschaftliche Folgen haben wird, und darum ist es richtig, dass wir heute auch darüber diskutieren, wie steuerliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Coronapandemie aussehen können.

Wenn wir beobachten, dass es Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche gibt und dass Absatzmärkte komplett verschwinden, dann wissen wir, dass den Unternehmen dreimal was fehlt, nämlich Liquidität, Liquidität, Liquidität! Deshalb ist es wichtig, dass wir gemeinsam einen umfassenden Schutzschirm aufgespannt haben, um diese Unternehmen zu retten und sie mit der notwendigen Liquidität zu versorgen, damit sie nicht in die Insolvenz gehen müssen.

Wir haben einen Mehrstufenplan. Er beinhaltet zunächst die Soforthilfe, die angesprochen worden ist, durch die der Bund 50 Milliarden Euro für Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von 1 bis 10 zur Verfügung stellt. Das ist völlig richtig, Herr Kollege Dürr, aber die Erwartung des Bundes bei der Vereinbarung mit den Ländern war, dass die Länder darüber hinaus auch Programme auflegen.

(Dr. Carsten Linnemann [CDU/CSU]: So ist das!)

Wir beide kommen aus Niedersachsen und haben dort sogar mal zusammen regiert; das war übrigens gar nicht so schlecht.

(Christian Dürr [FDP]: Das war sehr erfolgreich!)

In Niedersachen gibt es ein Programm für Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von bis zu 49, aber das Land Rheinland-Pfalz zum Beispiel, wo Sie einen FDP-Wirtschaftsminister stellen, hat in diesem Punkt gar nichts gemacht.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Von daher wäre es klug, wenn Sie da mit Herrn Wissing vielleicht noch mal ins Gespräch gehen würden.

Ich kann Ihnen nur sagen: Die Soforthilfen, die wir ins Schaufenster gestellt haben und bei denen es am Anfang Kritik gab, weil sie nicht abgeflossen sind, sind mittlerweile auf den Konten der Betroffenen angekommen. Die Rückmeldungen – jedenfalls bei mir im Wahlkreis – zeigen, dass diejenigen, die die Gelder bekommen, sehr zufrieden sind.

Es gibt einen Punkt, der diskutiert wird – den haben auch die Grünen in ihrem Antrag formuliert –; das ist die Frage der Lebenshaltungskosten. Darüber debattieren wir auch in unserer Fraktion: Ist es richtig oder nicht richtig, sie zu berücksichtigen? Wir verweisen darauf, dass die Grundsicherung für Selbstständige verbessert worden ist: Die Vermögensprüfung ist für sechs Monate ausgesetzt worden; andere Dinge sind dort gemacht worden. Trotzdem ist das ein Punkt, der zu diskutieren ist – insbesondere wenn wir sehen, dass das Land Baden-Württemberg 1 180 Euro hereinrechnet, die Freie und Hansestadt Hamburg ein eigenes Programm hat, Nordrhein-Westfalen ein eigenes Programm hat. Ich glaube, dass die Länder hier doch noch einmal gefordert sind, gemeinsam ein Programm zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Darüber hinaus gibt es die KfW-Kredite. Auch da ist es am Anfang nicht so schnell losgegangen. Ich kann Ihnen aus meiner eigenen Beratungspraxis erzählen, dass das mittlerweile super klappt: Wir haben Mandanten, die innerhalb von 48 Stunden die Kreditzusagen bekommen.

(Christian Dürr [FDP]: Aber es sind Kredite! Die müssen sie zurückzahlen!)

Die Banken vor Ort können in die Vorfinanzierung gehen. Von daher ist das Sofortprogramm ein gutes Programm, und das Schnellprogramm wird noch besser werden.

Wir haben den WSF, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der zur Genehmigung bei der Kommission liegt. Er wird, glaube ich, noch eine wichtige Rolle spielen.

Und dann haben wir – und darüber wollen wir ja reden – die steuerlichen Maßnahmen. Es gibt erhebliche Sofortmaßnahmen, die auch sofort umgesetzt worden sind. Es wird oft kritisiert, dass die Finanzverwaltung in Deutschland zu langsam arbeitet. Aber bereits am 30. März gab es das erste BMF-Schreiben mit umfangreichen Aussagen, wie die Stundung von fälligen Steuern aussehen kann – alle Steuern betreffend: Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer –, wie die Anpassung von Vorauszahlungen aussehen kann, das Ganze ohne einen wertmäßigen Nachweis, sondern nur mit einem Hinweis, dass man von der Coronapandemie betroffen ist, und einer Darstellung, warum es zu Umsatzeinbußen gekommen ist. Wir haben da sehr, sehr schnell geholfen, bis zur Herabsetzung der Sondervorauszahlung bzw. zur Dauerfristverlängerung bei der Umsatzsteuer; selbst da hat das BMF innerhalb kürzester Zeit reagiert.

Heute haben wir gerade aktuell noch ein BMF-Schreiben bekommen, dass die Lohnsteueranmeldung bis zu zwei Monate später abgegeben werden kann – wieder Liquidität, die zwei Monate später abfließt. Also man kann hier nicht sagen, dass die Finanzverwaltung untätig ist, sondern ganz im Gegenteil, hier wird tolle Arbeit geleistet zwischen Bund und Ländern. Dafür auch ein herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich diskutieren wir, ob es weitere Maßnahmen geben muss, jetzt schnell. Wir haben heute Morgen vernommen, dass im Koalitionsausschuss eine Verständigung zur Verlustverrechnung erfolgt ist, was die Vorauszahlungen 2019 angeht. Ich gebe zu, dass das für die Finanzpolitiker der CDU/CSU-Fraktion noch nicht weit genug geht. Ich glaube, man sollte einmal darüber nachdenken, ob es wirklich ausreicht, wenn man 15 Prozent der Vorauszahlungen im Ergebnis nur erstattet und nicht mehr, wenn die Verluste weitaus höher sind. Wir wissen, dass das Geld über die Veranlagung 2020, die 2021 erfolgen wird, dann sowieso an die Unternehmen zurückfließen wird; wir reden also über temporäre Räume. Von daher, glaube ich, könnten wir hierüber noch einmal nachdenken.

Es gibt das Modell einer sogenannten Coronarücklage, einer steuerfreien Rücklage; auch der Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat diese vorgeschlagen. Von daher sollten wir noch einmal darüber nachdenken, ob wir da im Gesetzgebungsverfahren etwas machen. Insgesamt geht es um die Verbesserung der Verlustvorträge, aber dazu jetzt keine Einzelheiten.

Aber ich möchte noch, weil die Zeit natürlich davonrennt, kurz etwas zu dieser negativen Gewinnsteuer sagen. Das hört sich ja alles ganz schön an. Aber, Herr Kollege Dürr, unbürokratisch ist das zum Beispiel gar nicht. Und wissen Sie, was mich am meisten an dem ganzen Projekt stört? Mich stört, dass Sie selber nicht sagen, was es wahrscheinlich kosten wird, und dass Sie auch Unternehmen fördern wollen, die trotz Coronapandemie noch Gewinne machen.

(Christian Dürr [FDP]: Die hätten doch sonst höhere Gewinne gemacht!)

Auch die sollen 80 Prozent ihrer Gewinnunterschiede bekommen.

(Christian Dürr [FDP]: Sie können die doch nicht bestrafen!)

Also auch Unternehmen, die noch positive Ergebnisse ausweisen, positiven Cashflow ausweisen, sollen Ihrer Meinung nach 80 Prozent ihres Gewinnunterschiedes bezahlt bekommen, Geld, das sie dann womöglich auch noch für Ausschüttungen benutzen können. Also, wir sollen solidarisch sein; es geht darum, Unternehmen zu retten – aber nicht mit einem Schrotschuss. Wir haben „Bazooka“ gesagt, also zielgerichtet.

(Otto Fricke [FDP]: Äh, Bazooka ist auch nicht zielgerichtet! – Christian Dürr [FDP]: Ich habe ja nur Zivi gemacht, aber mein Eindruck ist: Die ist nicht zielgerichtet!)

Keine Schrotflinte herausholen, Herr Dürr, nicht auf alles streuen! Von daher: Zielgerichtet können wir das hinbekommen, aber nicht mit einer negativen Gewinnsteuer.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Fritz Güntzler (CDU/CSU):

Wir werden weitere steuerliche Maßnahmen diskutieren müssen; da gibt es vieles, was wir machen können. Die negative Gewinnsteuer ist, glaube ich, genau der falsche Weg, Herr Kollege Dürr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Er meint den Scharfschützen; das ist etwas anderes! – Otto Fricke [FDP]: Herr Kollege, haben Sie gedient?)