Skip to main content

Fritz Güntzler: Was wir, glaube ich, ist eine Reform der Außenprüfung

Redebeitrag zur Änderung der Abgabenordnung

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich mich auf diesen Antrag vorbereitete, dachte ich: Das alles habe ich doch schon mal gelesen. – Dann habe ich festgestellt, dass Die Linke in der letzten Legislaturperiode, am 7. Juli 2016, den gleichen Antrag schon mal gestellt hatte. Damals ist umfassend diskutiert worden.

(Zuruf der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Wir hatten sogar eine Anhörung, ein Fachgespräch zu diesem Thema im Finanzausschuss. Herr Kollege Schrodi – ich bedaure schon, dass er jetzt die Seiten gewechselt hat – hat ja darauf hingewiesen, dass wir eine Servicekoalition sind. Ich hätte schon erwartet, liebe Kollegin Lötzsch, dass Sie die Dinge, die damals angesprochen worden sind, aufgenommen und in den Antrag eingearbeitet hätten.

Sie haben jetzt nämlich wirklich das Problem, dass Sie – das ist jetzt mehrfach angesprochen worden – zwar in Ihrem Gesetzestext auf den § 193 Absatz 1 Abgabenordnung verweisen, aber so nicht die von Ihnen sogenannten Einkommensmillionäre erreichen. Übrigens liegt die Grenze jetzt bei 500 000 Euro, also Millionäre sind das dann auch nicht; die Zahlen haben sich da ein wenig geändert. Vielmehr erreichen Sie alle Unternehmen, also alle Gewerbetreibenden, alle Land- und Forstwirte, alle selbstständig Tätigen; sie alle werden dann auch betroffen sein. Wir haben neben diesen, den Steuerpflichtigen mit sogenannten Überschusseinkünften, ja die mit bedeutenden Einkünften, auf die Sie ja abzielen. Da muss man sich fragen: Was sind denn das für Einkünfte?

Das sind etwa Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Dabei ist Lohnsteuer abzuführen. Da kann eine Lohnsteueraußenprüfung durchgeführt werden, und der Arbeitgeber haftet, wenn die Lohnsteuer nicht korrekt abgeführt wird.

Dann gibt es die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dafür haben wir seit 2006, als dieser Bundesrechnungshofbericht vorgelegt wurde, mittlerweile die Abgeltungsteuer, sodass auch dieser Teil aus der Prüfung herausfallen wird.

Letztendlich verbleiben eigentlich nur die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Das erklärt auch, warum die Quote der Prüfungen geringer geworden ist; denn Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen: Spätestens mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens haben wir ein Risikomanagement in den Finanzverwaltungen, und auf risikobasierten Faktoren erfolgt die Auswahl von Prüfungen. Ich glaube, es macht keinen Sinn – das hat der Kollege Michelbach schon angesprochen –, sozusagen alle, die ein gewisses Einkommen haben, per se unter Generalverdacht zu stellen. Vielmehr sehen sich die Beamten im Finanzamt den Fall an. Wenn sie aufgrund bestimmter Risikoparameter einen Ansatz dafür haben, dort zu prüfen, geht das auch in die Betriebsprüfung bzw. in die Außenprüfung; und das ist auch gut so. Von daher geht es gar nicht um die Fallzahl an sich, sondern darum, dass wir die richtigen Fälle erwischen. Ich glaube, das passiert.

Bei Betriebsprüfungen unterliegen viele in der Öffentlichkeit der Fehlannahme, dass man bei Mehrergebnissen glaubt, dass das immer endgültige sind. Viele Mehrergebnisse aus der Betriebsprüfung kehren sich in dem folgenden Veranlagungszeitraum um. Wenn ich eine Nutzungsdauer von fünf Jahren auf zehn Jahre erhöhe, dann ist das Geld nur anders verteilt. Wenn ich eine Rückstellung früher auflöse, dann wird sie später nicht aufgelöst. Es sind also zeitliche Verschiebungen, die Zinseffekte auslösen. Aber es sind eigentlich keine echten Mehrergebnisse.

Auch ist es eine Mär, zu glauben: Mehr Betriebsprüfer bedeuten zwingend mehr Einnahmen. – Wie eben dargestellt, werden die Fälle ganz genau herausgesucht. Dabei nimmt das Risiko ab, dass was anfällt. Von daher ist es wichtig, dass wir weiter an einem zeitgemäßen, effektiven und effizienten System im Steuervollzug arbeiten. Da sind wir auf einem guten Weg und haben viele Dinge angestoßen.

Wenn Sie dieses Mindestprüfungsintervall, den Zeitraum von drei Jahren, einführen wollen und das Gesetz mit dem nächsten Tag – das ist in Ihrem Gesetzentwurf in Artikel 2 geregelt – in Kraft treten soll, dann bräuchten wir von einem Tag auf den anderen 190 000 Prüfer; wir haben derzeit 14 000. Es ist eine gewisse Herausforderung, diese Prüfer zu finden. Wir haben dann nämlich auch ein gewisses Vollzugsdefizit, was, glaube ich, auch nicht so einfach zu lösen ist.

Ich erinnere daran, dass auch der Vertreter des Bundesrechnungshofes – der Bericht ist heute mehrfach zitiert worden, weil darin die Prüfquote kritisiert wird – damals in dem Fachgespräch gesagt hat, dass er von dem Antrag, den Sie gestellt haben, gar nichts hält, weil er viel zu weitgehend ist. Im Übrigen haben sich die Grünen damals bei der Abstimmung über den Antrag aus den gleichen Gründen enthalten. Das kann man im Bericht des Ausschusses nachlesen; das ist auch sehr empfehlenswert.

Neben diesen Instrumenten haben wir ja noch die Lohnsteueraußenprüfung, die ich schon angesprochen habe, und die Umsatzsteuersonderprüfung. Wir haben auch die Kassennachschau eingeführt. Da gibt es umfassende Dinge, bei der die Finanzverwaltung tätig werden muss. Von daher brauchen wir in diesem Punkte nicht Ihren Antrag und auch nicht die Einführung dieses Mindestintervalls.

Was wir, glaube ich, brauchen, ist eine Reform der Außenprüfung, dass wir darüber nachdenken, wie wir zu einer zeitnahen Betriebsprüfung oder wie in Österreich zu einer kooperativen Betriebsprüfung kommen, bei der im Rahmen der Deklaration, also der Erstellung der Steuererklärung, bereits Abstimmungen mit der Finanzverwaltung erfolgen, damit wir schneller zu Ergebnissen, damit wir schneller zu Rechtssicherheit bei den Steuerpflichtigen kommen. Da sollten wir ein bisschen Hirnschmalz reinstecken. Wir sind bereit, darüber mitzudiskutieren.

Ansonsten werden wir, wie auch damals, Ihren Antrag ablehnen. Ich wundere mich, dass die Grünen das nicht mehr tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)