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Fritz Güntzler: Steuerpolitik muss wieder mehr Standortpolitik werden

Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2018

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer auf den Tribünen! Wir sind jetzt in der Endphase der Diskussion: dritter Tag Haushaltsberatung. Wenn man wohlwollend den Debatten zugehört hat, kann man eigentlich nur sagen: Wir beschließen heute einen sehr soliden Haushalt. Die solide Finanzpolitik der Großen Koalition wird fortgesetzt. Die finanziellen Spielräume, die sich ergeben haben, werden für wichtige Weichenstellungen genutzt.

Und man kann es gar nicht oft genug sagen – Wiederholung ist ja auch die Mutter der Pädagogik –: Wir legen hier einen Haushalt ohne neue Schulden vor. Das ist im vierten Jahr in Folge der Fall, dass ein Haushaltsplan ohne Neuverschuldung vorgelegt wird;

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

auch in der Finanzplanung ist das weiter vorgesehen. Sehr erfreulich ist auch, dass die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote kontinuierlich sinkt, sodass wir im nächsten Jahr auch dieses Maastricht-Kriterium – 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – wieder einhalten werden. Das ist ein großartiger Erfolg, insbesondere für die junge Generation; denn solide Finanzpolitik ist immer ein Beweis dafür, dass wir auch die junge Generation im Blick haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In den letzten Tagen ist viel über die Ausgabenseite, über Investitionen, also über die Verwendung der Mittel, diskutiert worden. Ich als Finanzpolitiker bin dafür zuständig, dass die Mittel in den Haushalt kommen. Von daher möchte ich einige Anmerkungen zur Steuerpolitik machen.

Die Steuern sind nach wie vor das Hauptinstrument der Staatsfinanzierung. Wir haben zurzeit das Glück, dass wir durch kluge Politik und gute Rahmensetzung für die Wirtschaft sehr hohe Steuereinnahmen haben. Man attestiert uns nach der Steuerschätzung, dass wir im Jahr 2022 bei über 900 Milliarden Euro landen könnten. Allein der Bund würde davon 360 Milliarden Euro bekommen. Das ist einem sehr soliden Wachstum, das jetzt sogar schon über zehn Jahre anhält, und natürlich einer hohen Zahl von Beschäftigten geschuldet.

Das schafft Spielräume, die wir auch nutzen – auch, lieber Herr Kollege Dürr, zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.

(Christian Dürr [FDP]: Das hätten Sie verfassungsrechtlich machen müssen!)

Auch im Koalitionsvertrag haben wir herausgestellt, dass wir gerade die unteren und die mittleren Einkommen entlasten wollen.

(Christian Dürr [FDP]: Das hat die Verfassung Ihnen auferlegt!)

Die Bundesregierung hat ja nun auch das Familienentlastungsgesetz vorgelegt, in dem die erste Stufe der Erhöhung des Kindergeldes zum 1. Juli 2019 um 10 Euro enthalten ist. Die Kinderfreibeträge werden entsprechend erhöht. Wir werden die kalte Progression durch die Verschiebung des Einkommensteuertarifs bekämpfen. Wir werden die Grundfreibeträge erhöhen. Es passiert also einiges.

Das heißt ganz konkret, in Zahlen gesprochen: Eine Familie mit zwei Kindern und einem zu versteuernden Einkommen von 60 000 Euro im Jahr wird im Jahr 2020  20 Prozent weniger Steuern zahlen; sie wird 530 Euro mehr in der Kasse haben. Ich finde, das ist ein klares Signal und ein gutes Signal, das wir damit senden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das wird ergänzt durch das Baukindergeld, das hier auch so ein bisschen diskreditiert wurde, insbesondere von der FDP. Wichtig ist: Es gibt dabei keine Wohnraumbegrenzung. Wir haben in Deutschland eine zu niedrige Wohneigentumsquote. Von daher ist es gut, dass wir hier etwas machen. Es hilft vielen Familien, Eigentum zu erwerben. Von daher ist es auch,  glaube ich, richtig, wenn wir weiter darüber diskutieren, wie wir für den Ersterwerb eines Familieneigenheimes einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer hinbekommen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir werden die Abschaffung des Solidaritätszuschlags angehen. Wir werden darüber diskutieren müssen, ob wir über das, was im Koalitionsvertrag steht, hinausgehen müssen. Wir haben dazu die erste Sachverständigenanhörung gehabt. Von daher werden wir mal gucken, was wir dafür noch machen müssen und ob wir die zweite Stufe vielleicht auch schon mitbeschließen sollten und müssten, um es verfassungsfest zu machen.

Wir müssen darüber nachdenken, was wir mit den Kapitalgesellschaften machen. Morgen wird es im Bundesrat einen Vorschlag des Freistaates Bayern geben, darüber nachzudenken, ob wir nicht, wenn wir eine Stufung für die Einkommensteuerzahler einführen, für kleine Kapitalgesellschaften etwas Ähnliches bei der Körperschaftsteuer machen könnten.

In dem Zusammenhang sollten wir auch darüber nachdenken, wie wir mit dem internationalen Steuerwettbewerb umgehen wollen. Man mag dieses „race to the bottom“ oder diesen Wettlauf von Hase und Igel zwar bedauern,

(Heiterkeit des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])

aber es gibt ihn nun einmal. Von daher müssen wir uns dieser Herausforderung stellen, ohne dabei in Aktionismus zu verfallen. Die Ansätze mit der gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und den Mindeststeuern, die mit Frankreich vereinbart sind, sind, glaube ich, eine gute Sache.

Aber die Analyse zeigt eben, dass die USA den Steuersatz von 35 Prozent auf 21 Prozent gesenkt haben, dass Frankreich den Steuersatz bis 2022 auf 25 Prozent senken wird, dass das Vereinigte Königreich den Steuersatz von 20 Prozent auf 17 Prozent und auch Belgien ihn bis 2020 auf 25 Prozent senken wird. Damit sind wir Hochsteuerland in Europa. Von daher brauchen wir darauf eine Antwort. Sie muss nicht nur durch den Steuertarif gegeben werden; sie kann auch durch ein modernes Unternehmensteuerrecht gegeben werden.

Von daher würde ich mich freuen – wenn es denn den Ländern Bayern und NRW morgen im Bundesrat gelingt, Mehrheiten zu bekommen –, wenn deren Vorschläge zur Unternehmensteuerreform auch in die Diskussion des Deutschen Bundestages Einzug halten könnten. Ich möchte hier als Beispiel den interessanten Vorschlag des Freistaates Bayern zur Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer nennen.

Wie Sie wissen, gibt es die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Dabei gibt es auch ein paar Probleme; diese kann man aber lösen. Aber es ist, glaube ich, eine kluge Idee, darüber nachzudenken, wie man die Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer anrechnen könnte. Das würde zu einer erheblichen Entlastung der Unternehmen führen.

Ich glaube, wir müssen das Thema Unternehmensteuerreform wieder angehen; die letzte hatten wir im Jahr 2008. Damals haben wir die Unternehmen mit 5 Milliarden Euro entlastet. Von daher haben wir jetzt Handlungsbedarf, und ich würde mich freuen, wenn wir das auch in die Diskussion miteinbeziehen würden; denn Steuerpolitik muss meines Erachtens wieder mehr Standortpolitik werden. Denn die Steuerfrage ist wichtig für die Standortentscheidung. Mit einer vernünftigen Steuerpolitik stellen wir die Weichen dafür, dass wir weiterhin Wachstum und hohe Beschäftigung in unserem Lande haben. Von daher sollten wir gemeinsam dafür streiten.

Jetzt danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich kann Ihnen sagen: Sie können mit gutem Gewissen dem Haushaltsgesetz zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)