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Fritz Güntzler: Es ist ein wichtiges Gesetz, weil es ein Teil des BEPS-Projektes ist

Redebeitrag zum Übereinkommen zu steuerabkommensbezogenen Maßnahmen

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der steuerrechtlichen Vorlesung meines hochgeschätzten Kollegen Lothar Binding kann ich es etwas kürzer machen und muss nicht mehr auf alle Inhalte eingehen; er hat die wesentlichen Punkte benannt.

Es ist ein sehr technisches Gesetz. Das merkt man auch so ein bisschen, wenn man hier in die Gesichter schauen darf; der Spannungsbogen steigt. Aber es ist ein wichtiges Gesetz, weil es ein Teil des BEPS-Projektes ist. Das ist das Projekt auf OECD-Ebene gegen aggressive Steuergestaltung und Gewinnverschiebung, das der damalige Minister Wolfgang Schäuble auf den Weg gebracht hat. Dieses Projekt enthält 15 sogenannte Aktionspunkte, und einer ist eben die Verabschiedung eines solchen MLIs, eines Multilateralen Instrumentes.

Das Ganze ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Mittlerweile haben von den 94 Staaten, die ihn unterzeichnet haben, 47 ihn ratifiziert. Wir haben dadurch die Möglichkeit geschaffen, lange bilaterale Verhandlungen bezüglich der Doppelbesteuerungsabkommen zu vermeiden.

Deutschland hatte zunächst vor, dieses Instrument 35‑mal zu nutzen. Es sind 14 Fälle übergeblieben. Das verwundert zunächst; Kollege Binding hat schon darauf hingewiesen. Aber in den anderen Fällen ist man zu guten bilateralen Verträgen gekommen, weil man dieses MLI als Diskussionsgrundlage hatte, sodass eben auch die Verhandlungen beim Doppelbesteuerungsabkommen schneller gingen.

Weltweit gibt es insgesamt 3 000 Doppelbesteuerungsabkommen. Man geht davon aus, dass durch das MLI ungefähr die Hälfte geändert wird. Die Unterzeichnung erfolgte bereits im Juni 2017; zum 1. Juli 2018 ist es in Kraft getreten. Da haben wir uns ein bisschen Zeit gelassen; aber wir machen das ja alles sehr genau: Sorgfalt vor Eile. Von daher kommt dieser Prozess heute zu einem gewissen Ende. Wir haben hier ein zweistufiges Verfahren.

Nach dem Umsetzungsgesetz, das wir heute beschließen werden, wird es eine Modifizierung durch sogenannte Anwendungsgesetze geben. In diesem Umsetzungsgesetz hat Deutschland die Mindeststandards selbstverständlich umgesetzt, aber auch Auswahlentscheidungen getroffen und entsprechende Erklärungen abgegeben. Es hat also die Optionen genutzt. Es geht um hybride Gestaltungen, Abkommensmissbrauch, die Betriebsstättendefinition sowie die Verbesserung bei der Streitbeilegung und den Schiedsverfahren. Das alles ist insgesamt ein weiterer guter Schritt gegen aggressive Steuerplanung und Gewinnverschiebung.

Uns waren zwei Dinge wichtig, die sich aus der Anhörung ergeben haben, die ansonsten sehr freundlich verlaufen ist. Es ist ja nicht immer so, dass die Gesetze die Zustimmung aller Sachverständigen finden; in diesem Fall war das so.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Nein, war nicht so!)

Ein Punkt war die Frage, ob die Auswahlentscheidungen, die durch die Bundesrepublik Deutschland jetzt getroffen worden sind, geändert werden können, ohne dass das Parlament beteiligt wird. Es ist klargestellt worden, dass es den Parlamentsvorbehalt gibt, sodass wir weiterhin eingebunden sein sollten, wenn die Bundesrepublik Deutschland zu einer anderen Auffassung gelangen sollte.

Zweiter Punkt – nicht ganz unwichtig –, das sind die Grundstücksgesellschaften, die der Kollege Binding schon angesprochen hat. Hier besteht die Gefahr, dass alleine durch dieses Anwendungsgesetz, welches dann zum Tragen kommt, eine sogenannte passive Entstrickung entsteht, dass also stille Reserven aufgedeckt und in Deutschland versteuert werden müssen, obwohl es keinen Liquiditätszufluss gibt, weil gar keine Veräußerung getätigt wurde. Dort haben wir die Zusage der Bundesregierung, bei den Anwendungsgesetzen Stundungsregelungen vorzusehen, um das zu verhindern. Wir haben das auch in den Ausschussbericht aufgenommen. Wir erwarten, dass das dann eingehalten wird.

Wir freuen uns, nachdem das Umsetzungsgesetz heute beschlossen ist, auf die Anwendungsgesetze, und die werden wir dann auch weiter debattieren. Ich freue mich auf die Diskussion zu diesen Gesetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)