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Fritz Güntzler: Eine internationale Mindestbesteuerung als ein geeignetes Mittel"

Rede zur europäischen Digitalkonzernsteuer

Die heute diskutierten Anträge der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und FDP befassen sich im Wesentlichen wieder einmal mit dem Thema der Digitalsteuer. Dies ist zweifelsfrei eine wichtige Fragestellung der aktuellen Steuerpolitik. Allerdings möchte ich zu Beginn direkt darauf hinweisen, dass die Digitalsteuer nicht als eigenständiges Problem angesehen werden kann. Wie die Fraktion der FDP in ihrem Antrag zutreffend erkannt hat, geht es grundlegend vielmehr um die Notwendigkeit einer Unternehmensteuerreform. Die Besteuerung der großen Digitalkonzerne, wie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gefordert, ist dabei nur ein Teilaspekt.

Weiterhin kann ich die Forderungen nach einer international abgestimmten Besteuerung nur befürworten. Unilaterales Handeln in dieser Fragestellung wird nicht zum Erfolg führen. Die einseitige Verabschiedung einer nationalen Digitalkonzernsteuer würde mehr Probleme mit sich bringen, als dass Probleme dadurch gelöst werden würden.

Unter Betrachtung des wachsenden internationalen Steuerwettbewerbs ist es aber auch unsere Aufgabe, die künftige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu sichern. Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit einer effektiven Steuerbelastung von über 30 Prozent schlecht da. Deutschland ist Hochsteuerland. Gerade mit den vor kurzer Zeit beschlossenen Reformen in den USA (auf 21 Prozent), Frankreich (auf 25 Prozent bis 2022) und anderen Ländern sind die Steuerbelastungen für die dort ansässigen Unternehmen teilweise erheblich gesunken. Dem internationalen Steuerwettbewerb müssen wir uns stellen.

Bezüglich der missbräuchlichen Steuergestaltungen und des Steuerdumping konnten wir schon Erfolge erzielen. Gerade durch den Beschluss der BEPS-Maßnahmen, auf Ebene der OECD, und deren Implementierung in nationale Gesetze werden mögliche Steuergestaltungen für multinationale Unternehmen erschwert und zum Teil verhindert. Die Bekämpfung von Steuermissbrauch muss weiter international vorangebracht werden, aber es braucht auch eine Modernisierung des Unternehmensteuerrechts in Deutschland.

Unser aktuelles Unternehmensteuerrecht ist mittlerweile seit über zehn Jahren unverändert geblieben, und mit Blick auf die aktuellen internationalen Entwicklungen sollte daher eine Modernisierung des Unternehmensteuerrechts unser wesentliches Ziel sein. Dazu gehört es, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu sichern, indem einbehaltene Gewinne, also Gewinne, welche im Unternehmen verbleiben, mit maximal 25 Prozent besteuert werden. Außerdem sollte es zu unseren Zielen gehören, weiterhin Bürokratie abzubauen sowie Strukturen zu optimieren.

Außerdem liegen aktuell auch bereits neue Ansätze für eine internationale Modernisierung des Unternehmensteuerrechts vor. Auf Ebene der OECD wird aktuell ein Modell erarbeitet, welches die internationale Besteuerung von Unternehmen weiter vereinheitlichen soll. Dabei geht es zum einen um die Erarbeitung einer globalen Neuverteilung von Besteuerungsrechten und zum anderen um eine globale effektive Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen. Diese zwei Säulen sollen die Grundlage für eine international einheitliche Unternehmensbesteuerung bilden.

Hinsichtlich einer genauen Ausgestaltung des Modells gibt es aktuell zwar noch keine abschließenden Stellungnahmen, allerdings wurden bereits verschiedene Vorschläge zur Neuverteilung von Besteuerungsrechten vorgetragen. Mit Blick auf die Neuverteilung der Besteuerungsrechte wurden unter anderem ein Aufteilungsmaßstab basierend auf einer Nutzerbeteiligung oder dem Wert von immateriellen Wirtschaftsgütern vorgeschlagen. Damit würde das aktuelle Problem der physischen Betriebsstätte adressiert werden. Hinsichtlich der Mindestbesteuerung wurden eine Ausweitung der nationalen Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung und eine Beschränkung des Betriebsausgabenabzuges für Zahlungen ins Ausland vorgeschlagen.

Im Rahmen des G-20-Gipfels im Juni soll dann das weitere Vorgehen des Projektes besprochen und festgelegt werden. Dies gilt es produktiv und konstruktiv zu begleiten.

Mit solch einer globalen Mindestbesteuerung würden dabei nicht nur die Frage der Besteuerung von Digitalkonzernen beantwortet werden können, sondern auch andere wesentliche Fragen der aktuellen Steuerpolitik. Wir als CDU/CSU-Fraktion begleiten daher konstruktiv den Prozess des OECD-Projekts.

Um noch einmal die Problematik einer reinen Digitalkonzernsteuer deutlich zu machen, möchte ich zudem die Frage stellen: Was ist überhaupt digital oder ein Digitalkonzern? Die Digitalisierung von Unternehmen bezieht sich nicht lediglich auf die großen und allen bekannten Unternehmen, sondern hält Einzug in alle Bereiche der Wirtschaft. Mit Blick auf die Automobilindustrie können wir zum Beispiel eine immer weiter steigende Digitalisierung und Vernetzung der Autos feststellen. Aber auch in anderen Bereichen wird immer mehr digitalisiert, weshalb die Grenze zwischen „klassischen“ und digitalen Unternehmen fließend ist. Fraglich ist daher, wo genau die Grenze zwischen digital und nicht-digital zu ziehen wäre.

Ein weiteres Problem einer „reinen“ Digitalkonzernsteuer ist zudem deren Bemessungsgrundlage. Eine Anknüpfung auf Basis der geschalteten Werbung, wie in dem Beispiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, erscheint weder zweckmäßig noch zielführend. Wie in dem Beispiel aufgezeigt, führt dies eher zu einer Mehrbesteuerung der deutschen Unternehmen als zur Besteuerung der großen, ausländischen Digitalkonzerne. Einen ausdrücklichen Vorschlag zur Umsetzung einer Digitalkonzernsteuer konnte ich auch in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht finden.

Daher würde die Einführung einer Digitalsteuer meiner Meinung nach erhebliche Probleme bei der Abgrenzung der Unternehmen sowie der genauen Ausgestaltung mit sich bringen. Insbesondere auch unter Betrachtung dieses Abgrenzungsproblems erachte ich daher eine internationale Mindestbesteuerung als ein geeignetes Mittel, um digitale Unternehmen gerechter zu besteuern, und das verbunden mit einer umfassenden Modernisierung unseres Unternehmensteuerrechts.