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Fritz Güntzler: Cum/Ex ist eben nicht Cum/Cum

Rede in der aktuellen Stunde zu CUM Ex-Gestaltungen

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr De Masi sprach erneut über Cum/Ex. Wenn Sie in der letzten Legislaturperiode diesem Hohen Haus schon angehört hätten, dann hätten Sie alle diese Debatten schon mal verfolgen können, und es gibt eigentlich nichts Neues.

Ich bin verwundert über die gesamte öffentliche Diskussion, und ich erlebe gar nicht, dass was Neues, Elementares vorgetragen wird. Das sind alles die alten Dinge, die wir im Untersuchungsausschuss, dem ich ja angehören durfte, schon sehr ausführlich diskutiert haben.

Wir haben einen Ausschussbericht gemacht. Darin kann man vieles nachlesen – 1 000 Seiten, 46 Sitzungen. Ich weiß gar nicht, wie viele Zeugen wir da vernommen haben. Da sind all diese Punkte aufgeworfen worden.

Ich finde es mutig, wie hier mit Zahlen rumgeworfen wird: „55 Milliarden Euro europaweit“, haben Sie gesagt – das liest man auch in den Veröffentlichungen –, 31 Milliarden Euro in Deutschland. Bis jetzt ist jeder den Nachweis schuldig geblieben, dass diese Zahlen richtig sind – ich kenne die richtige Zahl auch nicht; das war auch das Ergebnis des Untersuchungsausschusses. Auch Herr Spengel, der immer wieder zitiert wird, hat gesagt, er hat hier hypothetische Rechenmodelle angewandt und weiß auch nicht, ob diese Zahlen tatsächlich so sind. Es ist schlimm genug, dass das geschehen ist. Aber man sollte, glaube ich, keine Politik mit den großen Zahlen machen, wenn man sie nicht valide unterlegen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen nur ganz genau – das hat das Bundesfinanzministerium mitgeteilt –, dass es 418 Verdachtsfälle mit einem Volumen von circa 5,7 Milliarden Euro gibt. Aber auch davon sind immerhin 2,4 Milliarden Euro mittlerweile zurückgezahlt oder gar nicht ausgezahlt worden; denn in vielen Verdachtsfällen findet diese Auszahlung nicht statt. Wir haben Zeugen vernehmen können, gerade aus dem BZSt, Bundeszentralamt für Steuern, die damals sehr mutig agierten und manche Dinge nicht durchgeführt haben.

Ich habe auch die Bitte – darum haben wir uns im Ausschuss sehr gekümmert –, dass man die Dinge fein auseinanderhält: Cum/Ex ist eben nicht Cum/Cum. Wir haben über alle Fraktionsgrenzen hinweg im Untersuchungsausschuss eindeutig festgestellt, dass Cum/Ex definitiv illegal ist, obwohl die höchstrichterliche Rechtsprechung – das muss man fairerweise sagen – immer noch aussteht. Es gibt ein Urteil des Finanzgerichtes Hessen dazu, und in vielen Fällen laufen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Aber es kann nicht sein, dass eine Aktie zwei Eigentümer hat; frei nach dem Motto von „Highlander“: Es kann nur einen geben. – Genauso kann es nur einen Eigentümer einer Aktie geben. Deshalb kann auch die Kapitalertragsteuer nur einmal angerechnet werden und nicht mehrfach, wie das in diesen Fällen geschehen ist.

Davon zu unterscheiden ist das Cum/Cum-Geschäft. Das mag man vielleicht nicht mögen, aber das ist alles andere als illegal. Es könnte in gewissen Fällen ein Gestaltungsmissbrauch sein, wenn dieses Geschäft rein steuerlich motiviert ist. Diesen Dingen geht die Finanzverwaltung nach. Wir haben in 2016 den § 36a EStG eingeführt, wodurch wir genau hier eine Schranke eingeführt haben. Es wird in den Medien und auch von manchen, die hier im Hause Mitglied sind, immer gesagt, es würde noch weitere neue große Modelle geben. In dem Fall möchte ich Sie bitten, diese konkret zu benennen, damit die Finanzverwaltung eine Chance hat, dagegen anzugehen; denn uns sind sie jedenfalls nicht bekannt.

Wenn immer noch behauptet wird, die Finanzverwaltung, der Gesetzgeber wären untätig gewesen, dann ist das schlichtweg falsch. Sie haben recht, Herr De Masi: 2002 hat der Bankenverband in einem ersten Schreiben auf die Problematik hingewiesen, etwas verklausuliert. 2007 hat man mit dem Jahressteuergesetz die Inlandsfälle zugemacht, indem man die Kompensationszahlung ebenfalls mit einer Kapitalertragsteuer belegt hat. Als man gesehen hat, dass das auch nicht reicht, hat das BMF 2009 ein Schreiben herausgebracht, mit dem die Berufsträgerbescheinigung eingeführt wurde.

Man hat dann gesehen, dass zwar die Inlandsfälle zu waren, dass aber über ausländische Depotbanken das gleiche Spiel weitergetrieben wurde. Das hatte man am Anfang nicht erkennen können, sodass wir 2012 im OGAW-IV-Umsetzungsgesetz endgültig den Laden zugemacht haben, indem wir eine Systemumstellung durchgeführt haben, was die Kapitalertragsteuer angeht. Also, der Gesetzgeber war tätig.

Ich gebe zu – auch das haben wir diskutiert –, manches Mal hätte man sich ein etwas schnelleres Vorgehen gewünscht. Aber die Dinge waren auch sehr, sehr komplex. Allein die Umstellung des Systems war nicht von heute auf morgen zu machen. Daran waren viele beteiligt. Aber wir können feststellen, dass derzeit nach dem, was alle Fachleute sagen, Cum/Ex-Fälle in Deutschland ausgeschlossen sind und wir die Cum/Cum-Fälle im Wesentlichen über § 36a EStG im Griff haben, was zeigt, dass wir überall gehandelt haben.

Da das schöne Thema Dänemark angesprochen worden ist – auch Sie haben darauf hingewiesen –, will ich aufgrund der knappen Zeit nur darauf verweisen: Die Dänen haben ein eigenes Problem, wenn in diesem Zusammenhang nur eine Person gehandelt hat. Ich habe hierzu ausnahmsweise das „Neue Deutschland“ gelesen. Der Artikel war ganz interessant, ausnahmsweise ein guter Bericht.

Wichtig ist, festzustellen: Wir haben auch eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes aus dem Jahr 2016, in dem zu lesen ist, dass der Minister für Steuern in Dänemark damals erklärt hat, es gebe überhaupt kein Cum/Ex-Problem in Dänemark. Jetzt die Probleme, die Dänemark anscheinend doch hat, obwohl das etwas anderes ist als Cum/Ex, uns vor die Tür zu schieben, ist nicht die ganz faire Art. Ich glaube, das Bundesfinanzministerium oder auch das Finanzministerium Hessen haben, wie wir gehört haben, Informationen nach Dänemark gegeben. Diese müssen die Dänen jetzt aufarbeiten. Damit ist das nicht unser Problem, sondern ein Problem der Dänen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Fritz Güntzler (CDU/CSU):

Ich will abschließend nur festhalten, dass nichts Neues vorliegt und immer wieder die alten Geschichten erzählt werden. Ich kann Ihnen sagen: Die Finanzverwaltung tut alles, wenn bekannt wird, dass es etwas zu tun gibt. So haben wir beim Jahressteuergesetz 2018, das wir morgen beraten, Regelungen gegen Cum/Cum, sodass wir auch da laufend dabei sind. Der Prozess, um die Dinge vernünftig zu regeln, wird nie enden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)