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Frank Heinrich: Eine sichere Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene bei der Prävention von Krankheiten ist essenziell

Rede zur globalen Wasser- und Sanitätsversorgung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wasser ist was Herrliches. Selbstverständlich, wie meine Kollegin Ortleb gesagt hat, haben wir es draußen vor der Tür, halten wir es hier in der Hand, klar und frisch und jederzeit verfügbar. „Wasser- und Sanitätsversorgung für alle nachhaltig gewährleisten“ – so heißt unser Antrag. „Für alle“? Da haben wir schon ein Problem. Der Antrag beginnt mit den Worten: „Ohne Wasser kein Leben. Ohne Sanitärversorgung keine Würde.“ Ich bin dankbar, dass wir das Thema heute Nachmittag hier im Plenum behandeln dürfen.

Das Thema Wasser ist nicht nur grundlegend wichtig, wie es jeder bildlich und ganz praktisch weiß. Es hat auch die unterschiedlichsten Facetten, die sich in vielen der ehemaligen MDGs und jetzigen SDGs niederschlagen: Verwirklichung des Rechts auf Nahrung, Beseitigung der Armut, Recht auf Gesundheit – Wasser hat unabdingbar mit den ganzen Themen zu tun –, Recht auf Leben, Stärkung der Frauen, Sicherheit – auch auf dem Weg zum Wasserholen oder zurück bzw. zur Toilette und zurück –, Schulbesuch insbesondere für Mädchen, damit die eben nicht mehr diese schweren Kanister tragen müssen und in der Zeit in die Schule gehen können, um nur einige zu nennen.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Genau! Das ist Gender!)

Bei der Beschreibung des Status quo – das muss ich sagen – haben Sie, Herr Kollege Wildberg, wirklich danebengegriffen. Als wir vor zehn Jahren hier debattiert haben – mein Kollege und ich können sich gut erinnern –, waren die Zahlen noch ganz andere. Und obwohl die Weltbevölkerung gestiegen ist, ist die Trinkwasserversorgung besser geworden, aber es reicht noch nicht. Deshalb müssen wir weitergehen.

10 Prozent der Weltbevölkerung haben keine Trinkwasserbasisversorgung, 30 Prozent kein sauberes Trinkwasser, die Hälfte der Weltbevölkerung keine sichere Sanitärversorgung, und 673 Millionen Menschen müssen draußen kacken. Entschuldigen Sie das Wort; aber wir müssen das Thema aus der Ecke des Zurückschreckens herausholen; unsere frühere Kollegin Eid hat es mal so genannt. Wir müssen es beim Namen nennen.

(Ottmar von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl! – Timon Gremmels [SPD]: Das versteht auch die AfD!)

Wir haben aus dem Status quo die Notwendigkeiten abgeleitet. In Bezug auf Infrastruktur, Investitionen, Landwirtschaft, grenzübergreifende Konflikte – möglicherweise Kriege – gibt es eine besondere Dringlichkeit. Es geht auch um Enttabuisierung. Es geht nämlich nicht nur um das Wasser, das jetzt viel besser geworden ist, sondern auch um die sanitäre Seite, eben um die Scheiße, um Abwasser, Fäkalschlämme, Menstruationshygiene. Und da müssen wir tatsächlich investieren.

Deshalb danke ich der Bundesregierung, dass wir an der Stelle tatsächlich in den letzten zehn Jahren besser geworden sind: das langfristige Engagement auf internationaler Ebene, die Anstrengungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich, auch die G-20-Agrarministererklärung, bei der Deutschland im Jahr 2017 ein wichtiger Akteur war, vertreten damals durch unseren Minister Schmidt. Darauf aufbauend haben wir Bitten formuliert, die sich im Antrag niederschlagen. Wir sagen nicht einfach nur „Weiter so!“ – die Richtung stimmt –, sondern bitten darum, das Thema dringlicher, kohärenter und konsequenter als bisher zu verfolgen.

Einen der Punkte möchte ich da herausnehmen – er hängt mit dem gerade unansprechbaren Thema zusammen – : Wir fordern, den Sektor der Sanitärversorgung zu fördern und das Thema zu enttabuisieren. Also nennen Sie – noch mal – den Scheiß beim Namen, und setzen Sie sich auf allen Ebenen, wie auch gerade hier im Plenum passiert, für einen bewussteren Umgang mit Wasser und für nachhaltige Wassernutzung ein. Covid-19 steht aktuell im Mittelpunkt der entwicklungspolitischen Diskussionen, und uns drohen Rückschritte in all diesen Bereichen. Im Vordergrund steht natürlich die Bekämpfung von Hungersnot – das ist alles wichtig und richtig –, doch wir riskieren, die nachhaltige Prävention von Krankheiten zu vernachlässigen.

Ich komme zum Schluss. Gerade in Ländern, die kein Gesundheitssystem haben, das leistungsstark genug ist, sind eine sichere Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene bei der Pandemiebekämpfung und Prävention von Krankheiten essenziell. Jede vierte Gesundheitsstation verfügt nach Angabe der WHO über keine Basiswasserversorgung, und jede dritte Schule hat keine Schultoilette. Da müssen wir ansetzen, darauf müssen wir unsere Investitionen fokussieren: auf armutsorientierte Basisversorgung.

Ein schönes Wochenende! Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)