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Eckhardt Rehberg: Wer nach Reformen schreit, sollte erst einmal das Geld, das da ist, effizient umsetzen, ehe er neues Geld verlangt

Rede in der aktuellen Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Sven Kindler, kleinmütig, kleingeistig, verantwortungsloses Handeln der Bundesregierung – ich muss Ihnen sagen: Denken Sie mal an das Nikolauspaket vom 6. Dezember. Darin steht mitnichten, dass die nationalen Parlamente ihre Beteiligungsrechte behalten sollen.

Ich bin dem Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2014 verpflichtet. Ich bin als Abgeordneter des Deutschen Bundestages dem deutschen Steuerzahler verpflichtet. Olaf Scholz hat recht: Ein deutscher Finanzminister bleibt ein deutscher Finanzminister.

Wir dürfen nicht nur auf die Vorschläge gucken, die aus Brüssel kommen oder die Herr Macron als Chef einer Präsidialrepublik macht – wir haben ein ganz anderes Demokratiesystem als die Franzosen –, sondern wir müssen gesamteuropäisch gucken, auch mal schauen, was die acht Nordfinanzminister geschrieben haben, müssen auch auf die kleinen Länder achten

(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

und deutsche und gesamteuropäische Verantwortung zusammenbringen. Das, was wir machen, ist nicht verantwortungslos, sondern ist verantwortungsvoll an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wird so leicht dahergesagt, dass der Europäische Währungsfonds erweitert werden soll: neue Fiskalkapazität. Die Grünen greifen es wieder auf. Beim Koalitionspartner gibt es durchaus Sympathien dafür. Wenn wir eine solche Fiskalkapazität aufbauen, sind aber mehrere Fragen zu stellen:

Woher kommt das Geld? Bei einem Aufbauvolumen von insgesamt 100 Milliarden Euro ist Deutschland mit 27 Milliarden Euro dabei; bei 200 Milliarden Euro sind es 54 Milliarden Euro.

Nach welchen Konditionen vergeben wir das Geld? Bei Macron habe ich bisher gehört: unkonditioniert. Bei der EU-Kommission ist der Ansatz: Wir haben den Hut auf. – Dazu sagen wir: Man kann darüber diskutieren, aber am Ende eines Prozesses. Wenn, dann muss der Europäische Währungsfonds ähnlich strukturiert sein wie die Europäische Zentralbank oder die Europäische Investitionsbank: unabhängig von der Kommission. Eigenständig, unabhängig, das ist unsere Maßgabe an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Boehringer, Sie haben von Vehikeln gesprochen. Ich will Ihnen nur sagen, dass diese Vehikel – die meisten haben wir mit der FDP bis 2013 beschlossen – dazu geführt haben, dass Spanien, Portugal, Irland und Zypern aus den Reformprogrammen raus sind, sehr erfolgreich sogar. Ich hoffe, dass in den nächsten Tagen auch Griechenland sich wieder am Kapitalmarkt refinanzieren kann. Hier galt und gilt der Grundsatz – das ist keine Austeritätspolitik –: Geld gibt es nur gegen Reformen. Geld gibt es nur mit Konditionen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])

Das muss auch für die Zukunft tragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann über viele Dinge reden. Wir haben keinen Zeitdruck – weder die Bundesregierung nach meiner Auffassung noch wir als Unionsfraktion. Themen, die Macron zu Recht aufgerufen hat, sind aus meiner Sicht prioritär: gemeinsame Sicherheitspolitik, Sicherung der Außengrenzen, Reform der Unternehmensbesteuerung, gemeinsame Außenpolitik, gemeinsame Digitalpolitik und gemeinsame Asylpolitik.

Was nicht geht, ist zum Beispiel beim Thema Einlagensicherung, dass man ein Schrittmaß wählt, bei dem man sich nicht über die faulen Kredite in vielen europäischen Banken unterhält,

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Richtig!)

aber der Meinung ist, dass die erfolgreichen deutschen Einlagensicherungssysteme insbesondere der Sparkassen, der Genossenschaftsbanken schon heute für ein gemeinsames europäisches Einlagensicherungssystem herhalten sollen. Nein, die Schrittfolge muss eine andere sein: Erst Abbau der faulen Kredite, und dann können wir an dieser Stelle über eine gemeinsame europäische Einlagensicherung reden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine letzte Bemerkung: Es ist relativ leicht, Visionen zu haben, Pflöcke einzuschlagen. Aber ich finde, man sollte sich auch mit den Realitäten befassen. Ehe man über neue Strukturen, über neue Kapazitäten in Europa redet, sollte man sich in Brüssel doch erst einmal bemühen, das Geld umzusetzen, das man hat. Ich finde, es ist ein europäisches Trauerspiel, dass im letzten Jahr im Europäischen Sozialfonds, im Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und im Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums 10 Milliarden Euro nicht ausgegeben wurden und in diesem Jahr wieder 5 Milliarden Euro nicht ausgegeben werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer nach Reformen schreit, sollte erst einmal das Geld, das da ist, effizient umsetzen, ehe er neues Geld verlangt.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)