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Eckhardt Rehberg: "Festhalten an der Schuldenbremse!"

Rede zu Schuldenbremse

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann der FDP nur dankbar sein für diesen Antrag;

(Beifall bei der FDP)

denn die Schuldenbremse verbindet sich mit Namen wie Angela Merkel und Peer Steinbrück, Peter Struck und Volker Kauder.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Namen der Vergangenheit!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, zur geschichtlichen Wahrheit gehört dazu, dass Sie sich – außer Florian Toncar – vor zehn Jahren hier im Deutschen Bundestag kraftvoll enthalten haben.

(Widerspruch des Abg. Christian Dürr [FDP])

Das gehört zur historischen Wahrheit dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Sie haben sich kraftvoll enthalten. Sie haben damals keinen Beitrag zur Schuldenbremse geleistet. So viel zur Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit Ihres Antrages.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Wir hätten uns mehr gewünscht!)

– Ja, gelegentlich muss man in die Protokolle schauen. Dann sieht man, wer wie abgestimmt hat, und dann merkt man auch, ob das hier politische Show ist oder politische Ernsthaftigkeit. Ich verbuche das unter politischer Show.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Rehberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dürr?

Eckhardt Rehberg (CDU/CSU):

Vom Kollegen Dürr immer gerne.

Christian Dürr (FDP):

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Verehrter Kollege Rehberg, es wäre gut gewesen, wenn Sie nicht nur in die damaligen Abstimmungsergebnisse geschaut hätten, die deutlich machen, dass Linkspartei und Grüne dagegengestimmt haben, sondern wenn Sie sich auch die Reden nachträglich angeschaut hätten, aus denen eines eindeutig hervorgeht: Wir wollen eine Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz. Wir hätten uns nur eine härtere Schuldenbremse vorgestellt, als von der Große Koalition vorgeschlagen wurde.

(Beifall bei der FDP)

Mit Verlaub: Die Angriffe von der linken Seite des Hauses gegen diese Schuldenbremse zeigen, dass die FDP damals recht hatte; wir hätten sie noch härter machen sollen. Wir sollten jetzt die historische Chance ergreifen, der Schuldenbremse ein Update zu verpassen und sie noch härter zu machen, auch im Hinblick auf zukünftige Generationen von Politikerinnen und Politikern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

Eckhardt Rehberg (CDU/CSU):

Herr Kollege Dürr, damals hatten wir Rot-Grün hinter uns, vier Jahre Koalition, waren gerade auf dem aufsteigenden Ast – Stichworte „Abbau der Arbeitslosigkeit“, „Rückgang der Schulden“ –, und dann kam die Finanzkrise. Wer sich in so einer historischen Situation in die Büsche macht so wie Sie, sich mit fadenscheinigen Argumenten enthält und heute, zehn Jahre danach, hier einen Riesenklamauk veranstaltet,

(Lachen des Abg. Christian Dürr [FDP])

sollte, glaube ich, erst mal in sich gehen und darüber nachdenken,

(Christian Dürr [FDP]: Das ist lächerlich!)

ob es in so einer historischen Situation – einem Paradigmenwechsel der deutschen Haushalts- und Finanzpolitik – nicht besser gewesen wäre, dabei zu sein, statt die Arme zu verschränken und sich zu enthalten, Herr Kollege Dürr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christian Dürr [FDP]: Das ist lächerlich!)

Es ist sehr unglaubwürdig, was Sie hier machen. Dazu, Kollege Dürr, gehört auch ein Stückchen Verantwortung für das ganze Land und nicht nur, hier ein Kasperletheater zu veranstalten.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Jetzt lassen wir die Jamaika-Verhandlungen außen vor!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, die Situation Mitte des letzten Jahrzehnts war schwierig. Allein von 1998 bis 2004 waren über 200 Milliarden Euro Schulden aufgelaufen; wir hatten 5 Millionen Arbeitslose. 2005 kam dann die unionsgeführte Regierung in Deutschland. Wir waren auf einem Pfad, dass wir bei 11 Milliarden Euro Neuverschuldung gelandet wären, wenn nicht die Finanzkrise gekommen wäre. Im Haushalt 2010 hatten wir dann eine Neuverschuldung von 86 Milliarden Euro

Die FDP lobt uns. Ich habe, muss ich sagen, selten so viel Lob für aktive Regierungspolitik des letzten Jahrzehnts gelesen.

(Christian Dürr [FDP]: Aber Sie haben mir schon zugehört?)

Deswegen bedanke ich mich noch mal ausdrücklich an dieser Stelle. Also können wir, Union und SPD – übrigens 2009 bis 2013 auch mit Ihnen –, an dieser Stelle nicht so viel falsch gemacht haben.

(Christian Dürr [FDP]: Das waren gute Jahre! Da sind nämlich die Ausgaben zum ersten Mal gesunken!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum ist die Schuldenbremse wichtig? Erstens. Sie trägt dazu bei, Generationengerechtigkeit herzustellen. Zweitens: Vorsorge zu treffen. Und drittens: die demografische Entwicklung mit im Blick zu behalten. – Ich habe, wie Sie, Kollege Dürr, kein Verständnis dafür, wenn aktuell jemand an den Modalitäten der Schuldenbremse drehen will. Sie hat sich bewährt, sie verhindert keine Investitionen – zu Ihrem Vorwurf, wir verringern Investitionen, komme ich noch. Ich habe auch kein Verständnis für Medienberichte, dass Beamte im Bundesfinanzministerium angeblich darüber nachdenken, wie die Modalitäten der Schuldenbremse aufgeweicht werden können.

(Beifall bei der FDP sow ie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage ganz klar: Mit CDU und CSU wird so etwas nicht zu machen sein.

Zum Thema Investitionen. Unser Problem ist aktuell doch nicht, dass wir zu wenig Geld für Investitionen haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Wahrheit – Herr Kollege Dürr, Sie sollten sich gelegentlich etwas mehr mit den Zahlen des Finanzplans befassen – gehört auch: Im Jahr 2008 haben wir 24 Milliarden Euro für Investitionen ausgegeben. Wir werden im kommenden Jahr 40 Milliarden Euro ausgeben. Sie müssen im Hinterkopf 3 Milliarden Euro Entflechtungsmittel, die im Haushalt 2019 noch als Investitionen ausgewiesen sind, mit dazurechnen, die zukünftig Umsatzsteuerpunkte bei den Ländern sind. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Das heißt, wenn ich mir die Haushaltssystematik ansehe, stelle ich fest, dass wir in einem Jahrzehnt die Investitionen von 24 auf 43 Milliarden Euro fast verdoppelt haben. Und wir haben Rekordinvestitionen. Schauen Sie sich den Bereich Forschung und Bildung an. Der Etat hat sich in einem Jahrzehnt fast verdoppelt. Die Ausgaben für innere und äußere Sicherheit haben wir massiv erhöht.

Wir haben doch eher das Problem der Umsetzung von Investitionen. Als Alexander Dobrindt den Investitionshochlauf im Verkehrsbereich initiiert hat, hat er 2015 noch Baufreigaben für 3,6 Milliarden Euro im Straßenneubau vornehmen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, im letzten Jahr waren es noch 535 Millionen Euro. Es hakt hier nicht am Geld. Zum Glück haben wir im Einzelplan 12 die Möglichkeit der Überjährigkeit geschaffen, sodass das Geld nicht in den Gesamthaushalt zurückgeht. Das Problem sind stattdessen viel zu große Hürden bei Planung und Genehmigung und viel zu geringe Planungskapazitäten.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist richtig!)

Das sind doch die Hürden, die wir haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zur Wahrheit gehören außerdem die Sondervermögen, die investiv ausgelegt sind. Von 7 Milliarden Euro im Kommunalinvestitionsprogramm ist bis heute nur ein Bruchteil abgeflossen. Den Kitaausbau verlängern wir Jahr für Jahr, damit das Geld nicht verfällt. Oder schauen Sie sich den Breitbandausbau an: 4,5 Milliarden Euro hat das Digitalministerium dort zur Verfügung gestellt. Bisher ist nur ein geringer Bruchteil abgeflossen. Das heißt, wir scheitern eher an der Verfasstheit unserer Bürokratie, unserer Gesellschaft in allen Bereichen, als dass zu wenig Geld zur Verfügung steht.

Einen weiteren Aspekt will ich noch nennen. Gerade gestern ist wieder der Bericht der Bundesregierung zum sozialen Wohnungsbau gekommen. Ich halte es schon für skandalös, was einige Länder da machen.

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Wenn Sie sich das ansehen, stellen Sie fest, dass fast die Hälfte der Länder nicht ansatzweise die Bundesmittel ausreicht, sie zweckentfremdet. Der Blick in den Bericht des Bundesrechnungshofes zum Hochschulpakt zeigt – ich sage das sehr deutlich –: Das, was einige Länder dort gemacht haben, grenzt an kriminelle Energie.

(Michael Theurer [FDP]: Da ist die CDU auch beteiligt, Herr Kollege!)

– Ja, aber auch die FDP. Sehen Sie sich mal Rheinland-Pfalz an.

(Otto Fricke [FDP]: Aber meistens!)

Ich sage Ihnen eins: Hier auf andere mit dem Finger zu zeigen, hilft nicht.

(Otto Fricke [FDP]: Was haben Sie denn am Anfang Ihrer Rede gemacht?)

Wir sind alle in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass das Geld, das der Bund Ländern und Kommunen zur Verfügung stellt, auch dort ankommt, wo es hingehört.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Theurer [FDP]: Hat die FDP der Schuldenbremse in den Ländern zugestimmt oder nicht?)

Wer anfängt, Parteipolitik zu machen, der verfehlt das Thema an dieser Stelle völlig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Michael Theurer [FDP]: Sie bleiben nicht bei der Wahrheit! Schauen Sie doch mal die Länder an, die der Schuldenbremse zugestimmt haben!)

– Sie sind in Rheinland-Pfalz mit an der Regierung. Sehen Sie sich den sozialen Wohnungsbau in Rheinland-Pfalz an, Herr Kollege.

Letzte Bemerkung zur Schuldenbremse. Die Schuldenbremse hat sich bewährt. Im Hinblick auf die Maastricht-Kriterien liegt die Gesamtstaatsverschuldung bei unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Deswegen kann es nur heißen: Festhalten an der Schuldenbremse! Die Schuldenbremse hat Deutschland gutgetan.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Theurer [FDP]: Sie beschimpfen die Falschen, Herr Kollege!)