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Eckhardt Rehberg: Es gab keinen anderen Weg, als Griechenland mit Reformen dahin zu bringen, wo es heute ist

Rede zu den Finanzhilfen zugunsten Griechenlands

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich manche Rede zu Griechenland in den letzten acht Jahren Revue passieren lasse, dann fallen mir auch viele Aussagen zu Irland, Portugal, Spanien und Zypern ein. Wir haben nun das fünfte Land guten Gewissens dahin gebracht, dass es sich zukünftig wieder auf dem Kapitalmarkt wird refinanzieren können. Wenn hier so getan wird, als ob wir zu viel Solidarität geleistet haben, dann frage ich immer wieder: Wer ist der Hauptprofiteur einer stabilen, regelbasierten Euro-Zone? Das ist die Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD)

Ich finde, das muss man herausstreichen, gerade in einer schwierigen Zeit, auch – Herr Scholz, Sie sind darauf eingegangen – nach der Nacht von gestern. Wenn wir die Euro-Zone nicht hätten, würden wir auch auf anderen Gebieten nicht zu Lösungen kommen. Wer wirklich meint, dass jeder in Europa mit seiner eigenen Währung den Herausforderungen der Globalisierung standhalten kann, dem sei ins Stammbuch geschrieben: Wenn wir diesen europäischen Weg in den letzten Jahren und Jahrzehnten trotz vieler Schwierigkeiten nicht gegangen wären, dann wären wir in Europa und wir in Deutschland nicht bei dem Wohlstand, den wir heute haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Natürlich kann man immer wieder die Frage stellen: Warum sind die Griechen da reingerutscht?

(Martin Hebner [AfD]: Die sind doch noch drin!)

Anfang der 2000er-Jahre war der Beitritt in die Euro-Zone. 2010 war der Beginn der Krise. Ja, die Griechen haben über ihre Verhältnisse gelebt:

(Zustimmung der AfD)

13 Prozent Defizit im Haushalt. Aber ich glaube, es gab keinen anderen Weg, als Griechenland mit Konditionierungen, mit Reformen dahin zu bringen, wo es heute ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie sind noch nicht überall über den Berg; nein, das ist nicht so. Aber ohne die Hartnäckigkeit, ohne die Konsequenz, die in den letzten Tagen Bundesfinanzminister Scholz bewiesen hat und die auch sein Vorgänger gezeigt hat, wäre man nicht da. Lieber Wolfgang Schäuble, ich weiß, Sie hören das nicht gerne. Aber ich möchte Ihnen ausdrücklich danken für Ihre Konsequenz, für Ihre Hartnäckigkeit. Die Euro-Zone, Griechenland, die Reformländer wären heute nicht dort, wenn Sie nicht so aktiv und engagiert gearbeitet hätten. Ein herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gerade heute wurde wieder eine mediale Sau durchs Dorf getrieben. Da gibt es einen Professor Meyer, der meint, dass Griechenland einen Schuldenschnitt, einen Schuldenerlass von bis zu 336 Milliarden Euro bekommt, wobei Deutschland mit 52 Milliarden Euro dabei ist. Ich kann diesem Professor nur eins sagen: Wenn die Zahl 336 Milliarden Euro stimmt, dann sind wir mit 94 Milliarden Euro dabei, weil wir 28 Prozent zu tragen haben. Also, eins von beiden kann nicht stimmen.

(Fabian Jacobi [AfD]: Und das soll uns jetzt beruhigen?)

Lieber Johannes Kahrs, dieser Professor soll an der Universität der Bundeswehr in Hamburg tätig sein. Ich glaube, das sollte man kritisch hinterfragen. Genau an einem solchen Morgen so einen Unsinn in die Welt zu setzen: Von Chefvolkswirten oder von volkswirtschaftlich Gebildeten habe ich gelegentlich die Nase voll. Ich kann Professor Meyer nur sagen: Holen Sie einen Zettel und einen Bleistift raus, rechnen Sie noch mal nach! Es ist dummes Zeug. Ich glaube eher den Zahlen des Bundesfinanzministeriums.

(Lachen bei der AfD)

– Wissen Sie, ich höre dieses Gelächter, meine Damen und Herren der AfD, seit zehn Jahren hier in diesem Hause, wenn es um unsere Hilfsprogramme für Länder der Euro-Zone geht. Ich kann Ihnen nur eins sagen: So wie Irland, so wie Spanien, so wie Portugal, so wie Zypern Kredite mittlerweile umgeschuldet und zurückgezahlt haben, bin ich optimistisch, dass auch bei den Griechen der Groschen gefallen ist und dass sie eine gute Zukunft haben werden. Da bin ich optimistisch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Widerspruch bei der AfD)

Herr Minister Scholz, Sie legen uns heute vier Punkte vor – eine Stellungnahme, drei Beschlüsse. Ich kann zu den Dingen, die wir heute beschließen sollen, nur sagen: Das ist alles in der Euro-Gruppe in den letzten Jahren vereinbart worden. Es spiegelt sich in den Beschlüssen des Deutschen Bundestages wider.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Christian Lindner fängt jetzt an, das Märchen von einem vierten Programm zu erzählen. Nein, wir schließen das dritte Programm ab, schöpfen es nicht mal voll aus. Deswegen ist das vierte Programm ein Märchen.

(Beifall der Abg. Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU])

Wenn Sie meinen, wir sind im vierten Programm, kann ich nur eins sagen: Wenn wir Ihrer Auffassung nach gegen geltendes deutsches Verfassungsrecht verstoßen, laufen Sie nach Karlsruhe, verklagen Sie uns. Ich sage Ihnen: Sie werden kein Recht bekommen. Wir sind im dritten Programm und nicht im vierten Programm.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zum IWF sagen. Übrigens, nach meiner Erinnerung hat nicht der Deutsche Bundestag beschlossen, dass der IWF sich beteiligen soll. Wohl haben wir als Unionsfraktion immer gesagt: Er soll dabei sein. – Und der IWF war dabei. Der IWF war beim dritten Programm dabei, gemeinsam mit der EZB, mit dem ESM und mit der EU-Kommission.

Jetzt muss man sich schon die Frage stellen – ich habe das auch öffentlich sehr frühzeitig getan –: Für welchen Preis hält man den IWF auch fiskalisch dabei? Der IWF wollte, dass 10 Milliarden Euro umgeschuldet werden. Herr Minister Scholz, ökonomisch wäre das sogar vernünftig gewesen; denn IWF-Kredite sind nicht ganz billig. Aber – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – dafür wollte er mit 1,6 Milliarden Euro einsteigen. Ein gutes Geschäft? Ein schlechtes Geschäft, meine ich.

Das Zweite – ich will da nicht zu doll aus dem Nähkästchen plaudern –: Der IWF hatte viel weiter gehende Vorstellungen, was das Thema Schuldenerleichterung/Schuldenstreckung betrifft. Der IWF hatte ganz andere Vorstellungen, was auch Puffervergrößerungen betrifft usw. usf. Wenn Sie sich die Schuldentragfähigkeitsanalyse des IWF aus dem Jahr 2016 anschauen, werden Sie feststellen: Es hätte nach seiner Maßgabe all dieses, was wir heute auf den Weg bringen, nicht geholfen.

Deswegen ist es eine gute Entscheidung gewesen, zu sagen: Die Bedingungen sind so. Herr Minister Scholz, ich weiß, Sie haben hartnäckig verhandelt. Ich kann uns nur raten, zuzustimmen. Ich bin der festen Überzeugung, dass in Griechenland wirklich vieles auf den Weg gebracht worden ist; das ist bei weitem nicht am Ende.

Herr Kollege Boehringer, wenn Sie von einer sofortigen Vollabschreibung reden – ich kann nur eines mit auf den Weg geben –: Es geht hier, nebenbei, auch noch um Menschen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das kommt ja immer als Letztes, wenn keine Argumente mehr ziehen! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Oh Gott! Um Gottes willen! Ist das peinlich!)