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Eckhardt Rehberg: Auch die mittelfristige Finanzplanung ist solide aufgestellt

Haushaltsgesetz 2018 - Rede in der Schlussrunde zum Haushaltsgesetz 2018

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Otto Fricke, du hast schon recht. Ich habe bei den Sozialdemokraten bisher noch nie erlebt, dass sie den Zusammenhang so hergestellt haben: keine neuen Schulden, Generationengerechtigkeit, Sozialpolitik.

(Johannes Kahrs [SPD]: Hey, hey!)

Das ist ein Erkenntnisgewinn. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass sie jetzt den Finanzminister stellen; das kann ja sein.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Ja, das haben wir auch erkannt!)

Ich bedanke mich, liebe Anja Hajduk, ganz ausdrücklich für das Lob, das du gegenüber Wolfgang Schäuble geäußert hast: dass Olaf Scholz ein gut bereitetes finanzielles Bett übernommen hat. Deswegen glaube ich, dass die unionsgeführten Regierungen im Bereich der Haushalts- und Finanzpolitik in den letzten acht Jahren nicht alles falsch gemacht haben können. Danke für diese Einlassung!

(Beifall bei der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es aber auch anders begründet!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich die Haushaltsvorlagen anguckt, stellt man fest: Nicht nur der Haushalt für das Jahr 2018, sondern auch die mittelfristige Finanzplanung ist solide aufgestellt.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein!)

Wenn ich die drei wesentlichen Komponenten nehme – Wirtschaftswachstum, Lohnzuwächse, Unternehmensgewinne –, dann ist die Planung eher konservativ, aber das ist gut und richtig so.

Ich bin seit 2009 im Haushaltsausschuss. Ich habe immer wieder Horrorszenarien gehört, nämlich dass alles das, was wir uns vorgenommen haben, nicht klappen würde. Ja, massive Zinsminderausgaben wird es nicht mehr geben. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich mit der Politik, die wir in der Großen Koalition vereinbart haben, Wachstum, Lohnzuwächse und Unternehmensgewinne weiter so entwickeln werden wie in den letzten Jahren.

Ich glaube auch, dass dieser Haushalt eine gute Basis dafür ist. Wir investieren in Bildung und Forschung. Wir investieren in Familien; Kollege Rohde hat das Thema „Bau und Baukindergeld“ angesprochen. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der größte Brocken, was die prioritären Maßnahmen betrifft, geht an Länder und Kommunen.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)

Ich habe das schon am Dienstag gesagt: Ich finde, wir haben hier eine föderale gesamtstaatliche Verantwortung. Ich glaube, es nützt nichts, wenn wir in die Finanzierung von Ganztagsbetreuung, Kindergärten und Hochschulen hineingehen und massiv die Ausrüstung von Schulen – Stichwort „digitale Infrastruktur“ – finanzieren und die Länder und Kommunen kommen hier ihrer originären Verantwortung nicht nach. So wird das gesamtstaatlich nicht laufen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Warum sage ich das? Zum Thema: Digitalisierung von Schulen. Es stehen heute 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist also problemlos möglich mit dem zweiten Kommunalinvestitionspaket. Es wird von den Ländern und Kommunen so gut wie nicht genutzt. Durch das 4,5‑Milliarden-Paket für den Breitbandausbau im Verkehrsministerium ist der Gigabitanschluss von Schulen möglich – das steht in der Förderrichtlinie –; es wird so gut wie nicht genutzt.

Was tun die Länder und Kommunen selber? Ich habe keinen einzigen Redner gehört – von mir abgesehen –,

(Heiterkeit)

der darauf hingewiesen hat, dass Länder und Kommunen in diesem Jahr um 5 Milliarden Euro entlastet werden – ohne Gegenleistung. 5 Milliarden Euro, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

In meinem Heimatland sind es 100 Millionen Euro. In Nordrhein-Westfalen ist es 1 Milliarde Euro. Damit kann man auf diesem Gebiet doch etwas in eigener Verantwortung machen. Über die 1,2 Milliarden Euro beim BAföG will ich hier gar nicht reden.

Noch ein paar Zahlen: Steuerzuwächse bei den Ländern: 3,8 Prozent. Laufende Zuweisungen des Bundes: Steigerung um 6,3 Prozent. Steigerung der Investivzuweisungen des Bundes an die Länder: über 10 Prozent.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine ganze Menge!)

Das sind die Realitäten. Auch die Jahresüberschüsse sprechen eine beredte Sprache.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch zu ein paar ganz spannenden Fake News kommen, die in dieser Woche zu hören waren.

Erste Bemerkung dazu, dass der Bund 50 Milliarden Euro für Flüchtlinge ausgebe. Die Realität sieht anders aus.

(Zurufe von der AfD)

Flüchtlingsbezogene Kosten betragen 21 Milliarden Euro, davon rund 7 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe, den Außenbereich, und 14 Milliarden Euro für die Ausgaben des Bundes mit den Leistungen des Bundes zur Unterstützung der Länder und Kommunen. Ich finde das, was die AfD hier macht, wirklich mehr als übel. Es ist nicht populistisch, es ist, wie ich finde, absurd, es ist schizophren.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Beatrix von Storch [AfD]: Keinen Cent für Polizisten, Richter, Staatsanwälte und Lehrer berücksichtigt!)

Nun zum Höhepunkt. Leider rede ich nach dem Kollegen Fricke, aber auch ich will auf ein Zitat eingehen, auf dem die Fraktionsvorsitzende der AfD am Mittwoch ihre ganze Rede aufgebaut hat:

Im Bundeshaushalt werden schlicht nicht alle Ausgabenposten aufgeführt. Denn: Wo ist zum Beispiel der EU-Etat zu finden? Richtig – gar nicht. Die rund 30 Milliarden Euro, die Deutschland nach Brüssel transferiert, werden im Budget verschwiegen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Stimmt nicht! Negative Einnahmen!)

Das ist schlichtweg unwahr, und Sie haben das bewusst gemacht, Frau Weidel, um den Eindruck zu erwecken, dass wir nur Geld einzahlen und nichts zurückbekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich finde, Otto Fricke hat Sie schon zu Recht auf Einzelplan 60, Kapitel 6001, Anlage 1, hingewiesen. Da wird schön in vier Titeln aufgelistet, wie viel Deutschland wohin in den EU-Haushalt abführt.

Ich will Ihnen eines sagen: Wenn wir diese Rückflüsse der europäischen Gelder – Wirtschaftsförderung, Europäischer Sozialfonds, vieles andere mehr – nicht gehabt hätten, dann würden wir in den neuen Bundesländern, im Osten Deutschlands und auch ich bei mir in Mecklenburg-Vorpommern nicht diese blühenden Landschaften haben.

(Die Abg. Peter Boehringer [AfD] und Albrecht Glaser [AfD] melden sich zu einer Zwischenfrage)

Ohne Europa wäre das nicht möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Rehberg, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Herrn Boehringer?

Eckhardt Rehberg (CDU/CSU):

Nein, jetzt eine Minute vor Ablauf meiner Redezeit und am Ende der Schlussrunde nicht mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Weidel, Sie von der AfD können so weitermachen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie ist gerade nicht da! Das könnten Sie bemerkt haben!)

Aber man darf hier nicht als Frau Baronin von Münchhausen auftreten und die Menschen verdummen wollen. Sie sollten bei aller Polemik, bei aller politischen Auseinandersetzung bei den Fakten bleiben und nicht Unwahrheiten hier im Deutschen Bundestag verbreiten.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Frechheit! Absolute Frechheit, Herr Rehberg!)

Sie sollten erst einmal anfangen, den Bundeshaushalt zu lesen, ehe Sie sich hierhinstellen, um über den Bundeshaushalt zu reden. Es ist Voraussetzung, um sachgerechte Politik zu machen, dass man weiß, worüber man spricht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Lesen, lesen, lesen!)

Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Baustellen ansprechen, die wir, wie ich glaube, haben:

Erstens. Ich glaube, es ist wichtig – das richte ich insbesondere an den Koalitionspartner –, dass wir das Thema Trassenpreise im Blick haben. Dafür war Vorsorge getroffen in der Finanzplanung.

Zweitens. Wir haben aktuell eine Rücklage der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 20 Milliarden Euro. Sie wird nach den Prognosen auf 25,5 Milliarden Euro aufwachsen, wenn nichts entnommen wird, und so geht es immer weiter bis zu über 40 Milliarden Euro im Jahr 2022. Ich glaube, dass es kein Problem darstellen würde, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung statt um 0,3 Prozentpunkte um 0,5 Prozentpunkte abzusenken. Dies würde allen Arbeitnehmern zugutekommen, gerade den Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)