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Dr. Matthias Heider: Wir haben für schwierige Fälle eine Beweislastumkehr eingeführt

Redebeitrag zum digitalen Wettbewerbsrecht

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine schwierige Materie, über die wir heute sprechen. Frau Dröge, die Grünen und auch Sie sollten sich das nicht so einfach machen, wie Sie es gerade dargestellt haben. Das ist ein außerordentlich komplexer Vorgang. Das „Handelsblatt“ berichtete im August dieses Jahres über eine Kartellbeschwerde deutscher Digital-Start-ups gegen die mächtigste Suchmaschine der Welt und schloss mit der treffenden Erkenntnis:

Denn Märkte, die nur einen Gewinner zulassen, kennen vor allem eines: Verlierer.

Und wenn man das rechtssicher feststellen will, dann muss man sich auf einen längeren Weg machen, und genau den haben wir eingeschlagen.

(Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, was ist gemeint? Innovative Start-ups leisten Pionierarbeit, tragen mit hohem Innovationsaufwand Informationen zusammen und digitalisieren durch innovative Geschäftskonzepte ganze Branchen. Dabei sind sie meist auf Google angewiesen: Mit 90 Prozent Marktanteil in der Welt führt an dieser Suchmaschine kein Weg vorbei. Für ein gutes Ranking müssen Unternehmen zahlen. Die „FAZ“ berichtet dazu heute anhand des Falls Trivago, wie es aussehen kann, wenn man mit seinen eigenen Angeboten unter Druck gerät. Google nutzt diese Daten, die dort anfallen, konzerneigene Vermittlungsdienste werden aufgebaut, und in kurzer Zeit geraten Start-ups mit ihren tollen und innovativen Ideen unter Druck, ganz einfach, weil jemand anders die Marktmacht hat. Diese Problematik am Beispiel der Hotels lässt sich auf andere Branchen übertragen: Facebook, Apple, Amazon – sie wissen schneller als jeder andere, welche Daten von denen, die da sind, relevant sind und wie man daraus eine Schlüsselposition im Wettbewerb gewinnen kann.

Meine Damen und Herren, wir sind nicht die Einzigen, die das analysieren. Die USA haben selbst den Ernst der Lage erkannt, und unsere Kolleginnen und Kollegen im Repräsentantenhaus des US-Kongresses haben dazu in der letzten Woche einen Bericht herausgegeben. Ich zitiere aus diesem Bericht:

Unternehmen, die einst rauflustige Underdog-Start-ups waren, haben sich in die Art von Monopolen verwandelt, die wir zuletzt in der Ära der Ölbarone und der Eisenbahntycoone gesehen haben.

Und etwas weiter heißt es:

Natürlich haben diese Unternehmen auch klare Vorteile für die Gesellschaft gebracht, doch die Dominanz von Amazon, Apple, Facebook und Google hat ihren Preis. Diese Unternehmen betreiben einen Marktplatz und agieren gleichzeitig als Wettbewerber …

Und noch etwas weiter: Das Resultat sei „weniger Innovation, weniger Auswahl für die Verbraucher und eine geschwächte Demokratie“. Es gebe eine „drückende Notwendigkeit für gesetzgeberisches Handeln und eine Reform“. – Ende des Zitates aus dem Bericht des Repräsentantenhauses.

Meine Damen und Herren, wir haben uns mit der Regierungskommission Wettbewerbsrecht 4.0 auf den steinigen, aber eigenen, harten Weg begeben, um die dazu erforderlichen Feststellungen zu treffen. Und ich glaube, dass wir gut daran tun, einen solchen Eingriff in Wettbewerb und Märkte gut vorzubereiten. Das Bundeskartellamt hat nun die Möglichkeit, Unternehmen mit marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb, insbesondere also die großen Digitalplattformen, unter eine strenge Kontrolle zu stellen. Das ist ein erster, aber ein wichtiger Schritt, um mit einer Liste von unerlaubten Praktiken diesem Marktgeschehen auf die Spur zu kommen. Wie gesagt, Frau Dröge, liebe Kolleginnen von den Grünen: Man muss das rechtssicher beweisen, dahersagen reicht nicht. Man muss es beweisen.

(Beifall des Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU])

Deshalb haben wir beispielsweise auch eine Beweislastumkehr für schwierige Fälle eingeführt, damit überhaupt kein Zweifel daran besteht, wer die Darlegungslast dafür trägt.

Ich freue mich auf eine weitere gute Diskussion im Ausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Falko Mohrs [SPD])