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Dr. Jan-Marco Luczak: Wir haben umfangreiche Hilfspakete in Milliardenhöhe auf den Weg gebracht

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (Epl. 07)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Man ist ja fast versucht, zu suchen, wo hier der Klingelbeutel steht, nach dieser Slapstick-Einlage von Herrn Brandner.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die kann ja fast gar nicht umsonst gewesen sein; dafür muss man im Zirkus sonst Eintritt bezahlen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE] – Stephan Brandner [AfD]: Verinnerlichen Sie das nur, Herr Luczak!)

Dabei ist, meine Damen und Herren, liebe Kollegen, der Anlass wirklich ein ernster. Denn wir schauen ja jetzt, zwei Wochen vor Weihnachten, zurück auf ein wirklich besonderes Jahr. Die Pandemie hat den Staat, die Gesellschaft in einer nie dagewesenen Form herausgefordert. Gesellschaft, Wirtschaft, aber auch das Leben jedes Einzelnen waren durch die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung betroffen.

Wir haben hier im Hohen Haus alles unternommen, um die Folgen der Pandemie abzufedern. Wir haben umfangreiche Hilfspakete in einer nie dagewesenen Milliardenhöhe auf den Weg gebracht. Wir haben unsere Sozialsysteme flexibilisiert. Wir haben Mieter geschützt, Darlehensnehmern unter die Arme gegriffen. Wir haben Reisebüros das Überleben gesichert, und wir haben die Kulturschaffenden unterstützt.

(Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Trotz dieser vielen Hilfsmaßnahmen – das muss man sagen – gab es auch tiefgreifende Eingriffe. Es gab Beschränkungen grundrechtlicher Freiheiten, die notwendig waren, um die Pandemie zu bekämpfen. Wir mussten Geschäfte schließen, Schulen schließen; kulturelle Einrichtungen haben schließen müssen. Wir haben die Pflicht zum Maskentragen statuiert, und wir haben Kontaktsperren verhängt. All das war natürlich auch eine rechtsstaatliche Herausforderung.

(Beatrix von Storch [AfD]: Rechtsbruch war das! – Gegenruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Mimimi! Schon die Stimme geht mir auf die Nerven!)

Es war ein Stresstest für den Rechtsstaat, für das Funktionieren und auch für die Akzeptanz des Rechtsstaates. Ich finde aber: Wenn man jetzt zurückblickt, kann man sagen, dass wir diesen Stresstest bestanden haben. Denn man sieht doch – und ich sage das nicht, obwohl, sondern gerade weil Gerichte auch einzelne Maßnahmen der Länder bei der Pandemiebekämpfung aufgehoben haben –, dass der Rechtsstaat hier funktioniert hat. Denn es ist doch gerade die Aufgabe von Gerichten, die Exekutive zu kontrollieren. Damit kommen sie ihrer verfassungsrechtlichen Kontrollfunktion nach.

Man sieht daran auch sehr schön, dass wir als Bundestag ja darauf reagiert haben. Es ist ein lernendes System: Rechtsstaat und Demokratie. Das Zusammenspiel von Gerichten, von Legislative und Exekutive hat dazu geführt, dass wir hier im Deutschen Bundestag zum Beispiel das Infektionsschutzgesetz angepasst haben. Da will ich mich nur mal an die rechte Seite dieses Hauses richten, weil es von dort aus ja immer wieder so dargestellt wird, als ob das ein Ermächtigungsgesetz gewesen wäre. Ich kann nur sagen: Ich finde nicht nur diesen Vergleich historisch infam,

(Stephan Thomae [FDP]: Ja!)

sondern er ist vor allen Dingen auch das glatte Gegenteil von dem, was wir hier gemacht haben.

Wir haben den Ländern einen konkreten Regelungsrahmen vorgegeben, der auf der einen Seite die effektive Bekämpfung der Pandemie ermöglicht, aber gleichzeitig alle Maßnahmen einem strikten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterwirft und die Freiheitsrechte unserer Bürger wahrt. Damit haben wir als Bundestag unserer Verantwortung Rechnung getragen. Wir als Parlament haben die wesentlichen Entscheidungen getroffen. Wir sehen jetzt auch – der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat es gerade bestätigt –, dass diese Maßnahmen verfassungsgemäß waren. Insofern, finde ich, haben wir genau das Richtige hier im Hohen Hause gemacht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Luczak, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hilse?

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU):

Nein. – Für das Funktionieren unseres Rechtsstaates ist es natürlich auch wichtig, dass Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften, aber eben auch die Justiz gut ausgestattet sind und sie die richtigen Ressourcen haben. Wir haben als Bundesgesetzgeber den Pakt für den Rechtsstaat auf den Weg gebracht.

Aber – das muss man auch selbstkritisch sagen – wir haben jetzt gerade im letzten Jahr auch viele neue Aufgaben, viele neue Gesetze beschlossen, die natürlich auch für die Justiz mit neuen Herausforderungen einhergehen. Es muss sich natürlich auch in den Ressourcen der Justiz widerspiegeln, dass diese vielen neuen Aufgaben erledigt werden können. Das ist auch ein Stück weit ein Fingerzeig an die Länder, ihrer Verantwortung bei der guten Ausstattung der Gerichte nachzukommen.

Mir war auch ganz wichtig, dass wir die Anwaltschaft, die nämlich zu einem starken Rechtsstaat dazugehört, gestärkt haben. Wir haben gerade vor einigen Wochen beschlossen, dass die Gebühren für Anwälte angehoben werden, damit sie auch zukünftig ihrer wichtigen verfassungsrechtlichen Funktion in unserem Rechtsstaat nachkommen können.

Der zweite Punkt: Nicht nur das Funktionieren des Rechtsstaates, sondern auch die Akzeptanz des Rechtsstaates ist wichtig. Ich finde, wenn der Rechtsstaat funktioniert, dann findet er auch Akzeptanz. Das zeigt sich ja auch daran, dass die übergroße Mehrheit der Menschen in unserem Land insbesondere die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung mitgetragen haben. Sie sind akzeptiert worden; sie sind befolgt worden.

Aber natürlich ist auch klar: Es gibt auch andere. Es gibt die Kollegen hier von der AfD, es gibt die Querdenker-Demonstrationen. Aber – es ist mir schon wichtig, das zu betonen –: Die mögen sehr, sehr laut sein, aber sie sind nicht die Mehrheit. Die übergroße Mehrheit sieht das ganz anders. Sie sagt, dass der Rechtsstaat funktioniert, und sie haben Vertrauen in den Rechtsstaat. Das liegt auch daran, dass wir die Menschen und ihre Sorgen ernst nehmen, meine Damen und Herren. Das machen wir richtig an der Stelle.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

So richtig das ist: Wir müssen die Sorgen und die Nöte der Menschen da draußen, die demonstrieren gehen, auch von der Sache her ernst nehmen; und das tun wir auch. Aber umgekehrt sage ich dann auch: Denjenigen, die dort mit falschen Behauptungen agieren, die Beleidigungen aussprechen, die Bedrohungen vornehmen oder vielleicht rechtsextremistische Bestrebungen auf unseren Straßen ausleben, müssen wir in aller Entschiedenheit, in aller Konsequenz und letztlich auch mit der gesamten Härte des Rechtsstaates entgegentreten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn das Vertrauen in den Rechtsstaat, das ist nicht selbstverständlich. Vertrauen gibt es nur, wenn die gesetzten Regelungen am Ende auch durchgesetzt werden. Die Setzung von Recht und die Durchsetzung von Recht müssen immer eine Einheit bilden. Deswegen müssen wir unser Recht auch gegenüber denjenigen durchsetzen, die Demokratie, die den Rechtsstaat und letztlich unsere freie und offene Gesellschaft infrage stellen. Das tun wir, und das müssen wir in den kommenden Monaten auch weiter tun.

Deswegen ist es gut, dass jetzt auch geprüft wird, ob nicht möglicherweise der Verfassungsschutz noch mal an der einen oder anderen Stelle etwas genauer hinschauen muss.

Deswegen ist es gut, dass wir den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität auf den Weg gebracht haben. Das ist ein ganz wichtiges Gesetz, da wir des Hasses, der Hetze, der Beleidigungen und der Bedrohungen insbesondere in den sozialen Medien Herr werden müssen.

(Stephan Brandner [AfD]: Ein Oppositionsbekämpfungsgesetz ist das, nichts anderes!)

Wir als Union wollen – und da freue ich mich, dass das Justizministerium und die Ministerin sich jetzt unserem Anliegen angeschlossen haben – auch Feindeslisten zukünftig unter Strafe stellen. Es geht hier um diejenigen, die Daten von Journalisten, von Politikern, von Andersdenkenden sammeln,

(Stephan Brandner [AfD]: Der Verfassungsschutz, oder wen meinen Sie?)

diese dann im Netz veröffentlichen und es damit verbinden, dort Bedrohungen auszusprechen und zu versuchen, diese Leute mundtot zu machen.

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist die klassische Arbeit des Verfassungsschutzes, die Sie da skizzieren!)

Das dürfen wir nicht hinnehmen, und deswegen wollen wir das als Union unter Strafe stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich könnte jetzt noch viel sagen. Dafür reicht die Zeit leider nicht. Wir haben ein wirklich außerordentlich herausforderndes Jahr gehabt. Wir haben in der Rechtspolitik viel auf den Weg gebracht. Wir haben auch noch viel vor uns: Wir wollen im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern schärfere Regeln machen. Dazu haben wir gerade in dieser Woche eine Anhörung durchgeführt.

(Stephan Brandner [AfD]: Die Anhörung war vernichtend für den Gesetzentwurf, vernichtend!)

Das werden wir in den nächsten Tagen abschließen.

Also, meine Damen und Herren, unterstützen Sie uns auf diesem Weg!

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Kommen Sie zum Schluss, bitte.

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU):

Rechtspolitik ist immer ein Stück Gesellschaftspolitik. Es geht um das Funktionieren der Demokratie und unseres Rechtsstaats. Deswegen: Unterstützen Sie uns auf diesem Weg! Mit diesem Haushalt gehen wir einen guten und richtigen Schritt in diese Richtung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)