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Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Michelbach: Der Gesetzentwurf st ein weiterer Schritt hin zu einer fairen Besteuerung von Unternehmen

Redebeitrag zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

Herr Präsident! Lassen Sie mich gleich zu Beginn eines in aller Deutlichkeit sagen: Die aggressiven Steuergestaltungen einiger internationaler Großkonzerne, die in der Vergangenheit bekannt geworden sind, sind inakzeptabel und hochgradig asozial; denn die ehrlichen Bürger und rechtschaffenen Unternehmen tragen umso höhere Steueranteile, je mehr multinationale Konzerne mit Missbrauch durch dubiose Steuerspargestaltungen Gewinne verkürzen und Gewinne verlagern. Deshalb haben sich G 20 und OECD auf einen Maßnahmenkatalog gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung verständigt, kurz BEPS genannt. Dazu hat Wolfgang Schäuble in seiner Zeit als Bundesfinanzminister wesentlich beigetragen.

Der Gesetzentwurf, den wir heute in erster Lesung beraten, ist ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zu einer fairen Besteuerung von Unternehmen. Es geht darum, die Möglichkeit der Nichtbesteuerung von Gewinnen im Rahmen bestehender Doppelbesteuerungsabkommen zu beseitigen. Jedes Doppelbesteuerungsabkommen einzeln zu überarbeiten, wäre wegen der Vielzahl dieser Abkommen allerdings eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit gewesen; denn dazu wären bilaterale Änderungsabkommen erforderlich. Deshalb hat man im Rahmen der OECD das neue Instrument einer Modifikation bilateraler Steuerabkommen durch ein Mehrseitiges Übereinkommen entwickelt, das wir jetzt auf den Weg bringen werden. Es wird für alle von dem Übereinkommen erfassten Steuerabkommen gelten. Mit dem Übereinkommen werden die BEPS-Empfehlungen rasch und flächendeckend im Abkommensnetzwerk der rund 100 beteiligten Staaten umgesetzt werden. Ziel ist es, die Steuerabkommen künftig widerstandsfähiger gegen aggressive und missbräuchliche Steuergestaltung zu machen.

Mit der heutigen Debatte starten wir die Ratifizierung dieses völkerrechtlichen Vertragswerks. Wir sagen damit multinationalen Konzernen den Kampf an, die durch Ausnutzung unterschiedlicher Steuersysteme ihre Steuerlast auf ein Minimum drücken wollen. Wir schaffen die Grundlage dafür, dass der Staat zukünftig wieder die Einnahmen erhält, die ihm zustehen, nämlich dass dort, wo Geschäfte gemacht werden, bei denen Steuern anfallen, diese bezahlt werden müssen. Und wir sorgen dafür, dass mittelständische Unternehmen im Wettbewerb nicht weiter gegenüber international aggressiv agierenden Konzernen benachteiligt werden. Darum geht es. Es geht um das sogenannte Level Playing Field, dass alle multinationalen Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe und ihrem Sitz, in die Verantwortung genommen werden und dass wir durch Tax Rulings, Country-by-Country Reporting Aktivitäten transparenter machen. Das alles lässt sich nur im internationalen Kontext umsetzen.

Wir haben in der Koalition in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen gegen Steuergestaltung, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung ergriffen und damit, meine Damen und Herren – und das ist die Wahrheit –, viel erreicht. Das Übereinkommen, das wir jetzt beraten, ist ein weiterer Baustein von vielen, um Steuervermeidung und Steuerverkürzung zu verhindern. Wir gehen damit einen wichtigen weiteren Schritt hin zu ausgewogeneren Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen. Es geht letzten Endes darum, dass wir mit diesem Level Playing Field für kleine, mittlere und große Unternehmen eine gleiche progressive Besteuerung bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Und das, meine Damen und Herren, sollte unsere Zustimmung, die Zustimmung aller hier im Hohen Hause finden.

Ich möchte noch einmal betonen: Das liegt im Interesse des Fiskus und des Staates und somit des Gemeinwohls. Wir sollten in naher Zukunft aber auch Zustimmung für eine Unternehmensteuerreform erreichen – das möchte ich anfügen –, um eine Stärkung der mittelständischen Unternehmen auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Denn das erhöht letzten Endes die Chancengleichheit der kleinen und mittleren Unternehmen; und das ist notwendig. Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen in unserem Land. Insbesondere die Rechtsformneutralität hinsichtlich der Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften ist ein wichtiges Anliegen. Wir können die Steuerlast der einzelnen Unternehmen nicht allein von der Rechtsform abhängig machen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Es ist wichtig, dass gerade die Familienunternehmen, die Unternehmen, die persönlich haften, nicht gegenüber den anonymen Kapitalgesellschaften die Benachteiligten sind. In diesem Sinne wünsche ich, dass wir über den Tag hinaus diesem Gesetzentwurf zustimmen und weiterhin aktive Steuerpolitik für die Unternehmen betreiben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)