Skip to main content

Dr. h. c. Hans Michelbach: Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer fairen Besteuerung von Unternehmen

Redebeitrag zum Übereinkommen zu steuerabkommensbezogenen Maßnahmen

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz, das wir heute verabschieden, ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einer fairen Besteuerung von Unternehmen. Es wird als Vorläufer dazu beitragen, der aggressiven Steuergestaltung etlicher transnationaler Konzerne einen Riegel vorzuschieben.

Google, Amazon, Apple, Microsoft und viele andere Konzerne haben über Jahre hinweg ihre Steuerzahlungen zum Wohle der eigenen Bilanz kleingerechnet. Sie haben sich damit gegenüber anderen Marktteilnehmern, vor allem gegenüber kleinen und mittelständischen Firmen, einen unfairen Vorteil gesichert. Meine Damen und Herren, diese Praxis muss beendet werden. Sie widerspricht allen Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, die den fairen Leistungswettbewerb als Grundprinzip beinhaltet.

Es ist deshalb zu begrüßen, dass sich G 20 und OECD auf einen Maßnahmenkatalog mit insgesamt 15 Aktionsfeldern gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen, kurz BEPS genannt, verständigt haben. Deutschland hat unter Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Zustandekommen dieses Katalogs maßgeblich mitgewirkt. Wir haben in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen gegen Steuergestaltung, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung ergriffen und damit nach meiner Ansicht viel erreicht.

Heute, meine Damen und Herren, geht es darum, mit der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf einen weiteren Schritt hin zu einer fairen Unternehmensbesteuerung zu gehen. Es geht darum, ein einfacheres Verfahren für die Änderung von Doppelbesteuerungsabkommen zu installieren. Jedes dieser Abkommen einzeln zu überarbeiten, wäre wegen der Vielzahl sehr zeitaufwendig und sicher nicht zielführend. Deshalb wurde das neue Instrument einer Modifikation bilateraler Steuerabkommen durch ein mehrseitiges Übereinkommen entwickelt.

Meine Damen und Herren, uns muss aber auch klar sein, dass es mit solchen richtigen Schritten allein nicht getan ist. Wenn Deutschland auf Dauer konkurrenzfähig bleiben will, braucht unser Land auch ein international wettbewerbsfähiges Unternehmensteuerrecht. Und darum geht es: Unsere Kapitalgesellschaften sind mit über 30 Prozent plus Soli belastet; der Durchschnitt in der Europäischen Union liegt bei unter 22 Prozent. Noch problematischer sind die Personengesellschaften dran. Deshalb wird dringlich eine rechtsformneutralere Form der Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften als Beitrag zu mehr Chancengleichheit am Markt benötigt.

(Beifall des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])

Dazu gehört eine Reform der Hinzurechnungsbesteuerung. Da werden Kosten besteuert. Für eine Reduzierung des Zinssatzes für Steuernachzahlungen müsste eine Lösung gefunden werden. Ein durchgreifender Bürokratieabbau wäre ebenfalls sicher dringlich,

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Finanztransaktionsteuer wäre auch gut!)

damit Unternehmen mehr Freiräume bekommen für Investitionen, für innovative Ideen, für Forschung, für Entwicklung, für neue Technologien und natürlich für neue Arbeitsplätze. Nur so entstehen neue Arbeitsplätze: indem diese Freiräume im Steuerrecht geschaffen werden, meine Damen und Herren.

Zu dem, was ich hier vom Kollegen Kekeritz von den Grünen gehört habe, kann ich Ihnen als Entwicklungshilfepolitiker nur sagen: Das, was Sie vorhaben, ist ein Anschlag auf den Wirtschaftsstandort Deutschland.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)

Wenn Sie die Wirtschaft in Deutschland nicht stärken, werden Sie auch keine Finanzmittel für die Entwicklungshilfe in Drittstaaten geben können. Ohne dass die deutsche Wirtschaft stark bleibt, ist die Entwicklungshilfe nicht möglich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Da muss man sich aber auch an Menschenrechte halten!)

Deswegen ist das völlig falsch, was Sie hier darstellen.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gleiche haben Sie beim Lieferkettengesetz auch gesagt!)

– Ja, meine Damen und Herren, Sie können Ihre Ideologie haben, wie Sie wollen. Eins und eins ist zwei und nicht drei und nicht fünf und nicht sonst etwas. Sie müssen ganz klar sehen, dass hier die Grundlagen für unseren Wirtschaftsstandort nicht vernachlässigt werden können.

Ich habe an unseren Koalitionspartner die Bitte: Lassen Sie sich davon überzeugen, dass der Soli für Kapitalgesellschaften falsch ist, dass es diese Modernisierung des Unternehmensteuerrechts geben muss. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass dies letzten Endes doch noch stattfindet. Wir werden nicht nachgeben, weil es dringlich ist – für die Arbeitsplätze, für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)