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Christian Haase

Christian Haase: Die Länder müssen ihre finanzielle Verantwortung wahrnehmen

Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2021 (Haushaltsgesetz 2021)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen haben wir viel über die Ausgestaltung des Weihnachtsfestes gesprochen. Nun steht der dritte Advent bevor, und das Fest der Geburt Christi, der Liebe und der Familie rückt näher. Dieses Jahr werden wir das Fest allerdings in gemeinsamer Verantwortung anders feiern. Wenn ich an die Weihnachtsfeste der Vergangenheit zurückdenke: Da versammelt sich die Familie, da versammeln sich Jung und Alt. Weihnachten ist das Fest der Generationen. Meist finden die kleinsten Familienmitglieder in den ältesten die größten Fans. Alles jubelt und trubelt im Wohnzimmer um den Weihnachtsbaum, und unter dem Baum steht die Krippe mit Ochs und Herdenschutzesel.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war gut! – Thomas Ehrhorn [AfD]: Ist das peinlich!)

Meine Damen und Herren, was hat das mit Haushaltspolitik zu tun? Eine ganze Menge, meine ich. Denn wenn wir als Eltern oder Großeltern, die wir hier im Parlament Verantwortung übernehmen, unseren Job ernst nehmen, dann muss uns genau dieses Bild der Generationen Ansporn und Verpflichtung für eine solide und generationengerechte Haushaltspolitik sein.

Es ist richtig, dass wir in dieser Zeit mit den Coronahilfen zu unseren Selbstständigen und deren Arbeitnehmern stehen. Wir wollen nach der Coronawelle keine Pleitewelle. Aber ich sage auch: Die Coronahilfen können in der bisherigen Form nicht ewig so weitergehen. Was im November und Dezember gerade noch vertretbar ist, können wir nicht unbegrenzt fortsetzen. Wir müssen zielgenauer werden – und das in gemeinsamer Verantwortung mit den Ländern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Debatte brauchen wir jetzt und nicht erst im neuen Jahr. Sonntag ist da vielleicht eine gute Gelegenheit, Herr Finanzminister.

Meine Damen und Herren, dem guten Wirtschaften der unionsgeführten Bundesregierung haben wir die Spielräume für solidarische Hilfen zu verdanken. Deshalb ist eine Lehre der Krise, dass die Einführung der Schuldenbremse richtig war.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Linken Forderungen, die Schuldenbremse jetzt abzuschaffen, wo sie sich doch gerade bewährt, erteilen wir eine klare Absage.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Schade eigentlich!)

Wir wollen möglichst schnell diesen Ausnahmefall beenden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir wollen Investitionen ins Gemeinwohl! – Peter Boehringer [AfD]: Deshalb haben Sie ihn zum dritten Mal verlängert!)

Denken wir daran: In der Summe lasten wir den nächsten Generationen mit diesem Haushalt einen bedrohlichen Schuldenberg auf. Wir müssen schon jetzt an diejenigen denken, die diese Schulden wieder zurückzahlen müssen.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja!)

Wir sollten uns keine Illusionen machen. Der Druck zur Haushaltskonsolidierung wird in den nächsten Jahren gewaltig sein.

(Otto Fricke [FDP]: Ja!)

Die Tilgung der Neuverschuldung 2021 in Höhe von 180 Milliarden Euro soll über 17 Jahre ab 2026 erfolgen, und das zusätzlich zu den außerordentlichen Schulden dieses Jahres. Im Klartext: Bis 2043 werden wir diese Schulden abstottern, und das mit zweistelligen Milliardenbeträgen jedes Jahr.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Bei Negativzinsen auf Staatsanleihen!)

Allerdings bedeutet Generationengerechtigkeit ja nicht, dass wir prinzipiell keine Schulden machen oder gar kein Geld mehr ausgeben.

(Otto Fricke [FDP]: So ist es!)

Es kommt darauf an, wofür wir das Geld im Bundeshaushalt ausgeben.

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Für Zukunftsaufgaben, für Forschung und Entwicklung und gute Infrastruktur –

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Davon sind wir weit entfernt!)

ja, dafür müssen wir Geld bereitstellen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach so!)

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind solche Zukunftsthemen. Als Berichterstatter für den Haushalt des Bundeslandwirtschaftsministeriums habe ich hier vor allem den Wald im Blick.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Aha!)

Der Wald ist ein Schlüsselfaktor in unserer Klimapolitik. Allerdings haben Dürre, Sturm und Schädlinge den Wald in den letzten Jahren deutlich geschädigt.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Und Windräder!)

Umso wichtiger sind unsere Förderprogramme für den Wald, etwa in der GAK. Die starke Nachfrage zeigt, wie groß die Not an dieser Stelle ist. Im parlamentarischen Verfahren haben wir die Mittel für die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe und den Waldklimafonds daher erhöht.

Ich unterstütze auch die Forderung, dem Wald aus der CO2-Abgabe eine Prämie zu gewähren. Denn der deutsche Wald speichert jährlich 58 Millionen Tonnen CO2. Dazu kommen positive Substitutionseffekte in gleicher Höhe durch die Nutzung von Holz als Energieträger oder im Holzbau. Diese Klimaleistung des Waldes müssen wir anerkennen, meine Damen und Herren.

(Beifall der Abg. Dr. André Berghegger [CDU/CSU] und Carina Konrad [FDP])

Daneben stehen auch große Fortschritte beim Zukunftsthema schlechthin, der Digitalisierung, an. Das zieht sich durch alle Haushaltspläne des Bundeshaushalts: Digitale Schiene Deutschland, DigitalPakt Schule, digitale Experimentierfelder in der Landwirtschaft,

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Genial!)

Förderung von Quantencomputing und künstlicher Intelligenz.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Hauptsache nicht Rechtschreibung und Mathe!)

Wo heute noch der Herdenschutzesel seinen harten Dienst verrichtet, vertreibt morgen schon ein Roboter hungrige Wölfe.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ein Roboter also!)

All das ist gut und richtig. Nicht bei den Investitionen in die Zukunft, sondern bei den konsumtiven Ausgaben müssen wir genauer hinschauen.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: So, so!)

Denn der demografische Wandel wirft seine Schatten voraus. Immer weniger Erwerbstätige kommen auf einen Rentenbezieher. Immer höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt dienen der Deckung der sozialen Sicherungssysteme.

Die Wirtschaftsweisen machen uns immer wieder auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen aufmerksam. Auch die Tragfähigkeitsberichte des Bundes selbst zeigen uns hier steigenden Handlungsbedarf. Die aktuellen Berichte weisen eine Tragfähigkeitslücke von bis zu 3,8 Prozent des BIP auf. Die nächste Legislaturperiode muss daher von einer Haushaltskonsolidierung geprägt sein,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Durch mehr Einnahmen, nicht durch weniger Ausgaben!)

nachdem wir die Pandemie hoffentlich überstanden haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Ausgabenkritik ist angesagt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein!)

Und wenn uns der Bundesrechnungshof mahnt, der Bund müsse sich stärker auf die eigenen Aufgaben konzentrieren, dann ist das richtig. Der Bund kann nicht weiter Ausfallbürge für Versäumnisse der Länder sein, zum Beispiel bei der Kommunalfinanzierung. Mit Spannung erwarte ich das Urteil des Verfassungsgerichtshofes am 16. Dezember zu den Fehlentwicklungen in Rheinland-Pfalz.

Der Bund muss sich gerade in dieser Frage keine Vorwürfe machen. Im Bundeshaushalt 2021 stehen rund 65 Milliarden Euro mit direktem oder indirektem kommunalen Bezug zur Verfügung, 5,5 Milliarden Euro mehr als im Haushaltsjahr 2020 und über 22 Milliarden Euro mehr als 2019. Mit dem Coronakommunalpaket im Sommer haben wir gezeigt: Wir stehen auch in Krisenzeiten an der Seite der Kommunen. Kostenübernahmen bei der Grundsicherung im Alter oder den Kosten der Unterkunft entlasten Kommunalhaushalte strukturell, langfristig und nachhaltig.

Meine Damen und Herren, das Haushaltsjahr 2021 wird leider nicht besser für die Kommunen. Durch den Teil-Lockdown sind weitere Steuerausfälle zu erwarten. Aber ich will es wiederholen: Die Länder müssen hier ihre finanzielle Verantwortung wahrnehmen. Der Anspruch auf eine auskömmliche kommunale Mindestausstattung in Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz ist keine Prosa, sondern Rechtsanspruch.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])

Liebe Eltern, liebe Großeltern, liebe Tanten und Onkel, liebe Enkelkinder, Nichten und Neffen, erlauben Sie mir zum Abschluss dieser Haushaltswoche noch einen persönlichen Impuls. Unsere Politik muss vom christlichen Menschenbild geleitet sein. Daher sind solide Staatsfinanzen gelebte Generationengerechtigkeit. Lassen Sie uns doch dieses Weihnachtsfest, das ganz anders sein wird als alle anderen zuvor, einmal als Chance begreifen. Lassen Sie uns aus der Not eine Tugend machen. Lassen Sie uns im kleinsten Kreis, so wie damals in Bethlehem an der Krippe, feiern – nur der kleinste Kreis, das Herz der Familie. Weihnachten ist eigentlich kein Fest von Glanz und Gloria. Es ist ein besinnliches Fest. Erinnern wir uns daran!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])