Skip to main content

Carsten Körber: Eine Pandemie lässt sich nur im globalen Maßstab bekämpfen

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Epl. 23)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kürzlich hat die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort „Corona-Pandemie“ zum Wort des Jahres gekürt. Das ist keine Überraschung. Wir alle wissen, womit sich die Menschen in diesem Jahr und folglich auch wir hier im Parlament maßgeblich beschäftigen mussten. In Österreich ist übrigens das Wort „Babyelefant“ das Wort des Jahres. Bei unseren österreichischen Freunden ist „1 Babyelefant“ die Maßeinheit für den Abstand, den es in Coronazeiten einzuhalten gilt. Schließlich weiß ja jedes Kind, wie groß ein Babyelefant ist.

(Sonja Amalie Steffen [SPD]: Finde ich auch süß!)

Wegen Corona ist der in dieser Woche hier im Parlament zu verabschiedende Haushalt bereits der dritte in diesem Jahr. Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird im nächsten Jahr auf Rekordniveau durchgeschrieben: Über 12,4 Milliarden Euro stehen für die Entwicklungszusammenarbeit im nächsten Jahr bereit.

Worin unterscheiden sich jetzt die beiden Etats 2020 und 2021, sind sie doch in ihren Volumina fast identisch? Wir verschieben die Schwerpunkte: von unmittelbarer Krisenhilfe, etwa im Gesundheitsbereich, hin zu langfristigen Stabilisierungsmaßnahmen wie der Abfederung sozialer und ökonomischer Folgen der Pandemie. In diesem Jahr musste es zunächst das Ziel sein, eine schnelle, kurzfristige Hilfe vor Ort zu leisten, und das geht am besten multilateral. Im kommenden Jahr aber wird es zunehmend darum gehen, in einen längerfristigen Hilfsansatz zu kommen, und dafür eignet sich die bilaterale Zusammenarbeit am besten. Diese haben wir im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestärkt.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie auch die letzten acht Jahre!)

Die Bedarfe in den Entwicklungsländern sind ohnehin immens, und sie sind durch die Pandemie noch größer geworden.

Ja, wir machen in diesem und im nächsten Jahr in gewaltigen Größenordnungen neue Schulden. Diese beiden Haushalte zusammengenommen, geben wir circa 1 Billion Euro aus; das sind 1 000 Milliarden oder 1 Million Millionen. Davon sind ungefähr 400 Milliarden Euro kreditfinanziert; das sind 40 Prozent. Als Haushälter macht man da natürlich keine Freudensprünge. Doch angesichts der immensen Herausforderungen ist dies angemessen und nötig. Nichts zu tun, wäre teurer. Dank unserer soliden Politik der schwarzen Null in den vergangenen Jahren sind wir in dieser Krisensituation in der Lage, dies auch verantworten zu können.

Es ist der Weisheit unseres Grundgesetzes zu verdanken, dass es uns bereits in dem Moment, in dem wir neue Schulden aufnehmen, dazu verpflichtet, gleichzeitig einen Tilgungsplan zu beschließen.

(Zuruf von der AfD: Nein, das tut es nicht!)

Denn das erinnert uns daran, dass das, was in dieser besonderen Situation angemessen und nötig ist, in einer normalen Situation nicht der richtige Weg sein kann.

(Zuruf von der AfD: Wir sind in dieser Situation schon seit Jahrzehnten!)

Auf folgende Schwerpunkte der diesjährigen Haushaltsberatungen möchte ich hinweisen: Der IFAD, der Internationale Fonds für Landwirtschaftliche Entwicklung, setzt sich auch sehr stark für den weltweiten Klimaschutz ein. Das haben wir mit einem deutlichen Mittelaufwuchs anerkannt. Auf unsere Initiative hin wird der IFAD, beginnend mit dem nächsten Jahr, ein großes Projekt zum Schutz des Regenwaldes in Brasilien durchführen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch die Wirtschaft ist im EZ-Kontext ein wichtiger Akteur. Wir stärken das hervorragende Engagement unserer Wirtschaft. Lassen Sie mich hier vor allem die Coalition for Health erwähnen. Sie hat sich die Verbesserung der Gesundheitssysteme in afrikanischen Ländern auf die Fahnen geschrieben: ein Ziel, das wir gerne unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ein weiteres Thema stand in den Beratungen oft im Fokus: Wir müssen Vorsorge treffen, um unsere Partner im globalen Süden beim Kauf des Coronaimpfstoffs unterstützen zu können; denn wenn wir Corona besiegen wollen, dann reicht es nicht, wenn wir nur in den entwickelten Ländern impfen. Eine Pandemie lässt sich nur im globalen Maßstab bekämpfen oder gar nicht.

Vielfach wurde an uns Haushälter die Forderung herangetragen, im Etat dafür Vorsorge zu treffen, indem wir ihn um 150 Millionen Euro erhöhen. Das ist eine enorme Summe Geld, keine Frage. Aber uns war immer klar: Wenn dann mal der Impfstoff wirklich da ist, dann werden wir viel mehr als diese 150 Millionen Euro brauchen, wenn wir unsere Partner wirksam unterstützen wollen; und das ist ja unsere feste Absicht. Deshalb haben wir uns im Haushaltsausschuss für einen anderen Weg entschieden: Im Einzelplan 60 – Allgemeine Finanzverwaltung – wurde der Titel „… Bewältigung der COVID-19-Pandemie“ geschaffen. Auf diesen Titel hat auch das BMZ Zugriff, wenn es gilt, Staaten in Afrika und anderswo mit dem Impfstoff zu versorgen. Die Mittel für diesen Titel haben wir in der Bereinigungssitzung von 5 auf 35 Milliarden Euro erhöht, also insgesamt um den Faktor 7. Hier besteht nun wirklich eine Vorsorge, die den Erfordernissen der Lage gerecht wird.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Der BMZ-Etat hat sich in den vergangenen sieben Jahren fast verdoppelt. Diese Entwicklung ist ganz unbestritten auch das persönliche Verdienst von Minister Müller.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese große Leistung hat er vollbracht mit seinem unermüdlichen und überaus leidenschaftlichen Einsatz. Dabei – das ist ja ein offenes Geheimnis – hat er es auch der eigenen Fraktion nicht immer ganz leicht gemacht. Aber Minister Müller ist unbestritten ein leidenschaftlicher und großer Streiter, der sich mit Herzblut für die Sache einsetzt; und das gilt es an dieser Stelle ausdrücklich anzuerkennen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrter Herr Minister Müller, lieber Gerd, ich weiß, auch ich habe es dir nicht immer ganz leicht gemacht; aber das gehört zum Teil auch zur Verantwortung eines Haushälters.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)

Wir haben nun den letzten regulären Haushalt der laufenden Wahlperiode zu beschließen. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Minister, und natürlich auch bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihres Hauses für die sehr gute, intensive und stets professionelle Zusammenarbeit. Es war eine spannende Zeit.

Mein Dank geht zugleich an meine Mitberichterstatterinnen und Mitberichterstatter für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Von denen haben bereits drei erklärt, dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören zu wollen. Liebe Anja Hajduk, lieber Michael Leutert, ich habe die Zusammenarbeit mit euch, auch wenn wir naturgemäß nicht in allen Punkten immer einer Meinung waren, menschlich als höchst anständig empfunden, und es war mir eine Freude, mit euch zusammenzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Sonja Steffen, mein ganz spezieller Dank gilt dir als meiner Koalitionsmitberichterstatterin; unser gemeinsames Wirken war mir stets ein Fest.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)