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Carsten Körber

Carsten Körber: Dieser Etat ist etwas ganz Besonderes

Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 23 - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Müller, der neue Entwurf Ihres Einzelplanes kann sich wirklich sehen lassen. 900 Millionen Euro Aufwuchs! Das ist nominal der viertgrößte im gesamten Bundeshaushalt. Das sind gut 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr; das hatten wir an dieser Stelle schon verschiedentlich gehört. Dieser Etat ist etwas ganz Besonderes, und zwar nicht allein aus diesem Grund. Er ist etwas ganz Besonderes, weil er die größer gewordene internationale Verantwortung, die Deutschland in der Welt trägt, ganz praktisch und konkret deutlich macht. Diese Verantwortung nehmen wir mit diesem Haushalt auch wahr.

Worum geht es aber überhaupt in diesem Etat? Oft habe ich diese Frage in den letzten Wochen gehört. Viele Diskussionen über die Entwicklungszusammenarbeit – auch die heutige Debatte – gehen noch heute von falschen Voraussetzungen aus. Es geht in diesem Etat nicht nur darum, einem anderen zu helfen. Nein, es geht um weit mehr. Es geht um internationale Zusammenarbeit mit 85 Partnerländern auf vier Kontinenten. Es geht um Entwicklung, gleichberechtigt und auf Augenhöhe. Es geht darum, andere Länder dabei zu unterstützen, Antworten auf die elementaren Herausforderungen der Menschheit zu entwickeln. Genau das liegt auch in unserem Interesse.

Die Flüchtlingskrise 2015 hat doch gezeigt, welche verheerenden Wirkungen es haben kann, wenn wir unseren internationalen Verpflichtungen nur unzureichend nachkommen. Im Sommer 2014 hatte das World Food Programme dringend um 350 Millionen Dollar geworben; sonst müsse man die Nahrungsmittelrationen für rund 4,2 Millionen Menschen in Syrien und Flüchtlinge in der Region einstellen oder zumindest deutlich kürzen. Ein Jahr später, im Sommer 2015, wiederholte sich das. Dieses Mal fehlten lediglich 140 Millionen Dollar. Dann setzten sich viele Menschen in Richtung Europa in Bewegung. Sicher, die gekürzten oder gestrichenen Rationen waren nicht der Auslöser der Flüchtlingskrise. Aber sie waren für viele der letzte Anstoß. Hätten wir damals alle unsere internationalen Verpflichtungen erfüllt und unsere Beiträge geleistet, dann wäre uns so manches erspart geblieben, höchstwahrscheinlich auch die AfD.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist die Hauptsache für euch! Entwicklungshilfe gegen die AfD, das könnte euch so passen!)

Wie Sie sehen, sind die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit gut angelegt. Dann müssten wir uns in diesem Hause auch solche kruden Thesen wie diese nicht anhören: Wir müssen möglichst viele Flüchtlinge schon allein deshalb abschieben, weil sie in Afrika nur circa 10 Prozent des CO2 produzieren, das sie hier in Deutschland produzieren; anderenfalls wird der Klimawandel beschleunigt. – Das hat der Kollege Kraft von der AfD hier in diesem Haus am 18. Januar in einer Debatte über den Klimaschutz ausgeführt. Dabei verleugnen Sie häufig den Klimawandel. Sie sagen das, was Ihnen gerade passt.

Deutschland ist international ein anerkannter und angesehener Partner, nicht nur, weil wir nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Geldgeber bei den Entwicklungsleistungen sind. Wir sind es nicht nur, weil wir mehr Geld geben als andere, sondern auch, weil wir mit der KfW und der GIZ über eine Expertise verfügen, die international ihresgleichen sucht. Wir haben schon in vielen Debatten darüber gesprochen, dass sich die internationalen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren und leider auch in den letzten Monaten grundlegend verändert haben. Natürlich müssen wir uns langfristig mit unserer Entwicklungszusammenarbeit darauf einstellen. Wohin wollen wir in den nächsten Jahren? Auch das wurde bereits angesprochen. Wir wollen mittelfristig 25 Prozent des Etats für Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen bereitstellen; denn Bildung ist der Schlüssel für eine positive Entwicklung in der Zukunft und zwingende Voraussetzung für ein selbsttragendes Wachstum.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Körber, Herr Nolte möchte eine Zwischenfrage stellen oder eine Zwischenbemerkung machen. Lassen Sie diese zu?

Carsten Körber (CDU/CSU):

Nein, diese lasse ich nicht zu. – Weiterhin werden wir bei Energieprojekten, etwa in Afrika oder in Indien, von Anfang an auf erneuerbare Energien setzen, um die Menschen dort direkt an den neuesten Technologien teilhaben zu lassen.

Wir sind uns natürlich der Tatsache bewusst, dass selbst ein noch so großer Etat des BMZ auch nicht ansatzweise in der Lage sein wird, die Probleme dieser Welt zu lösen. Deshalb – das ist für mich ein ganz entscheidender Punkt – leiten wir nichts anderes als einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit ein. Wir wollen die Wirtschaft und auch private Investoren so eng wie möglich einbinden und schaffen dafür ein Entwicklungsinvestitionsförderungsgesetz. Damit wollen wir künftig so viele private Investitionen wie möglich in der EZ verstärken und damit letzten Endes auch die staatlichen Mittel hebeln.

Wir haben viel erreicht, aber es gibt noch sehr viel zu tun. Lassen Sie uns damit beginnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)