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Axel E. Fischer: Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wollen wir dem absehbar größeren zukünftigen Fachkräftemangel begegnen

Rede zum Einzelplan 11 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Michael Groß, ich widerspreche dir ungern, aber das ist kein sozialdemokratischer Haushalt, sondern ein Haushalt unserer Koalition, und es ist in Summe ein Haushalt, über den sich zu diskutieren lohnt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie du zu Recht betont hast und wie viele Redner schon gesagt haben, ist der Einzelplan 11, über den wir heute diskutieren, der mit Abstand größte Einzelplan im Gesamthaushalt: 148,56 Milliarden  Euro  sind  geplant, 3,3 Milliarden Euro mehr als im letzten Jahr.

Ich möchte kurz auf wenige Punkte eingehen. Zunächst zur Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesregierung schlägt vor, 37 Milliarden Euro dafür zu veranschlagen. Das ist 1 Milliarde weniger als im Vorjahr.

(Otto Fricke [FDP]: Dabei wird es nicht bleiben!)

Das bildet die gute wirtschaftliche Entwicklung ab, die wir die letzten Jahre hatten. Auch Einsparungen waren möglich: 20,2 Milliarden Euro beim Arbeitslosengeld II – das sind 400 Millionen Euro weniger als im Vorjahr –; 6,2 Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft und Heizung – 500 Millionen Euro weniger als im Vorjahr –; für den Eingliederungstitel sind 10,1 Milliarden Euro vorgesehen. Das trägt den großen Anforderungen Rechnung, die an die Vermittlung und Qualifizierung von Arbeitskräften gestellt werden.

Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Entwicklung – auch das war heute schon Thema und ist die Woche über mehrfach festgestellt worden – verläuft derzeit aufgrund vielfältiger Einflüsse nicht so, wie wir uns das wünschen. Peter Weiß hat schon einige Einflüsse genannt: Brexit, Handelskriege, Steuerund Abgabenlast, Fachkräftemangel, nachlassende Konjunktur, Verschuldung, Überregulierung. Deshalb hat die Konjunktur spürbar nachgelassen. Unsere Unternehmer schauen skeptischer in die Zukunft, und am Finanzmarkt entfesseln sich erhebliche Abwärtsrisiken. Auch die Arbeitslosigkeit hat sich leicht erhöht. Es ist aber noch nicht ganz klar, ob es sich um einen Wendepunkt handelt oder um eine kurzfristige konjunkturelle Eintrübung. Vieles spricht allerdings für eine weitere Abwärtsbewegung nicht nur bei der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch am Arbeitsmarkt. Doch wir sind gerüstet; die Vorredner haben schon darauf hingewiesen. In zwei Monaten, wenn die Verabschiedung des Bundeshaushalts ansteht, werden wir dank Herbstprognosen deutlich mehr über die Entwicklung wissen.

Meine Damen und Herren, wieder größter Ausgabenposten des Bundeshaushalts ist der Bereich Rente. Man sieht: Die ältere Generation liegt uns am Herzen. Ein ganz wichtiger Satz, den man nicht oft genug wiederholen kann: Rente ist Lohn für Lebensleistung. Das sollten  wir immer wieder deutlich machen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ohne Bedürftigkeitsprüfung!)

Die dynamisch steigenden Ausgaben in Höhe von jetzt 109,56 Milliarden Euro, also knapp 110 Milliarden Euro, sind der Hauptgrund für den Aufwuchs des Einzelplans 11. Der Löwenanteil davon, 101,77 Milliarden Euro, fließt an die Rentenversicherung. Das sind 3,76 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. 7,7 Milliarden Euro sind vorgesehen für die Grundsicherung im Alter; das sind 600 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die Zukunftsperspektiven sind auch ohne zusätzliche Leistungen, wie eine Grundrente und Ähnliches, bereits jetzt sehr dynamisch.

Meine Damen und Herren, in dieser Woche wurde viel über Zuwanderung, insbesondere von Flüchtlingen und Scheinflüchtlingen, und vor allem deren unerwünschte Folgen diskutiert. Weniger wurde jedoch über die Herausforderungen gesprochen, denen wir gegenüberstehen. Denn wenn wir überhaupt etwas erreichen wollen, müssen wir die Zuwanderung von Fachkräften weiter erfolgreich vorantreiben. Nicht zuletzt auch deshalb nehmen wir für die Integration in den Arbeitsmarkt Millionen Euro in die Hand.

In den Veranschlagungen zu den Integrationskosten und zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung sind im Entwurf zum Bundeshaushalt 2020 allein für die Sprachausbildung von Migranten gut 1 Milliarde Euro vorgesehen. Hinzu kommen Mittel zur Integration in den Arbeitsmarkt. Mit all diesen Mitteln eröffnen wir den Migranten eine Perspektive, die bereit sind, am Arbeitsmarkt teilzunehmen und sich in die Gesellschaft zu integrieren.

Interesse ist bei vielen Zuwanderern offensichtlich vorhanden; immerhin arbeiten rund ein Drittel der aus kriegs- und krisenähnlichen Gebieten stammenden Menschen. Das sind mehr, als uns vor Jahren noch prognostiziert wurde. Sie sehen: Das Modell zum In-Arbeit-Bringen ist erfolgreich. Die Bundesagentur für Arbeit hat in den letzten Jahren mit Herrn Weise an der Spitze die richtige Richtung eingeschlagen und geeignete Maßnahmen eingeleitet, die jetzt mit der erfolgreichen Umsetzung und Weiterentwicklung unter Herrn Scheele deutliche Erfolge zeigen.

Dieser Tage erreichte mich die Nachricht, dass Integrationsförderung für Frauen in der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg intensiviert wird. Das erscheint sinnvoll; denn Frauen haben nach vorliegenden Erkenntnissen erheblich größere Integrationsprobleme als zugewanderte Männer. Die Bundesagentur für Arbeit ist nach ersten Notmaßnahmen, die sie 2015/2016 eingeleitet hat, nun also erfolgreich dabei, ein funktionierendes Integrationssystem zu etablieren, das jetzt noch verfeinert und im Feintuning auf die vorhandenen Bedürfnisse und Bedarfe richtig zugeschnitten wird.

Als Gesetzgeber haben wir im Juni – es wurde mehrfach angesprochen – das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zur Gewinnung geeigneter Fachkräfte verabschiedet. Damit wollen wir dem absehbar größeren zukünftigen Fachkräftemangel begegnen.

Ein bereits heute brennendes Problem ist der Mangel an Pflegekräften. Doch Hoffnung auf Besserung der Situation macht mir die weltweite Ausdehnung der Suche nach Pflegekräften. Zum Beispiel war Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor Kurzem in Mexiko und   hat sich um dieses Thema intensiv gekümmert.

Ich hoffe ebenso wie der Kollege Michael Groß, dass die Bundesagentur für Arbeit zusammen mit der GIZ und ihrem noch jungen Programm „Triple Win“, das eine faire Arbeitsmigration unter staatlicher Aufsicht ermöglichen soll, erfolgreich sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Damit kann dringend benötigten Arbeitskräften – nicht nur im Pflegebereich – eine Arbeits- und Lebensperspektive in Deutschland eröffnet werden.

Meine Damen und Herren, langfristig mindestens genauso wichtig wie die Zuwanderung aus dem Ausland ist die Qualifikation der hiesigen Kinder und Jugendlichen. Dazu zählt in erster Linie und nicht nur bei Kindern mit Migrationshintergrund das Erlernen der deutschen Sprache für deren sicheren Gebrauch. Bayerns Ministerpräsident Söder hat Integrationsklassen eingerichtet, damit Kinder später dem Unterricht folgen und die Inhalte überhaupt verstehen können. Dort gibt es in einzelnen Städten auch attraktive Sprachangebote für Kleinkinder und deren Mütter von kommunaler Seite aus.

Leider gibt es andere Bundesländer, die es auch vier Jahre nach der großen Zuwanderungswelle nicht geschafft haben, die entsprechenden Sprachfördermöglichkeiten einzurichten. Dies mag teilweise daran liegen, dass Kommunen mit hohem Migrationsanteil, wie etwa im Ruhrgebiet, finanziell aus dem letzten Loch pfeifen. Zentral ist jedoch, dass es genau diese Kinder sind, die in 10, 12, 15 Jahren in unseren Arbeitsmarkt eintreten und dann über Jahrzehnte hinweg Leistungen erbringen sollen.

Meine Damen und Herren, sicherlich sind diese Kinder mit Migrationshintergrund nicht alles Edelsteine oder Halbedelsteine. Aber es liegt im ureigenen  Interesse und in der Verantwortung der Länder, diese Steine zu schleifen, das heißt, diesen jungen Menschen eine Lebensperspektive in unserer Gesellschaft zu ermöglichen und ihnen Chancen für eine angemessene gesellschaftliche Teilhabe zu eröffnen.

Ich bin hoffnungsfroh, dass uns dies in der Zukunft gelingen wird. Ich freue mich vor diesem Hintergrund sehr auf die Beratungen des Bundeshaushaltes, die wir jetzt gemeinsam angehen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)