Skip to main content

Astrid Grotelüschen: "Wir haben viele Perspektiven und viele Chancen"

Rede zur Förderung von Unternehmensgründungen

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Mit den vorliegenden Anträgen rund um das Gründungsgeschehen debattieren wir ein für die Union zentrales Themenfeld, weil Unternehmensgründungen die Grundlage bilden bzw. die notwendigen Impulse setzen, um mit Innovationskraft und Leistungsstärke unsere Wirtschaft zukunftsfest zu machen, gute Rahmenbedingungen für Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen und damit Wohlstand zu schaffen. Genau das ist unser Ziel; dafür arbeiten wir.

(Beifall der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])

Wenn wir uns den Gründerstandort Deutschland anschauen, dann müssen wir leider feststellen, dass die Zahl derer, die sich für die Selbstständigkeit entscheiden, im letzten Jahrzehnt gesunken ist, sich jedoch in diesem Jahr stabilisiert hat. Ich hoffe, dass dies ein erstes Signal ist; denn generell müssen wir natürlich eine positive Kehrtwende erreichen.

Vorab: In der Diskussion um die wichtigsten Weichenstellungen ist mir eine Aussage besonders wichtig; deshalb möchte ich sie an dieser Stelle ansprechen. Uns als Union geht es um die Gleichwertigkeit: auf der einen Seite Start-ups, die wachstumsorientiert am Markt noch nicht etabliert sind und mit geringem Startkapital gegründet wurden, auf der anderen Seite Unternehmen, die auf eine lange Tradition zurückschauen, oft auch in Familienhand sind und die sich seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten erfolgreich am Markt behaupten. Ob Neugründer oder Nachfolger oder vielleicht eine Kombination von beidem: Wir brauchen Menschen, die mit Mut und Kreativität den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Auf diesem Weg werden wir als Union weiterhin gut und umfassend begleiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Über welche Weichenstellungen bzw. Rahmenbedingungen reden wir? Die Antworten sind sehr vielschichtig; ich schaffe es in den sieben Minuten meiner Redezeit nicht, auf alle einzugehen. Deshalb konzentriere ich mich auf zwei Punkte: erstens auf die Finanzierung bzw. die Rahmenbedingungen für Start-ups generell sowie die Verbesserung von Unternehmen in der Wachstumsphase – diese Aspekte sind ja auch von Ihnen angesprochen worden – und zweitens darauf, dass wir mehr Gründungen nur dann erreichen, wenn wir das sogenannte Mindset erreichen und offene Denkweisen fördern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausgangssituation von Start-ups ist bekannt. Nach der Gründung und den ersten Jahren kommt es vor allen Dingen in der Wachstumsphase nochmals zu einem erhöhten Kapitalbedarf, den es zu decken gilt. Generell ist es aber so – auch das hat die Kollegin der FDP gerade angesprochen –, dass die Investitionen in deutsche Start-ups mit einer Summe von 4,59 Milliarden Euro in 2018 um ein Zehnfaches unter dem Invest in den Vereinigten Staaten lag. Das heißt, wir brauchen hier eine Verbesserung. Um dies zu erreichen, muss es staatliche Anreize zur Begleitung geben und zudem – das ist natürlich sehr wichtig – die Generierung von mehr privatem Kapital.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die KfW. Hier haben wir in den letzten Jahren gute Instrumente installiert und auch weiterentwickelt, und wir gehen auch mit der Ausgründung der KfW Capital bewusst neue Wege, um genau diese Ziele zu erreichen. So soll sich bis 2020 das bisherige Investitionsvolumen im Venturecapital-Fonds und Venture-Debt-Fonds jährlich auf 200 Millionen Euro verdoppeln. Allein seit ihrem operativen Start im Oktober 2018 konnte die KfW Capital sechs Beteiligungen an Venturecapital-Fonds mit einem Volumen von 88,4 Millionen Euro eingehen. Ich habe das in der vergangenen Legislaturperiode als Unterausschussvorsitzende begleitet. Ich glaube, dass uns mit dieser Ausgründung ein sehr guter Schritt nach vorne gelungen ist, den wir nutzen sollten und auf dem wir auch aufbauen sollten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich gibt es viele Programme. Ich kann sie in meiner Redezeit nicht alle im Detail vorstellen. Sie können sowohl in der Gründungsphase als auch in der Startphase relativ einfach genutzt werden. Für die Wachstums­phase stehen mit dem KfW-Unternehmerkredit oder der ERP-Innovationsfinanzierung größere Summen zur Verfügung. Hinzu kommt der Dachfonds, der sich mit durchschnittlich 20 Millionen Euro an Wagniskapitalfonds beteiligt und dessen Mittel wir in der letzten Wahlperiode um 1 Milliarde Euro auf 2,7 Milliarden Euro massiv aufgestockt haben.

Dass wir größere Tickets finanzieren wollen, ist ein wichtiges Thema. Es gibt Gespräche mit der Versicherungswirtschaft. Die Planungen hierfür sind in die Zielgerade eingebogen. Ich denke, dass wir mit der genannten Expertise hier ein Modell finden, das neben dem jetzt oft zitierten dänischen Modell dann als deutsches Modell hoffentlich auch Erfolg haben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum zweiten Punkt, dem besagten Mindset. Digitaler Wandel, sowohl im Lebensalltag als auch in der Arbeitswelt, muss offen und auch aktiv mitgestaltet und angenommen werden. Das kann nur gelingen, wenn uns ein „Umparken im Kopf“ gelingt – man gestatte mir, dass ich diesen Werbespruch nutze –, wenn wir unsere Denkweisen und auch unsere Mentalität neu aufstellen, wenn wir gesamtgesellschaftlich Gründungen, Selbstständigkeit, die schnelle Umsetzung von Ideen, das Scheitern und auch das Wiederaufstehen viel mehr mitdenken, wenn es selbstverständlich wird, das im Zusammenhang mit wirtschaftlichem Handeln zu sehen. Hier müssen wir viel früher ansetzen, zum Beispiel, indem wir schon in der Schulzeit Interesse wecken, damit wirtschaftliches Denken und auch Gründerkultur aufkeimen können.

Es gibt viele schöne Beispiele, auch bei mir im Wahlkreis: junge Unternehmen – ich habe letzte Woche das Unternehmen Ascora besucht –, die genau diese Netzwerke suchen und nutzen, die eine Seniorberatung, Reallabore oder auch das TGO an der Uni Oldenburg nutzen, damit sich Freiräume entwickeln können. Ich freue mich zudem, dass die Gründerplattform des BMWi bereits sehr erfolgreich angelaufen ist. Ich finde, die ist wirklich klasse. Sie wird gerade noch einmal aktualisiert. Hier können wir tatsächlich punkten. Besonders wichtig ist mir natürlich, dass wir auch Gruppen mobilisieren, zum Beispiel weniger Aktive wie Frauen. Die müssen wir einfach mehr unterstützen und deren wertvolle Potenziale nutzen. Das macht in meinem Landkreis seit Langem die Wirtschaftsförderung – das seit 25 Jahren sehr sichtbar – mit der ExistenzgründungsAgentur für Frauen, und das finde ich sehr gut.

Ich möchte zum Schluss kommen. Wir haben, denke ich, viele Perspektiven und viele Chancen, dieses neue, digitalere Denken mit der mittelständischen Mentalität, die ja eher auf Bestand, Stabilität und Erhalt programmiert ist, zu fusionieren. Ich bin fest davon überzeugt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn wir dies gemeinsam angehen, dann wird es uns nicht nur gelingen, für mehr Gründungen zu sorgen, mehr für Unternehmen in der Wachstumsphase zu erreichen, sondern auch, mit diesen Impulsen die deutsche Wirtschaft insgesamt in eine neue Wachstumsphase zu führen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)