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Antje Tillmann: "Wechselseitig mit Geduld und Nachsicht begegnen"

Rede zum Einführungsgesetz zur Abgabenordnung

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während einige Mitarbeiter gezwungenermaßen zu Hause bleiben und einige Unternehmen ihre Arbeit einstellen mussten, haben andere so viel zu tun, dass sie gar nicht wissen, welche Aufgabe sie zuerst erfüllen müssen. Die Steuerberaterinnen und Steuerberater und ihre Mitarbeiter gehören dazu. Schon in normalen Zeiten helfen sie Unternehmen bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten. Jetzt kommt die Coronasituation noch dazu. Wir haben aus gutem Grund vorgesehen, dass viele Programme über den Steuerberater zu beantragen sind, weil wir hoffen, dass damit die Bearbeitung sachgerechter und der Betrug weniger wird.

Steuerberaterinnen und Steuerberater mussten im September/Oktober entscheiden, ob sie die Steuererklärung ihrer Mandanten oder Coronahilfsanträge bearbeiten. Diese Situation war sehr schwierig für die Unternehmen, zumal auch Verspätungszuschläge und Zwangsgelder drohten und die Steuerberater damit in Haftung gehen müssen. Für beide, für Unternehmen und für Steuerberater, war das keine zufriedenstellende Situation. Ich gebe zu: Da empfand man die angebotene Fristverlängerung des Finanzministeriums um einen Monat schon ein bisschen als Hohn. Die Berater waren darüber auch zu Recht verärgert.

Deshalb bin ich froh, lieber Lothar Binding, dass es uns gelungen ist, jetzt eine ordentliche Fristverlängerung von sechs Monaten auf den Weg zu bringen mit einer Verlängerung der Karenzzeiten für den Zinslauf, weil damit sowohl die Anträge, von denen wir wollen, dass sie gestellt werden, für die Unternehmen erarbeitet werden können, als auch die Steuererklärungen 2019 dann noch fristgerecht abgegeben werden können.

Das vergangene Jahr war für beide, für Unternehmen und für Steuerberater, ein schwieriges. Die Umsatzsteuersenkung ist gerade schon angesprochen worden. Innerhalb kürzester Zeit haben wir Unternehmen aufgefordert, die Mehrwertsteuer zu senken und zum 31.12. wieder zu erhöhen. Ich weiß, dass das eine Zumutung war, und ich danke allen, die trotzdem dafür gesorgt haben, dass es geklappt hat. Aber auch da war natürlich das Beratungspotenzial ein erhebliches.

Lieber Herr Glaser, man kann hier ständig rumkritteln; aber diese 20 Milliarden Euro sind bei den Bürgerinnen und Bürgern angekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Albrecht Glaser [AfD]: Nein, sind sie nicht!)

Und selbst wenn sie nur beim Lebensmittelkauf angekommen sind, ist das Geld bei den Bürgerinnen und Bürgern angekommen, sonst hätte das im Haushalt keine Auswirkung gehabt. Das ifo-Institut hat die Auswirkungen auf die Wirtschaft geprüft, aber natürlich nicht den Geldbeutel der Hartz-IV-Familie, die selbstverständlich 3 Prozent weniger von ihren Bezügen gezahlt hat. Deshalb war diese Mehrwertsteuersenkung ein Erfolg.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Bei den Covidprogrammen – das gebe ich gerne zu – knirscht es an der einen oder anderen Stelle. Wir wollen die Hilfen möglichst schnell zur Verfügung stellen mit dem Ergebnis, dass manches auch im Nachhinein noch geklärt werden muss. Selbstverständlich hätten wir uns ein halbes Jahr Zeit nehmen können für alle Hilfen und hätten sie sehr gut austarieren können. Aber sie sollten schnell zur Verfügung gestellt werden. Leider müssen sie dann an der einen oder anderen Stelle nachgesteuert werden. Das ist ärgerlich; das tut mir auch leid. Dazu kommt, dass manchmal die Technik zusammenbricht oder die Hilfen in Dollar ausgezahlt werden. Das ist kein guter Zustand. Wir müssen da besser werden. Aber ich glaube, dieser Zustand wäre noch schwieriger, wenn die Unternehmen damit alleine stünden und nicht auf erfahrene Steuerberater zurückgreifen könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb ist auch aus diesem Grund die Fristverlängerung richtig.

Ich freue mich, dass mit dem heutigen Tag auch die Fristverlängerung für Antragsteller durch ist. Für die November- und Dezemberhilfen sowie für die Überbrückungshilfe II ist die Frist jetzt auf den 31. März dieses Jahres verschoben worden. Auch da gibt es ein bisschen Luft für die Bearbeitung. Auch da bin ich sicher, dass die Qualität sowohl der Anträge als auch der Bearbeitung in den nächsten Wochen steigt.

Ich weiß, liebe Länder, liebe Finanzbeamte, dass Sie dieses Gesetz nur mittragen, weil wir Sie darum gebeten haben. Die Finanzbeamten haben natürlich Sorge, dass dann im Sommer die Frist für die Steuererklärung 2019 mit den neu abzugebenden Steuererklärungen 2020 zusammenfällt und sie dann einen Antragsstau haben. Seien Sie gewiss, dass wir dann auch Ihnen den Rücken stärken, wenn es Beschwerden über Bearbeitungszeiten gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Zeiten sind schwer genug. Ich glaube, wir überstehen sie nur – Unternehmen, Politiker, Steuerberater, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer –, wenn wir uns wechselseitig mit Geduld und Nachsicht begegnen und wenn wir den einen oder anderen Fehler vielleicht auch mal geradebiegen oder Verständnis haben, wenn irgendwas nicht so schnell geht, wie wir es uns wünschen.

Wir als Politik sollten aufhören, uns zu streiten, und Lösungen finden. Das haben wir mit diesem Gesetzentwurf getan. Liebe Koalitionskollegen, ich hoffe, dass wir das weiter machen; denn das nächste Projekt ist die Sonderfristverlängerung bei der Umsatzsteuer für die Dauerfrist. Ich hoffe, dass wir das für die Unternehmen ähnlich schnell hinkriegen. Da steht am 15. Februar die nächste Zahlung an. Vielleicht schaffen wir es bis dahin, ein Gesetz zu schaffen, mit dem wir Unternehmerinnen und Unternehmer um diesen Betrag entlasten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)