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Andreas Jung: Wir dürfen nicht die künftigen Generationen belasten

Redebeitrag zu Nachhaltigkeit - Demokratie, starker Staat und Finanzen

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon gesagt worden: Der Begriff der Nachhaltigkeit ist gefährdet, für alles Mögliche missbraucht zu werden. Das haben wir gerade eben wieder erlebt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb will ich mit der allgemein anerkannten Definition des Nachhaltigkeitsbegriffes beginnen, den die Brundtland-Kommission entwickelt hat. Sie hat gesagt: Eine nachhaltige Entwicklung ist „eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ – gut für die Generation heute, aber eben nicht schlecht für die, die nach uns kommen.

Was heißt das für die Finanzpolitik? Was heißt das für nachhaltige Finanzen? Das ist mit einem ganz einfachen Grundsatz zu übersetzen: Wir müssen mit dem Geld, das wir haben, mit den Einnahmen, die uns zukommen, auskommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das gilt so für jede Familie, es gilt für jedes Unternehmen, und es gilt eben auch für den Staat. Diesen Grundsatz haben wir vor etwas über zehn Jahren auch im Grundgesetz niedergeschrieben: Das ist die Schuldenbremse. Diese Schuldenbremse gilt; die ist intelligent formuliert worden und umfasst eine Ausnahmemöglichkeit für außergewöhnliche Notsituationen. Von der mussten wir in diesem Jahr Gebrauch machen, und wir müssen von ihr im nächsten Jahr noch mal Gebrauch machen. Aber es ist eben die Ausnahme. Sie ist ja auch mit der klaren Regel verbunden, dass dazu ein Tilgungsplan gemacht werden muss. In diesem Tilgungsplan muss dargelegt werden, dass in angemessener Zeit diese Schulden zurückgezahlt werden, um eben nicht künftige Generationen zu belasten. Wir haben in diesem Jahr gesagt: Wir müssen diese Schulden in zwei Jahrzehnten zurückzahlen, in dieser Generation, und dabei muss es bleiben, auch wenn wir noch mal von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen. Wir dürfen nicht die künftigen Generationen belasten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Konstantin Kuhle [FDP])

Uns ist wichtig, dass es, wenn wir jetzt in einer Notsituation Schulden aufnehmen, trotzdem bei dem Grundsatz bleibt. Darüber führen wir eine Grundsatzdiskussion; das ist heute schon deutlich geworden. Wir müssen im Jahr 2022 zurück zur Schuldenbremse. Wir müssen zurück zu ausgeglichenen Haushalten. Für uns heißt das: Wir müssen so schnell wie möglich auch zurück zur schwarzen Null – aus Verantwortung für die künftigen Generationen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist nicht irgendeine Debatte, sondern es geht um unser Grundgesetz, wenn ich über die Schuldenbremse spreche. Das zwingt uns zu sehr konkreten Entscheidungen. Deshalb will ich an dieser Stelle ausdrücklich dafür plädieren, dass wir das, was wir für die Schuldenbremse, für einen Teilbereich der Nachhaltigkeit, und was wir für die natürlichen Lebensgrundlagen geregelt haben, für einen anderen Teilbereich der Nachhaltigkeit generell regeln: dass wir Nachhaltigkeit ins Grundgesetz schreiben und damit ein grundlegendes Strukturprinzip in unserer Verfassung verankern.

Ich möchte in Bezug auf nachhaltige Finanzen etwas Weiteres in den Mittelpunkt stellen. Es kommt darauf an, wie wir das Geld investieren. Wir haben hier eine klare Priorität, und die heißt Zukunftsinvestitionen. Wir haben ehrgeizige Klimaziele, und wir werden über die Anhebung der Klimaziele in der Europäischen Union diskutieren. Dies ist eine Diskussion, die wir offensiv und mit Offenheit führen. Aber es ist doch klar: Das muss umgesetzt werden. Dafür brauchen wir Innovationen. Dafür brauchen wir Investitionen. Deshalb brauchen wir genau diese Prioritäten im Bundeshaushalt. Wir werden sehr genau darauf achten, dass es genauso passiert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Den entsprechenden Umbau in Industrie, in Energie, bei unseren Gebäuden, in der Mobilität müssen wir leisten. Uns ist klar, dass es nicht allein mit staatlichen Investitionen getan ist. Wir brauchen auch private Investitionen. Wir brauchen dazu Wachstum, aber wir brauchen nachhaltiges Wachstum. Wir wollen Klimaziele nicht mit Schrumpfung erreichen, wir wollen sie mit Wachstum erreichen. Dieses Wachstum muss aber nachhaltig sein. Dazu brauchen wir neben staatlichen auch private Investitionen. Hier müssen wir in der Steuerpolitik Anreize setzen. Wir müssen die ermuntern, anreizen, unterstützen, die bereit sind, ihr Geld in Nachhaltigkeit, in Technologien, in Innovationen zu investieren. Wir müssen auf das, was wir bis jetzt schon gemacht haben, eine Schippe drauflegen und diese Ermunterung, diese Ertüchtigung weiter vorantreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine letzte Bemerkung. Das wird von Privatpersonen gemacht, von Unternehmen. Deshalb hat Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik ganz allgemein auch etwas mit der Besteuerung unserer Unternehmen zu tun. Wir erleben es doch jetzt. Warum müssen wir Schulden aufnehmen? Warum sind die Steuern eingebrochen? Weil die Wirtschaftskraft nicht so ist wie sonst. Wir müssen alles dafür tun, dass kleine Familienbetriebe unterstützt werden. Familienbetriebe sind die Nachhaltigkeit, die Wiege nachhaltigen Wachstums, werden von Generation zu Generation übergeben. Es wird in Generationen gedacht. Wir haben in der Finanzpolitik viele Aufgaben vor uns. Wir wollen und werden diese mit Konsequenz angehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)