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Volker Kauder: "In Deutschland darf es nie wieder Antisemitismus geben"

Rede zu Antisemitismus entschlossen bekämpfen

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Da wird der jüdische Inhaber eines Restaurants in Berlin hart attackiert und beschimpft und ihm der Tod angedroht. Da trauen sich Juden in Berlin nicht mehr auf die Straße und sich als Juden zu erkennen zu geben. Nach einer jüngsten Studie haben immer mehr jüdische Menschen in unserem Land große Sorge über diese Entwicklung. Ein viel zu großer Anteil von ihnen trägt sich mit dem Gedanken, vielleicht doch Deutschland wieder zu verlassen.

Vor dem Hintergrund der Schoah und der Ermordung von über 6 Millionen Juden im Dritten Reich tragen wir in Deutschland eine besondere Verantwortung dafür, dass Antisemitismus in unserem Land nicht immer weiter wachsen kann.

(Beifall im ganzen Hause)

Es haben hier im Deutschen Bundestag in der letzten Legislaturperiode in einer Debatte alle Fraktionen festgestellt, dass wir uns darüber freuen, dass jüdisches Leben in unserem Land wieder vorhanden ist, und dass wir dies fördern wollen. Es liegt eine besondere Aussage von Menschen jüdischen Glaubens darin, wenn sie nach der Schoah in das Land zurückkehren oder neu in diesem Land anfangen, das Juden ein so unsägliches Unrecht angetan hat. Deswegen haben wir eine große Verantwortung dafür, dass dieses jüdische Leben auch in Zukunft in diesem Land unbedrängt und weitgehend ohne Sorgen für diese Menschen möglich ist.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir hatten einen unabhängigen Expertenkreis zu diesem Themenkomplex eingesetzt und haben einen Expertenbericht bekommen. In diesem Bericht wird uns gesagt, dass der Großteil antisemitischer Aktionen, Verbrechen, Attacken aus dem Bereich des Rechtsextremismus kommt, dass aber auch eine wachsende Zahl antisemitischer Handlungen von eingewanderten Menschen festzustellen ist, die aus einer Region kommen, wo der Hass auf Israel und Antisemitismus eins zu eins gepflegt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Beides dürfen wir nicht zulassen.

Wenn vor einigen Tagen vor dem Brandenburger Tor israelische Flaggen verbrannt wurden, bin ich der Meinung, dass man dies nicht mit dem Satz „Das ist die Flagge eines Staates“ abtun kann; denn die Flagge Israels hat bei uns in Deutschland eine andere Bedeutung. Deswegen dürfen wir dies nicht zulassen.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir haben eine große Aufgabe vor uns. Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob die Vorschläge der Expertenkommission tatsächlich zu dem gewünschten Erfolg führen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man den entscheidenden Vorschlag, der dort gemacht worden ist, doch zuerst einmal umsetzen sollte. Damit gehen wir an die Arbeit, und dann schauen wir uns an, ob es Erfolg hat.

Ich finde es richtig, dass wir in unserem gemeinsamen Antrag formulieren: Wir fordern die Bundesregierung auf, den von der Expertenkommission vorgeschlagenen Beauftragten für Antisemitismusbekämpfung einzusetzen. Ich sage zu, dass wir als Union dies auf jeden Fall in jeder Koalition, die wir eingehen, auch durchsetzen. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass wir im Bundestag gesagt haben: Wir wollen das. – Wir werden dies in den Beratungen über den Haushaltsplan finanziell unterlegen und auf den Weg bringen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der AfD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich wird in dem Bericht auch gesagt, was dieser Beauftragte machen soll. Ich glaube, das Entscheidende ist, vor allem bei der jüngeren Generation Bewusstsein zu schaffen. Es darf nie passieren, dass junge Menschen aus unseren Schulen herauskommen und über das Thema Antisemitismus noch kein einziges Wort gehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Mit dieser Arbeit, die wir da vor uns haben, und dem Beauftragten können wir ein Zeichen senden an die Juden, die in unserem Land leben: Wir nehmen eure Sorgen ernst. Wir stehen zu euch, und wir werden nicht zulassen, dass Antisemitismus in unserem Land euch so bedrängt. Wir werden alles dafür tun, dass jüdisches Leben auch in Zukunft in unserem Land existieren kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der AfD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Protschka [AfD]: Durch geschlossene Grenzen! Jawohl! Wann werden endlich die Grenzen geschlossen? Jawohl!)

Wir werden alles daransetzen, dass Dinge, die wir nicht für in Ordnung halten, auch entsprechend geahndet werden. Wir werden deshalb prüfen, ob wir das Verbrennen von Flaggen des Staates Israel in unserem Land verbieten können. Wir tun alles, damit Antisemitismus in unserem Land zurückgedrängt wird. In Deutschland darf es nie wieder Antisemitismus geben, und in dem Umfang, wie wir ihn jetzt haben, muss er weiter zurückgedrängt werden. Ich kann nur sagen: Wer sich antisemitisch äußert, der muss dafür auch öffentlich entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)