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Silvia Breher: Unnötige Schmerzen, Leiden und Verletzungen müssen jedem Tier erspart bleiben

Rede zum Tierschutz in Schlachthöfen

Ich denke, wir stimmen hier im Haus alle darin überein, dass unnötiges Tierleid verhindert werden muss. Jede Form von Tierrechtsverletzungen ist vollkommen inakzeptabel. Unabhängig davon, ob es sich um Heim-, Turnier-, Zucht- und Schlachttiere handelt. Unnötige Schmerzen, Leiden und Verletzungen müssen jedem Tier erspart bleiben. Die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden. Ich denke, da sind wir uns alle einig.

Immer wieder erreichen uns grausame Bilder aus Tierhaltungsbetrieben, von Tiertransporten oder eben auch aus Schlachthöfen. Ich möchte hier an dieser Stelle aber an alle Beteiligten, Politik, Tierschützer, Vollzugsbehörden und auch an die Medien appellieren, dass wir uns hier mit Fakten und Tatsachen auseinandersetzen.

Bei Bildmaterial müssen in diesem Zusammenhang folgende Fragen erlaubt sein: Wo wurden diese Bilder aufgenommen. In Deutschland? Und ist das zweifelsfrei belegbar? Lagen den zuständigen Behörden im Vorfeld Informationen über Tierschutzverstöße vor? Wie groß war die Zeitspanne zwischen Bildaufnahmen und Anzeige bzw. Veröffentlichung der Bilder?

Ich stelle diese Fragen deshalb, weil es in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen ist, dass Bilder von selbsternannten Tierrechtlern manipuliert und dokumentierte Tierschutzverstöße erst zur Anzeige gebracht worden sind, nachdem das Bildmaterial medienwirksam in der Öffentlichkeit gezeigt worden ist. Das ist sicherlich auch nicht im Sinne der Tiere und des Tierschutzes. Verstöße gehören umgehend angezeigt.

Und zur Auseinandersetzung mit diesem Thema gehört auch, dass die hier skizzierten Vorfälle ins Verhältnis gesetzt werden. Der vorliegende Antrag suggeriert, dass in deutschen Schlachthöfen gravierende Tierschutzverletzungen an der Tagesordnung sind, dass Tiere brutal behandelt werden. Es wird hier ein Bild gezeichnet, was der Realität in keiner Weise entspricht. Der Antrag basiert auf einzelnen Vorfällen. Zwei konkrete Fälle: ein Schlachthof in Tauberbischofsheim, Baden-Württemberg, im Februar 2018, und ein Schlachthof in Düren, Nordrhein-Westfalen, im Dezember 2017.

Die Vorfälle waren abscheulich. Und die zuständigen Behörden sind direkt nach Bekanntwerden der Vorwürfe aktiv geworden. Es gibt in Deutschland insgesamt aber über 4 000 Schlachthöfe. Zwei Vorfälle mit denen ein ganzer Wirtschaftszweig, samt Angestellten und letztlich auch Amtstierärzten, verunglimpft wird.

Ich selbst komme aus einer von der Landwirtschaft stark geprägten Region, dem Oldenburger Münsterland. Und in den letzten Monaten habe ich vier Schlachthöfe in meiner Heimat besucht. Warum? Weil ich mir einen persönlichen Eindruck machen wollte, einen direkten und ungefilterten Einblick in die Abläufe auf einem Schlachthof: von der Anlieferung über die Schlachtung bis zur Zerlegung der Tiere.

Meine persönliche Erfahrung:

Die Mitarbeiter auf den Schlachthöfen waren sehr darauf bedacht, dass die Tiere so ruhig und stressfrei wie möglich den Weg zur Schlachtung erleben. Je ruhiger sie sind, desto reibungsloser ist der Ablauf – für die Tiere wie auch für die Mitarbeiter.

Es ist immer ein Amtstierarzt vor Ort, der die Tiere bereits beim Entladen auf ihren Gesundheitszustand begutachtet. Erst danach werden sie für die Schlachtung freigegeben.

Je nach Tierart werden sie dann betäubt und der Schlachtung zugeführt. In ihrem Antrag sprechen Sie den Bolzenschuss bei Rindern und die CO2-Betäubung beim Schwein an. Natürlich kann es vorkommen, dass Tiere nicht vollständig betäubt sind, genau deshalb testen die Mitarbeiter die Reflexe, und es wird dann direkt nachbetäubt. Das ist aber die Ausnahme und keineswegs die Regel, wie es hier im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen dargestellt wird.

Die deutschen Schlachthöfe unterliegen natürlich den europäischen und nationalen tierschutzrechtlichen Vorschriften: der EU-Tierschutz-Schlachtverordnung Nummer 1099/2009 und der deutschen Tierschutz-Schlachtverordnung. Sie legen Anforderungen an die Sachkunde des Schlachthofpersonals – Schulungen und Prüfungen – sowie das Betäubungsverfahren und das Entbluten fest und regeln auch die Wirksamkeit der Betäubung mit Überwachungsverfahren. Höfe mit einer jährlichen Schlachtung von mehr als 1 000 Großvieheinheiten müssen außerdem einen Tierschutzbeauftragten benennen. Dieser verfügt über weitreichende Befugnisse, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen, und ist heute bereits ein fester Bestandteil.

Lassen Sie mich noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt eingehen: den Einsatz von CO2 als Betäubungsmittel.

Der Antrag ist so formuliert, als entspreche die Anwendung von CO2 per se nicht einer tierschutzgerechten Betäubung. Ich habe hierzu mit vielen Praktikern und Experten gesprochen. Dies ist einfach nicht zutreffend. Bei einer Betäubungsanlage, die dem Stand der Forschung entspricht und die ordnungsgemäß betrieben wird, sind Abwehrreaktionen der Tiere nur in Einzelfällen zu beobachten.

Trotzdem wird auf diesem Gebiet nach wie vor geforscht, um neue Techniken zu entwickeln, die in die Praxis umgesetzt werden können. Es wurden hierzu bereits viele Forschungsprojekte durchgeführt. Dabei wurden sowohl Helium, Argon als auch Stickstoff in verschiedenen Kombinationen und Anwendungsformen untersucht. Aber bislang konnte keine praxistaugliche Lösung gefunden werden.

Die bisher erprobten Methoden haben oft die Betäubungsqualität verschlechtert. Bei der Verwendung von anderen Gasen gibt es inakzeptable Nebenwirkungen bei den Tieren, zum Beispiel hohe Exzitationen, die keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung der Betäubung zur Folge haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen, keine Frage, es geht hier um ein wichtiges Thema. Lassen Sie uns im weiteren parlamentarischen Verfahren über die Fakten und fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse sprechen. Nur so können wir unnötiges Tierleid verhindern. Das ist insbesondere im Interesse der Tiere. Ich stehe dafür sehr gerne zur Verfügung und freue mich auf eine sachliche Diskussion im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft.