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Rüdiger Kruse: Wir haben sehr gute Ausgangsvoraussetzungen

Haushaltsgesetz 2018 - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Kindler von den Grünen hat die Ministerin als „Einkaufsberaterin der Bundesregierung“ bezeichnet. Das war nicht nett, und das war auch nicht richtig.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war angemessen!)

Frau Ihnen von der FDP hat sie als „Nachhaltigkeitsministerin“ bezeichnet. Das war ganz nett, ist aber auch nicht richtig.

(Michael Theurer [FDP]: Was?)

Die Umweltministerin ist die Umweltministerin. Nachhaltigkeit, das wissen wir, ist ein Querschnittsthema, eine wesentlich größere Aufgabe.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wow! Was für eine Erkenntnis! Sagen, was ist!)

Sie besteht aus den bekannten Säulen: Umwelt, Soziales, Wirtschaft. Nach meiner Meinung brauchen wir auch noch die Kultur, um ein Narrativ zu schaffen.

(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Und Finanzen! – Michael Theurer [FDP]: Also ist die Frau Ministerin nicht nachhaltig!)

Das bedeutet aber auch, dass diese Zuständigkeit auf Regierungsseite bei der Kanzlerin liegt und auf unserer Seite nicht bei einem Fachausschuss, sondern beim gesamten Parlament.

Der Kollege Köhler von der FDP hat natürlich auch kritisiert

(Michael Theurer [FDP]: Zu Recht!)

– geschenkt –; aber er hat auch mehr Optimismus eingefordert. Er hat gesagt: Wir haben sehr, sehr gute Ausgangsvoraussetzungen. Recht hat der Mann. Das Land steht gut da. Die Idee der Nachhaltigkeit wird ja gar nicht bestritten, sie wird nur noch nicht richtig gelebt. Das ist schon mal was. Es gibt viele Dinge, über die wir uns überhaupt nicht einig sind, bei denen es noch viele Diskussionen geben wird. Das Prinzip der Nachhaltigkeit hingegen haben wir alle inhaliert. Das ist ja auch ein einfaches Prinzip: Nicht mehr verbrauchen als nachwächst, die wichtigen Belange der Menschen als gleichwertig betrachten, nicht einen Aspekt nach vorne stellen, nicht sagen: „Nur die Wirtschaft zählt“, oder: „Nur die Umwelt zählt“, sondern das Ganze zusammenführen. Und das ist eine klassische Aufgabe, die wir zu leisten haben. Diese Aufgabe ist leistbar. Wir haben 17 SDGs. Die muss nicht jeder auswendig lernen. Das sind aber nicht viel mehr als die Zehn Gebote. Jeder kann sich die für seinen Fachbereich richtigen raussuchen. Dann besteht die Möglichkeit, durchzudeklinieren, ob das, was wir machen wollen, in Richtung Nachhaltigkeit führt oder ob das kontraproduktiv ist.

So schön es ist, dass der Haushalt aufwächst, nur mit den Prozenten, die wir obendrauf legen können, werden wir das Ganze nicht ändern. Ein gutes Beispiel: Wenn man sich Gedanken darüber macht, wie man den Anteil von Häusern und Wohnungen an der CO 2 -Produktion verringern kann, dann wird einem schnell klar, dass es eine halbe Ewigkeit dauern würde, dieses Ziel nur durch Neubau zu erreichen. 1 bis 2 Prozent Neubau sind für einen Systemwechsel zu wenig. Wenn man da etwas ändern will, muss man auch an die Substanz ran.

Man kann sich darüber unterhalten, ob die zusätzlichen Millionen, die im Verkehrsbereich, im Umweltbereich und für Wirtschaft – der entsprechende Etat wird ja gleich diskutiert – ausgegeben werden, in Richtung Nachhaltigkeit zielen. Das müssen wir auch tun. Wir müssen aber auch an die Substanz. Wir müssen schauen: Was haben wir eigentlich jetzt in unserem Haushalt? Was geschieht mit diesen 340 Milliarden, und welchen Beitrag leisten sie? Wo können wir umsteuern? Das ist die Aufgabe, der sich dieses Parlament stellen sollte. Es gibt dazu zum Beispiel eine Vorleistung, die im Auftrag der Bundesregierung vom Rat für Nachhaltige Entwicklung entwickelt wurde: den deutschen Nachhaltigkeitskodex. Das ist auch ganz nett, weil es nicht so ist, dass derjenige, der ihn nicht befolgt, schlecht behandelt wird, sondern es wird nach dem Motto „comply or declare“ verfahren: Entweder man macht das, was da drinsteht, oder man muss erklären, warum man es nicht macht.

Der Wunsch der Regierung ist natürlich – das wird jedes Jahr bei den Haushaltsberatungen im Bericht auch gesagt –, dass die Unternehmen, die im Staatsbesitz sind, das auch tun. Dazu werden sie eingeladen. Einladen können wir natürlich jeden, auch alle anderen Unternehmen. Es gibt sehr viele normale Unternehmen aus der freien Wirtschaft, die da mitmachen. Aber wir können doch sagen, dass unsere eigenen Unternehmen das auch tun müssen. Wir sollten also bei nächster Gelegenheit beschließen, dass dieser Nachhaltigkeitskodex auf die paar Hundert Unternehmen, die im Bundesbesitz sind, Anwendung findet. Das ist ein Schritt nach vorn; denn entweder ist der Kodex richtig und gut – es ist ja unserer –, dann muss man ihn auch umsetzen, oder aber er ist eigentlich falsch, dann muss man ihn abschaffen. Das wäre eine solche konkrete Handlungsweise, der wir uns verpflichten könnten.

Wir haben mit dem Thema Nachhaltigkeit auch die Zukunftsgerechtigkeit, die Generationengerechtigkeit abgebildet. Da gibt es bei einer Haushaltsdebatte natürlich Aspekte, bei denen wir sagen können: Jawohl, wir haben jetzt die berühmte schwarze Null, wir haben sogar ein Stück mehr. Wir fangen an, unsere Strukturen wieder zu erneuern, unsere Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. – Gleichzeitig müssen wir aber auch eine Erzählung haben und sagen können, was wir für die Zukunft bieten wollen. Natürlich ist die Befolgung der 17 Nachhaltigkeitsziele, auf die man sich international geeinigt hat, genau das, was vorbildlich wäre. Es ist ja nichts Schlechtes daran, wenn eine Nation, ohne belehrend zu sein, vorbildlich ist. Das ist dann auch der Sinn.

Natürlich ist unser Anteil an der Weltbevölkerung, unser Anteil am CO 2 -Ausstoß nicht so bedeutend groß. Aber unser Verhalten wirkt sich auf andere aus; wir haben eine Vorbildfunktion, und wir können dieser Vorbildfunktion nachgehen. Deswegen ist es nicht fair, darauf zu verweisen, dass in Entwicklungsländern der CO 2 -Ausstoß ja noch ansteige. Vielmehr geht es um die Fragestellung: Was machen wir, die wir uns auch anders verhalten können? Mit welchem Verhalten gehen wir beispielgebend voran?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da bin ich sehr froh, dass es innerhalb der Großen Koalition in all diesen Jahren nie Thema war, ob wir in diese Richtung gehen wollen.

Nachdenken müssen wir über die Geschwindigkeit. Wenn ich diese Debatte Revue passieren lasse, dann war es doch so, dass die meisten Redner in diese Richtung argumentiert und gesagt haben: Wir finden, das ist der richtige Weg. Wir wollen mehr tun. Wir müssen mehr tun. – Wenn wir das, wie der Kollege Köhler gesagt hat, mit dem nötigen Optimismus tun, dann senden wir auch in dieses Land ein gutes Signal und geben eine Vorgabe, was Deutschland als Nation darstellen und als guten Beitrag für diese Welt leisten kann.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Theurer [FDP]: Köhler hat recht!)