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Karl Holmeier: Wir sind uns bewusst, dass die Technik noch nicht ihr Optimum erreicht hat

Rede zum Schutz vor Abbiegeunfällen

Heute ist ein wichtiger Tag für die Verkehrssicherheit in Deutschland. Gemeinsam bringen CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag zur Einführung von Abbiegeassistenten für Lkw auf den Weg. Ziel dabei ist die Verbesserung der Verkehrssicherheit, gerade für Fußgänger und Radfahrer.

Es ist gut, dass Bündnis 90/Die Grünen ihren ursprünglichen Antrag zurückgezogen haben und wir uns auf einen gemeinsamen Antrag verständigen konnten. Das verdeutlicht die große Einigkeit zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr.

Das Thema beschäftigt uns schon seit längerer Zeit. Im Bundestag, im Bundesrat, in Europa und natürlich die Öffentlichkeit. Der Bundesrat setzt sich ebenso für eine nationale Regelung ein. Mit Beschluss von Anfang Juni haben sich die Länder für eine verpflichtende Einrichtung von Abbiegeassistenzsystemen für Lkw mit 7,5 t Gesamtgewicht ausgesprochen.

Wir haben in der Ausschusssitzung Anfang Juni Herrn Bundesminister Scheuer beauftragt, sich in Europa beim Rat für Verkehr dafür einzusetzen, den Abbiegeassistenten EU-weit schnell einzuführen. Vielen Dank Herr Minister für die Initiative. In diesem Fall dauert es in Europa aber zu lange. Deshalb heute dieser gemeinsame Antrag. Es wurde etwas in Bewegung gebracht.

Österreich knüpft daran an und will sich mit seinem Vorsitz der Europäischen Ratspräsidentschaft ab 1. Juli 2018 für eine zügige Umsetzung einsetzen.

Dennoch können und wollen wir nicht so lange warten, denn wie wir alle wissen, mahlen die Mühlen der EU mitunter sehr langsam, wenn auch stetig.

Wir müssen jetzt etwas für die Sicherheit der schwächeren Straßenverkehrsteilnehmer tun. Denn über die Hälfte der Unfälle mit abbiegenden Lkw enden mit schweren oder tödlichen Verletzungen. Es ist für mich unerträglich, morgens in der Zeitung zu lesen, dass wieder ein Radfahrer von einem rechts abbiegenden Lkw überrollt wurde. Auch in diesem Jahr gab es bereits zu viele Todesopfer. Es trifft meist ältere Frauen und Kinder, da diese nicht schnell genug reagieren können.

Um solche Unfälle in Zukunft zu vermeiden, haben CDU, CSU und SPD bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Nachrüstpflicht für Fahrerassistenzsysteme wie nicht abschaltbare Notbremssysteme oder Abbiegeassistenten für Lkw und Busse vorschreiben wollen.

Dieses Versprechen gehen wir mit dem heutigen Antrag an. Wir verbessern die Sicherheit im Straßenverkehr. Gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen haben wir – die CDU/CSU und SPD – einen Antrag vorgelegt, der die Bundesregierung auffordert, sich auf EU-Ebene für eine Regelung für Fahrzeuge ab 3,5 t einzusetzen.

Im Gegensatz zum Bundesrat sind wir der Ansicht, dass schon bei Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von 3,5 t ein erhebliches Gefahrenpotenzial für die schwächeren Straßenverkehrsteilnehmer besteht.

Solange keine zeitnahe europäische Lösung für eine Nachrüstpflicht von Abbiegeassistenzsystemen in Sicht ist, müssen wir eine nationale Regelung umsetzen. Denn jedes Opfer ist eines zu viel.

Wir sind uns bewusst, dass die Technik noch nicht ihr Optimum erreicht hat. Bisher gibt es leider erst ein Unternehmen, welches einen Lkw mit einem serienmäßig eingebauten Abbiegeassistenzsystem auf dem Markt anbietet. Tests haben bewiesen, dass das System im Alltag funktioniert. Es ließe sich nach Aussage firmeneigener Techniker sogar mit dem Notbremsassistenten kombinieren, wobei hier die Objekterkennung noch nicht einwandfrei funktioniert.

Daher wollen wir mit diesem gemeinsamen Antrag genauso Anreize für eine Weiterentwicklung von Abbiegeassistenzsystemen setzen, um die Technik stetig weiterentwickeln zu können.

Viele Unternehmen rüsten mittlerweile auf eigene Faust ihre Lkws mit dem Abbiegeassistenten aus. Supermarktketten, Entsorgungsunternehmen und der öffentliche Personennahverkehr nehmen hier eine Vorreiterrolle ein und testen Nachrüstsysteme im Alltag.

Einige Unternehmen kaufen sogar nur noch Neufahrzeuge mit einem Abbiegeassistenten an Bord. Diese Unternehmen sind sich ihrer Verantwortung gegenüber den Radfahrern und Fußgängern, aber auch gegenüber ihren Fahrzeugführern bewusst. Die Entwickler der Abbiegeassistenten und auch die Eigentümer der Lkw wollen wir mit unserem Antrag unterstützen. Denn nicht nur neue Lkws sollen zukünftig mit dem Sicherheitssystem ausgerüstet werden, Ziel ist, bereits im Verkehr befindliche Lkw nachzurüsten. Die Unternehmer werden mit den anfallenden Kosten nicht alleine gelassen. Investitionen in Abbiegeassistenzsysteme für bereits vorhandene mautpflichtige Nutzfahrzeuge müssen wir verstärkt fördern. Hierfür könnte das bereits bestehende De-minimis-Programm weiter verbessert werden, sodass wir zu einer schnellen Lösung kommen können. Die Förderung von nicht mautpflichtigen Nutzfahrzeugen werden wir ebenso prüfen.

Ich freue mich, dass mit unserem gemeinsamen Antrag über die Parteiengrenzen hinweg eine umfassende Lösung gefunden wurde. Jetzt müssen wir umsetzen. Das ist ein gutes Signal an Deutschland und die EU. Wir brauchen aber eine EU-weite Regelung. Denn bei einem 40-prozentigen Marktanteil von ausländischen Lkw in Deutschland ist eine EU-Regelung mindestens genauso dringend notwendig wie die nationale Regelung.

Abbiegeassistenzsysteme sind zwar kein Allheilmittel, um Unfälle zwischen Fahrradfahrern oder Fußgängern mit Lkw zu vermeiden. Vielmehr ist dies nur ein Teil eines umfassenden Verkehrssicherheitskonzeptes, welches sich aus gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtsamkeit, technischen und städtebaulichen Lösungen zusammensetzt. Ein erster wichtiger Schritt ist dennoch getan, um tragische Unfälle zu vermeiden.

Deshalb freue ich mich, dass wir den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für erledigt erklären konnten und uns auf einen gemeinsamen Antrag der CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN einigen konnten.

Jetzt gilt es umzusetzen.