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Julia Klöckner: Wir haben den europäischen Zusammenhalt gestärkt

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zur Reform der der Gemeinsamen Agrarpolitik

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen mögen eins: alte Platten, die einen Sprung haben, und einen Blick in die Vergangenheit, damit sie ihre Feindbilder hochhalten können.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Manche haben einen Sprung in der Schüssel!)

Und sie haben überhaupt kein Interesse an dem Erfolg der europäischen Agrarpolitik, weil sie dann nicht ihre alten Bilder aufrechterhalten könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welcher Erfolg denn?)

Deshalb kann ich Ihnen eins vorab sagen: Anscheinend hat Herr Ostendorff überhaupt nicht zugehört. Er will eine Gemeinwohlprämie. Die haben wir eingeführt – in der ersten Säule mit den Ökoregelungen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht, und das wissen Sie!)

Deshalb sage ich: Das haben wir längst gemacht. Guten Morgen!

Dann sagen Sie: Wir wollen eine Konditionalität für die Direktzahlungen. – Die haben wir eingeführt; das haben wir gemacht. Da kann ich nur sagen: Guten Morgen!

Und dann kann ich Ihnen sagen: Sprechen Sie mal mit Sarah Wiener – Abgeordnete der Grünen im Europaparlament. Fast 400 000 Euro bekommt sie.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja, genau! Agrarzahlungen!)

Ich glaube jetzt nicht, dass sie das bekommt, weil sie so wenig Fläche hat, sondern weil sie relativ viel Fläche hat.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kritisieren Sie jetzt die Direktzahlungen doch? – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Die Heuchler da drüben!)

Sie hat gewisse Bewirtschaftungsformen, und sie bekommt das Geld dafür.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schaffen Sie sie doch ab, die Direktzahlungen!)

Insofern sollten Sie aufhören, in dieser Gesellschaft zu spalten zwischen guten Kleinen und schlechten Kleinen und guten Großen und schlechten Großen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)

Wir haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der vergangenen Woche einen Durchbruch erzielt:

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach unten!)

Die europäische Agrarpolitik, die wird nachhaltiger, und zwar nachhaltiger für die Ernährungssicherung, für mehr Umwelt- und Klimaschutz, für die Familienbetriebe. Und wir haben den europäischen Zusammenhalt gestärkt – keine Selbstverständlichkeit in diesen Zeiten, liebe Freundinnen und Freunde. Die Grünen halten demokratisch gefundene Einigungen zwischen 27 Mitgliedstaaten für nicht erwähnenswert. Respektlos wollen sie wie eine Dampfwalze mit ihrer Sichtweise über ganz Europa fahren! Das macht Europa kaputt und einigt nicht Europa.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Einigung der Mitgliedstaaten in Luxemburg, die ist ein ganz klares Bekenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu einer bäuerlichen, zu einer familiengeführten und gleichzeitig nachhaltigen Landwirtschaft. Mit unseren Beschlüssen haben wir einen Systemwechsel eingeleitet. Warum? Weil es, lieber Herr Ostendorff, eben keinen Euro an Direktzahlungen aus Brüssel mehr gibt, der nicht an Umwelt- und Klimaschutzleistungen gebunden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat es vorher noch nie gegeben. Das haben wir durchgesetzt. Die Landwirtschaft in Europa wird auf 100 Prozent der Fläche einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten. Jetzt ruft Herr Ostendorff: Das sind Fake News. – Das sind News! Aber Ihnen tun die News nur weh, weil sie nicht in Ihr Weltbild passen. Deshalb kriegen Sie noch ein paar mehr News und Informationen hierzu.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mir war es sehr wichtig, dass wir auf 100 Prozent der Fläche ein höheres Umwelt- und Klimaschutzambitionsniveau einführen werden, und zwar – das habe ich in den Verhandlungen durchgesetzt – verbindlich für alle Mitgliedstaaten. Das ist wichtig für unsere Betriebe, damit sie auf Augenhöhe sind und es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommt.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ganz richtig!)

Deshalb – das will ich auch noch mal sagen – sind unsere Vorschläge als Agrarminister Europas strenger als die GAP-Reformvorschläge der Kommission, die vorgelegt worden sind. Was wir erreicht haben, liebe Freunde, ist ein Erfolg für die Landwirte, für die Umwelt und für die Verbraucher.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Steigerungsform von „Fake News“! Das ist das, was Sie gerade machen!)

– Weil Frau Lemke jetzt reinruft: Wir haben Ihnen auch zugehört; keiner hat reingerufen. Sie können es einfach nicht ertragen, wenn Ihrem Weltbild widersprochen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Arroganz ist schwer zu ertragen als Bundesministerin! Ganz schwer zu ertragen!)

– Frau Lemke, Sie waren ja nicht dabei. Ich will Ihnen nur mal sagen: Ein Mindestbudget hat die Kommission nicht vorgeschlagen. 20 Prozent verpflichtend – das hat die Kommission nicht vorgeschlagen. Und deshalb hat die Kommission uns gesagt: Wir hätten nicht geglaubt, dass Sie das verpflichtend und dann noch mit einer Prozentzahl in den frühen Morgenstunden durchkriegen. – Das ist ein Erfolg. Auch wenn es Ihnen nicht in den Kram passt: Es ist ein Erfolg: für die Umwelt und für die Landwirte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Punkt zu Beginn, der in der Debatte häufig unter den Tisch fällt: die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern. Herr Ostendorff hat überhaupt nicht davon gesprochen, was sie eigentlich machen. Das sind ja keine Landschaftsgärtner. Sie sorgen für die tagtägliche Ernährung von uns Verbraucherinnen und Verbrauchern – 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union –, und das soll auch so bleiben. Deshalb sage ich: Herzlichen Dank, liebe Bäuerinnen und Bauern, für Ihren Einsatz dafür, dass wir jeden Tag etwas zu essen haben!

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb sind die Einkommens- und Ertragssicherung, über die Sie gar nicht reden, für unsere heimischen Bauernfamilien keine Nebensächlichkeit. Die sind eine Voraussetzung dafür, dass unsere Tische gedeckt bleiben, und sie sind das Gegenteil von Luftschlössern und einem guten Bauchgefühl; denn davon werden Sie nicht satt. Deshalb, liebe Mitglieder der Grünenfraktion: Das, was Sie an Maximalforderungen aufstellen, darüber schütteln Praktiker den Kopf.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist es!)

Von 100 Prozent Blühstreifen wird keiner satt. Und wenn Sie auch noch ganz auf Pflanzenschutz verzichten wollen, dann opfern Sie Ernten und Ressourcen, und das macht den CO2-Fußabdruck schlechter.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Nicole Höchst [AfD] – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erwarten ernsthaft, dass man Ihnen bei so was zuhört? – Gegenruf der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja, das tut weh, wenn man da zuhört! – Gegenruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee! Die Wahrheit soll sie sagen, nicht von 100 Prozent Blühstreifen schwafeln!)

Und so kann ich sagen: Das, was Sie wollen, das ist keine Agrarwende. Das, was Sie wollen, ist ein Agrarende für unsere Bauern hier in Deutschland!

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Natürlich kann ich auch auf 100 Prozent Ökoregelungen für landwirtschaftliche Flächen setzen; aber dann haben wir eben keinen Platz mehr für Weizen, Gerste, Obst und Gemüse. Mit Ihren Forderungen gefährden Sie die regionale Produktion, was dazu führen würde, dass wir mehr Produkte importieren würden, auf deren Standards wir dann überhaupt keinen Einfluss mehr hätten.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist 1960, was Sie hier erzählen!)

Aber wenn wir mehr importieren würden, wären es die Gleichen, nämlich Sie, die dann den schlechten CO2-Fußabdruck wegen des langen Transports beklagen würden.

Also: Denken Sie in Gesamtheit, und denken Sie auch darüber nach, was wir den Bauern mit diesen Beschlüssen abverlangen, aber auch darüber, was wir an nächstem Niveau erreichen. Wir wollen Ökologie, Ökonomie und soziale Fragen

(Lachen der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

eben nicht gegeneinander ausspielen, sondern miteinander denken. Wir stellen das mit unseren Beschlüssen nach einem demokratischen Mehrheitsprinzip auch sicher.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Genau! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Genau so! Demokratie tut weh!)

Sonst sind Sie doch diejenigen, die immer nach Demokratie und Meinungsfreiheit rufen. Aber dass Sie noch nicht mal ertragen können, dass man Ihnen erklärt, was 27 Mitgliedstaaten beschlossen haben,

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

das finde ich schon sehr bemerkenswert.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie das wenigstens machen würden! Ist ja lächerlich, diese Rede! – Gegenruf des Abg. Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das verdient Respekt! – Gegenruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das verdient keinen Respekt, eine solche Arroganz! Ich brauche keine Belehrungen von Ihrer Ministerin! Wirklich nicht!)

Unsere Landwirtschaft wird einen höheren Beitrag leisten, einen ambitionierten Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz. Man kann es so zusammenfassen: Es wird keine Leistung mehr geben ohne Gegenleistung.

Jetzt will ich mit einer Mär aufräumen, weil es den Landwirten wirklich wehtut, was die Grünen immer wieder behaupten. Sie sagen immer wieder: Es wird rein nach Fläche bezahlt. – Ich habe jetzt nicht gehört, dass Sarah Wiener auf ihre fast 400 000 Euro verzichten will. Aber ich muss die Sarah Wiener in Zukunft auch schützen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die arme Frau!)

Es wird nicht mehr rein nach Fläche bezahlt. Vielleicht haben Sie die Unterlagen nicht gelesen. Es wird um die Bewirtschaftungsform auf diesen Flächen gehen. Wenn jemand eine ökologische Bewirtschaftungsform auf weniger Flächen betreibt, dann kriegt er auch weniger, als wenn er eine ökologische Bewirtschaftungsform auf mehr Flächen betreibt. Rechnen können Sie ja in der Regel auch. Ihr absichtlich gezeichnetes Zerrbild, das spaltet nicht nur die Bauernschaft, sondern die gesamte Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD])

Deshalb sage ich: Richtig ist: Wenn jemand mehr Fläche nach klaren Umweltstandards bewirtschaftet, zum Beispiel mehr Moorschutz betreibt, Brachflächen für die Biodiversität, also nichtproduktive Flächen, anlegt,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Märchenstunde!)

dann bekommt er auch das Geld dafür. Lehnt er das ab, dann bekommt er eben kein Geld mehr dafür.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Genau so!)

Das gilt im Übrigen für konventionell wie ökologisch Wirtschaftende.

Die Mär, dass die Kleinen benachteiligt werden, ist auch falsch. Wir schichten mit einer Umschichtungsprämie sogar Geld um: Von den Großen nehmen wir etwas weg, um es den Kleinen zu geben. Und die Mär, dass die ökologisch Wirtschaftenden benachteiligt werden, ist auch falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Sie bekommen genauso die Direktzahlungen, sie bekommen eine Umstellungsprämie, sie bekommen eine Beibehaltungsprämie. Ich finde, das sollten wir auch noch mal deutlich sagen.

Insofern sage ich hier ganz klar: Zusätzlich zu dieser Basislinie sind 100 Prozent der Direktzahlungen jetzt an Bedingungen geknüpft – „Konditionalität“, Herr Ostendorff. Jetzt kommen wir zur Gemeinwohlprämie, und das sind die 20 Prozent. Das macht für Deutschland 1 Milliarde Euro mehr aus – jedes Jahr. Und da sagen Sie, es sei ein Rückschritt. Da muss ich sagen: Dann haben Sie Ihre Orientierung verloren. Das kann ich so wirklich nicht stehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das will ich abschließend sagen: Wir setzen den Geist des Green Deal mit der neuen GAP um. Warum? Weil wir den Green Deal ernst genommen haben. Natürlich ist es eine Vision. Kommissarin Kyriakides hat sehr deutlich gesagt: Wir haben noch keine Folgenabschätzung. Wir haben noch keine Benchmark. – Wollen Sie wirklich, Herr Ostendorff, dass wir in die GAP minus 50 Prozent Pflanzenschutzmitteleinsatz, minus 20 Prozent Düngemittel geschrieben hätten? Ist das Ihr Ernst?

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn die Kommissionspräsidentin?)

Wir in Deutschland setzen gerade die Düngeverordnung mit minus 20 Prozent um. Sie als Bauer werden doch wohl nicht sagen: Jetzt noch mal minus 20 Prozent draufsetzen. – Farm to Fork ist ein Teil von Green Deal; aber die GAP ist ein Instrument, um den Geist umzusetzen.

(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Green Deal hat ganz klar vorgehabt, dass die 40 Prozent, die die GAP am EU-Haushalt ausmacht, dazu beitragen, mehr Umwelt- und Klimaschutz zu erreichen. Ich kann sagen: Wir haben geliefert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb werden wir das in den nationalen Strategieplänen umsetzen, die wir mit den Ländern zusammen erarbeiten werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)