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Julia Klöckner: "Ernährung geht uns alle an"

Rede zum Ernährungspolitischer Bericht 2020

Guten Tag, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ernährung ist ein Lebensthema; das wird uns in der aktuellen Coronasituation wieder besonders bewusst. Wichtig ist die Sicherheit, dass Lebensmittel jederzeit verfügbar sind. Es ist ungewohnt, wenn wie jetzt Kantinen geschlossen sind oder das Schulessen ausfällt. Viele beschäftigen sich jetzt mehr als vorher mit der Zubereitung der Mahlzeit zu Hause.

Ganz klar: Auch die Ernährungspolitik ist durch das aktuelle Geschehen gefordert. Wichtig war uns, schnell dafür zu sorgen, dass auch in der Krise Lebensmittel gut verfügbar sind. Dazu hat die Bundesregierung gemeinsam schnell gehandelt. Wir haben klargestellt, dass die gesamte Land- und Ernährungswirtschaft als systemrelevant einzustufen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und wir haben uns gleichzeitig um den Verbraucherschutz gekümmert, zum Beispiel, indem wir darauf geachtet haben, dass Verbraucher nicht getäuscht werden, etwa durch Werbung mit irreführenden Qualitäts- und Gesundheitsversprechen. So ist das Werben mit einem speziellen Coronabezug für Nahrungsergänzungsmittel unzulässig.

Sehr geehrte Damen und Herren, die grundsätzlichen Fragen und Aufgaben der Ernährungspolitik bleiben aber unabhängig von der Krisensituation bestehen. So sind in Deutschland viele Erwachsene, Kinder und Jugendliche übergewichtig. Die Folgen wirken sich nicht nur direkt auf die Betroffenen aus, sondern verursachen auch erhebliche Kosten in unserem Gesundheitssystem.

Und unsere Gesellschaft ändert sich permanent und mit ihr natürlich die Ernährungsgewohnheiten. Kinder essen beispielsweise mittags immer öfter im Kindergarten oder in der Schule. Der Handel bietet neue Vertriebswege über Onlinekanäle an. Die Versorgungsmöglichkeiten werden vielfältiger. Aufgrund der Altersstruktur müssen die besonderen Bedürfnisse gerade auch von unseren Seniorinnen und Senioren verstärkt in den Blick genommen werden. Deshalb habe ich Vernetzungsstellen für Seniorenernährung eingerichtet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Umweltschutz, Tierwohl und das Ziel, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, sind weitere Aufgaben. Zu deren Lösungen können auch wir als Konsumenten sehr konsequent beitragen. All das sind neue Anforderungen, auch für eine aktuelle, moderne Ernährungspolitik. Zwei Punkte sind mir dabei besonders wichtig: Erstens: Eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Ernährung muss überall möglich sein. Zweitens müssen wir dafür sorgen, dass sie für unsere Verbraucher im Alltag auch machbar ist.

Deshalb verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz mit dem Ziel, Konsumentinnen und Konsumenten bei ihren Entscheidungen zu unterstützen, ihre Ernährungskompetenz zu stärken und das Angebot an Fertiglebensmitteln zu verbessern. Um dies zu erreichen, stärken wir die Ernährungsbildung, fördern die Forschung, haben ganz konkrete Ziele vereinbart mit der Lebensmittelwirtschaft, mit den Erzeugern. Und dort, wo es nötig ist, passen wir den Rechtsrahmen an. Zum Beispiel habe ich bei Baby- und Kleinkindertees süßende Zutaten verboten.

Unsere Schwerpunkte der laufenden Legislaturperiode zeigen sehr gut, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass wir ganzheitlich denken, dass wir nicht Stückwerk, sondern wirklich eine Politik aus einem Guss machen.

Wir sorgen dafür, dass es beim Kauf von Fertigprodukten einfacher wird, die gesunde Wahl zu treffen. Deshalb werden wir die Zucker-, Fett- und Salzgehalte in Fertigprodukten reduzieren. Dass wir hier auf dem richtigen Weg sind, belegt das wissenschaftliche Monitoring des Max-Rubner-Instituts.

Erkennbarkeit und Orientierung sind in einer Welt, in der Angebote so vielzählig sind, gerade für Verbraucher sehr wichtig. Nach einer hierzulande mindestens – wirklich: mindestens! – zehn Jahre währenden Auseinandersetzung habe ich mit einer Verordnung den Weg für den Nutri-Score in Deutschland frei gemacht und bedanke mich bei allen für die Unterstützung und auch für die konstruktive Diskussion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

So, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die gesunde Wahl zur einfacheren Wahl. Sie wird nicht alles ersetzen. Am Ende muss man selber entscheiden; es ist ein gesamter Lebensstil. Aber wir wollen dabei behilflich sein.

Wir sind mit Frankreich und Belgien die Vorreiter in der EU. Gleichzeitig haben wir unsere deutsche EU-Ratspräsidentschaft erfolgreich dafür genutzt, die Diskussionen und Entscheidungen über ein EU-einheitliches erweitertes Nährwertkennzeichnungssystem voranzubringen. Da sind wir sehr weit gekommen. Aber es gibt auch erhebliche Widerstände; das will ich auch sagen. Es gibt Mitgliedstaaten, in denen das Thema Verbraucherschutz keine so große Rolle spielt.

Wichtig ist, dass wir die Ernährungskompetenzen in allen Lebensphasen fördern: in den 1 000 ersten Tagen – das ist das eine –, in der Schule, aber auch, wenn es um unsere älteren Menschen geht. Ich fordere die Länder auf, die DGE-Qualitätsstandards für Essen in den Kitas und Schulen zur Verpflichtung zu machen. Mit der Gründung eines Instituts für Kinderernährung, den vielen Datenbasen und vor allen Dingen der Evaluation überprüfen wir die Wirksamkeit unserer Politik.

Ernährung geht uns alle an. Sie bestimmt unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit, unsere Lebensqualität. Sie hat Auswirkungen auf die Umwelt, sie hat Auswirkungen auf unser Klima, auch weltweit. Deshalb sage ich: Es ist kein Sprint, es ist ein Dauerlauf. Aber dieser Ernährungspolitische Bericht zeigt, dass wir erfolgreich unterwegs sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)