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Gitta Connemann: "Wir haben uns immer für die Menschen auf dem Land starkgemacht, auch heute"

Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 10 - Ernährung und Landwirtschaft

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Uns schickt der Himmel“, so lautet das Motto der Katholischen Landjugendbewegung – zu Recht; denn die Jugendlichen bewegen mit ihren Aktionen die Dörfer, und zwar ehrenamtlich. Sie schickt der Himmel. Im Alltag aber verblasst dieser Ruhm. Überörtlich erhält die Landjugend eher das Etikett „provinziell“. Mit diesem Vorurteil entlarven sich Überheblichkeit oder Unwissenheit. Das Land ist weder Idylle noch Niemandsland. 

Was sind die Fakten? Mehr als die Hälfte der Deutschen lebt auf dem Land. Es ist die Heimat des Mittelstandes. Familien können sich ein Eigenheim leisten. Die Natur ist nah. Nirgendwo gibt es mehr Ehrenamt als auf dem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber es fehlen auch Hebammen, Läden, Busverbindungen, Handyempfang. Häuser stehen leer, Grundschulen schließen, Vereine lösen sich auf. Diese Erkenntnisse sind nicht neu, aber die Aufmerksamkeit der Politik lag bisher mehsr auf den Ballungszentren. Für die ländlichen Regionen interessierten sich nur wenige Fraktionen, so wie wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Wir auch! – Gegenruf des Abg. Christian Haase [CDU/CSU]: Ihr wart ja nicht da!)

Wir haben uns immer für die Menschen auf dem Land starkgemacht, auch heute.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen: Investitionen in die ländlichen Räume sind Investitionen in die Zukunft von ganz Deutschland. Nur wenn ländliche Regionen attraktiv bleiben, wird Landflucht gestoppt und damit übrigens auch der Zuzug in Großstädte. Und genau hier setzt dieser Haushalt an. Im Mittelpunkt stehen die Menschen auf dem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dafür danke ich Frau Ministerin Julia Klöckner, die heute nicht bei uns sein kann. 

Mit 6 Milliarden Euro ist der Etat des Ministeriums so hoch wie noch nie. Dafür sagen wir: Respekt! 

(Beifall bei der CDU/CSU)

Über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, das Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ und den Sonderrahmenplan können wir mit 820 Millionen Euro Initiativen in den ländlichen Regionen fördern, und zwar gezielt. Das ist wichtig. Wir brauchen maßgeschneiderte Lösungen. Ländliche Räume sind nicht per se hilfsbedürftig, sie sind auch nicht per se stark. In Franken werden Fachkräfte gesucht, aus der Westpfalz wandern diese ab. Bei den einen boomt es, und die anderen fühlen sich abgehängt. Deshalb fordert übrigens auch der Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung den Mut zu regionalen Lösungen. Dafür brauchen wir Experimentierklauseln und Geld. 

In dieser Wahlperiode soll es 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für Landwirtschaft und ländliche Räume geben. Wir sagen an dieser Stelle: Dieses Geld muss spätestens ab 2019 zu 100 Prozent unserem Lebensministerium zur Verfügung stehen:

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

für den flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes und die flächendeckende Versorgung mit 5G-Mobilfunktechnik, die Förderung von Existenzgründern, gute Betreuungsangebote, die Sicherung von Fachkräften, Diskobusse, Gesundheitszentren, Dorfläden und für unsere Vereine, 600 000 an der Zahl.
(Michael Theurer [FDP]: Das ist eine Wunschliste, die aber umgesetzt werden muss!)

23 Millionen Ehrenamtliche packen in Deutschland mit an. Für uns sind sie Helden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Auf dem Land ist ohne das Ehrenamt kein Staat zu machen. Die Engagierten sichern die Daseinsvorsorge und damit das Überleben so mancher Ortschaft: in der Feuerwehr, im Sozialverband, in Chören oder Sportvereinen. Sie erwarten keinen Lohn, aber sie haben Anspruch auf Unterstützung. 

(Beifall der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])

Mit den BULE-Mitteln können Programme für dieses Netzwerk des Guten finanziert werden, wie zum Beispiel Land.Digital und LandKULTUR. Außerdem brauchen wir ein Programm „Hauptamt hilft Ehrenamt“. 

„Uns schickt der Himmel“ – was wäre die Landjugend ohne die Kinder von den Höfen? Ohne sie läuft nichts, und dennoch fühlen sie sich ausgegrenzt und sind es manchmal auch. Mobbing von Bauernkindern ist heute leider bittere Realität. Ein Grund dafür ist die Entfremdung zwischen Verbrauchern und Landwirtschaft. Heute wissen viele nicht mehr, wie ein Stall von innen aussieht. Deswegen fördert das BMEL Hofbesuche, aber auch Organisationen wie die Landfrauen. Mit dem aid-Ernährungsführerschein bringen sie die Ernährungskompetenz in die Schulen, und das ist gut so, Frau Kollegin Schulte. 

Wir wissen, dass Information bitter nottut, übrigens auch Information durch Bundesbehörden. Wir setzen auf Information statt auf Reglementierung. Die Alternative wäre nämlich Reglementierung. Das wäre der AfD, die diese Arbeit kritisiert hat, offenkundig lieber. Dazu kann ich nur sagen: Armes Deutschland. – Information tut nun einmal not, insbesondere angesichts verzerrter Bilder in der Öffentlichkeit. So mancher macht aus der Skandalisierung ein Geschäftsmodell. Und dann gibt es noch die Aktivisten. Sie dringen in Ställe ein, versetzen Tiere in Panik, filmen dort heimlich und verbreiten dann Aufnahmen – oft erst Monate später. Familien werden an den Pranger gestellt und haben kaum eine Chance, sich zu wehren. Das sind klare Straftaten, aber dennoch bleiben die Täter straffrei. Die Entscheidungen deutscher Gerichte kommentiere ich nicht, sage aber: Wer über Wochen Filmmaterial sammelt, die zuständigen Behörden nicht umgehend informiert, sondern vorrangig die Medien bedient, dem geht es nicht um das Wohl der Tiere.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Häufig geht es nur um die eigene Spendenkasse. Ich sage sehr deutlich: Hier müssen wir die Frage nach der Gemeinnützigkeit stellen, auch bei der Deutschen Umwelthilfe.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Dieser Abmahnverein hat jetzt Kinder von Tür zu Tür geschickt, um Spenden zu sammeln. Es ist gut, dass Baden-Württemberg diesem Spuk schnell ein Ende gemacht hat. 
Es zeigt sich aber ein grundsätzliches Problem. Dieses müssen wir angehen – für unsere Vereine, die sich an die Regeln halten, und nicht zuletzt für unsere Bauernfamilien. Sie sind das Herzstück und das Gesicht des ländlichen Raums. Sie stehen für den wirtschaftlichen Motor, die Land- und Ernährungswirtschaft auf dem Land. Deshalb stärken wir diese Betriebe, zum Beispiel durch eine weitere Beitragsentlastung bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, immerhin in Höhe von 178 Millionen Euro. Das ist tatsächlich einen Applaus wert. Denn am Ende sorgt es für die soziale Sicherung, und welchen Gesamtumfang diese einnimmt, hat auch Herr Parlamentarischer Staatssekretär Fuchtel eindrucksvoll dargestellt.

Weil wir wissen, wie wichtig diese Höfe mit vor- und nachgelagerten Bereichen für unsere ländlichen Regionen sind, halten wir als Union übrigens auch an den Direktzahlungen im Rahmen der GAP fest. Sie sind als Basisabsicherung unverzichtbar. Damit sorgen wir gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für Verlässlichkeit,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

die übrigens die Menschen auf dem Land jeden Tag leben: auf dem Feld, in der Gemeinde oder aber im Ehrenamt. Sie schickt uns der Himmel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)