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Gitta Connemann: Lassen Sie uns einen Endpunkt setzen, damit junge Menschen eine gesunde Zukunft haben

Redebeitrag zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen heute am Ende eines langen Wegs.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das stimmt!)

2003 bestätigte die Weltgesundheitsorganisation: Tabak macht krank, Tabak tötet, Nikotin macht süchtig. – Deshalb darf Werbung dafür eigentlich nicht mehr erlaubt sein.

Seitdem sind 17 Jahre vergangen. In dieser Zeit sind alle Argumente pro und kontra Tabakwerbung ausgetauscht worden – rechtliche, gesundheitliche, wirtschaftliche. Wer davon in besonderer Weise ein Lied singen kann, ist Christian Schmidt; denn er war in der letzten Legislaturperiode der Erste, der versucht hat, einen Gesetzentwurf durch dieses Parlament zu bringen. Insoweit stellvertretend für all diejenigen, die sich für dieses Thema eingesetzt haben, an dich: Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht jede Debatte war fair. Auch hier wurden Nebelkerzen gezündet, insbesondere in der letzten Debatte von der FDP: Wir würden den Menschen das Rauchen verbieten, wir würden die Werbung verbieten. – Falsch, Schall und Rauch! Darum geht es nicht. Es geht hier heute nur um eine einzige Frage: Kann ein 15‑Jähriger die Folgen einer Entscheidung überblicken, die sein Leben verändern kann?

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Er darf eh keine Zigaretten kaufen! Unsinn, Frau Connemann!)

Weiß ein Jugendlicher, dass schon die erste Zigarette krank machen kann, auch die E-Zigarette? Blei, Nickel, Chrom landen in der Lunge, und auf das Konto von Tabak gehen Krebs, Schlaganfälle, Herzinfarkte. Weiß ein Jugendlicher, dass Tabak tötet? 121 000 Menschen bezahlen den Griff zur Zigarette mit ihrem Leben – allein in Deutschland, jedes Jahr. Eine Stadt wie Göttingen stirbt, übrigens qualvoll. Weiß ein Jugendlicher, dass jedes Nikotinprodukt süchtig macht? Nikotin hat eine höhere Suchtpotenz als Heroin, egal ob aus einer Zigarette, einem Verdampfer oder einem Erhitzer. Nikotin erreicht spätestens in 20 Sekunden das Gehirn, „Shake and Vape“ lässt grüßen. – Nein, ein Jugendlicher weiß das nicht. Woher auch? Plakate zeigen keine Lungenkarzinome, sie zeigen Lebensgefühl – heute nicht mehr mit Cowboys oder dem „Duft der großen weiten Welt“, sondern mit entspannten jungen Menschen, die das Leben genießen und entspannt rauchen oder dampfen. Das wirkt.

Der Griff zur ersten Zigarette erfolgt eben nicht als Erwachsener. Der Griff zur ersten Zigarette erfolgt durchschnittlich im Alter von 14,8 Jahren. Und in der letzten Anhörung bestätigten die Sachverständigen: Ein Jugendlicher, der mit Werbung in Berührung kommt, wird doppelt so häufig zur Zigarette greifen als sein Gegenüber. – Werbung wirkt. Deshalb wird auch dafür gezahlt: 235 Millionen Euro pro Jahr.

Und jetzt noch einmal die Frage an uns alle: Kann ein 15-Jähriger die Folgen einer solchen Entscheidung überblicken? Die Antwort für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lautet: Nein, er kann es nicht, und deshalb haben wir die Pflicht, ihn zu schützen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

E-Zigarette, Erhitzer, Verdampfer – ohne Frage gibt es Unterschiede zwischen den Produkten. In der Anhörung wurde diskutiert, ob es sich um Ausstiegsinstrumente oder Einstiegsdrogen handelt. Aber eines ist bereits heute gesichert: Auch E-Zigaretten mit Nikotin machen süchtig. Und für Jugendliche sind Aromen wie Erdbeere und Co absolut verlockend. Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt deshalb auch: Gebt Acht, was ihr in euch reinpfeift. Die E-Zigarette ist kein Wellnessprodukt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir differenzieren in diesem Gesetzentwurf bei den Werbebeschränkungen – Schritt für Schritt. Tabak wird anders behandelt als die E-Zigarette.

(Martin Reichardt [AfD]: Das ist echt unvorstellbar!)

Meine Damen und Herren, eine Frage bleibt: Wo fangen wir an, wo hören wir auf?

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Süßigkeiten!)

Ist das Nächste das Verbot von Alkohol oder Süßigkeiten?

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja!)

Die Antwort lautet: Nein. – Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Oh, mit solchen Versprechen wäre ich vorsichtig!)

Denn es gibt kein Produkt, das mit Tabak vergleichbar wäre. Tabak ist einmalig. Es ist das einzige legale Produkt, das bei bestimmungsgemäßem Konsum krank macht und tötet, von der Suchtpotenz von Nikotin ganz zu schweigen! Damit sind Alkohol oder Zucker nicht zu vergleichen. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch machen diese Produkte weder krank noch abhängig. Ein Glas Wein macht noch keinen Alkoholiker, ein Schokoriegel keine Fettleber. Hier macht die Dosis das Gift.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf – nach 17 Jahren – basiert auf den Grundlagen von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Am Montag gab es eine Anhörung. Alle acht Sachverständigen, egal von welcher Fraktion berufen, forderten Werbeverbote für Tabak und Nikotin – alle acht! Wer heute also gegen diesen Gesetzentwurf stimmt, stimmt nicht nur gegen Sachverstand. Wer heute gegen diesen Gesetzentwurf stimmt, stimmt auch gegen die Gesundheit von Jugendlichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb fordere ich Sie auf: Lassen Sie uns bitte heute einen Endpunkt setzen, damit junge Menschen eine gesunde Zukunft haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)