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Dr. Wolfgang Stefinger: Mobilität ist für unsere Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung

Rede zur Mobilitätsforschung

Wie ich sehe, scheinen die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen durchaus aufmerksam den Koalitionsvertrag studiert zu haben. Aus diesem Dokument geht klar hervor: „Wir wollen … eine moderne, saubere, barrierefreie und bezahlbare Mobilität“ für unser Land, für unsere Städte, für unsere ländlichen Regionen. Und ja: Wir wollen „Experimentierräume“ schaffen, um innovative Technologien und neue Geschäftsmodelle zu testen. Das Thema Mobilität ist daher auch eines der zentralen Themenfelder der neuen Hightech-Strategie, und auch hier sind Erprobungsräume explizit genannt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich habe eine gute Nachricht für Sie: Die Koalition tut für die Förderung der Mobilitätsforschung bereits eine ganze Menge, um zukunftsweisende Mobilitätssysteme und -konzepte zu realisieren. Die Koalition ist weder taub noch blind oder lahm – sie ist längst auf dem Weg zur Mobilität 4.0.

In der Tat: Wir stehen bei der Realisierung der Mobilität der Zukunft vor einer Reihe von Herausforderungen: Da sind: der demografische Wandel, die fortschreitende Urbanisierung, der unaufhaltsame Vormarsch der Digitalisierung und Automatisierung sowie disruptiver Geschäftsmodelle, die Bekämpfung des Klimawandels und die Notwendigkeit von mehr Energieeffizienz, der Wunsch nach höherer Lebensqualität, sich verändernde Mobilitätskulturen und auch die bessere Anbindung und die Weiterentwicklung ländlicher Räume.

Das alles erfordert von uns neue Antworten und innovative, vor allem aber auch praxistaugliche Ansätze. Im Kern geht es um die Frage, wie wir neue Technologien, Konzepte und Geschäftsmodelle schneller auf die Straße, die Schiene, den Radweg, das Wasser, ja sogar in die Luft bringen und wie all diese Dimensionen ineinandergreifen können.

Intelligente Verkehrssysteme, Carsharingmodelle, automatisiertes und autonomes Fahren, emissionsfreie Busse und irgendwann sicherlich auch Flugtaxis und Kurierdienste mit Drohnen werden künftig unsere Städte prägen. Neue Mobilitätskonzepte werden zweifellos auch die ländlichen Gebiete erheblich beeinflussen, vermutlich aber in anderer Art und Weise als in Ballungsräumen.

Wir dürften uns einig sein: Mobilität ist für unsere Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung – für Arbeitsplätze und Wohlstand, aber auch für die Freiheit jedes Einzelnen. Der Wandel birgt zudem gewaltige Chancen und Perspektiven für den Innovationsstandort Deutschland – für die Automobilwirtschaft und viele andere Branchen. Die Wissenschaft leistet dazu einen unerlässlichen Beitrag.

Klar ist aber auch: Der Weg zur Mobilität 4.0 in all ihren Facetten gelingt uns sicherlich nicht im Hauruckverfahren und ganz bestimmt nicht mit einem Hals-über-Kopf-Feldzug gegen das Automobil und damit auch gegen die Gewerbe, die in besonderem Maße auf Kraftfahrzeuge angewiesen sind.

Ich wende mich entschieden dagegen, dass jeden Tag aufs Neue versucht wird, uns aufzutischen, was wir angeblich alles verschlafen haben und wo wir angeblich abgehängt wurden. Konstruktive Kritik und wachsame Augen sind ein wichtiger Motor des Fortschritts, ständige Schwarzmalerei und Kassandrarufe sind es jedoch gewiss nicht. Gerade kürzlich hat das Weltwirtschaftsforum in seinem globalen Wettbewerbsbericht 2018 gezeigt, dass unser Land in Sachen Innovationsfähigkeit weltweit ganz oben steht. Das zeigt, dass die Koalition den richtigen Kurs eingeschlagen hat.

Wenn man betrachtet, was der Bund im Bereich der Mobilitätsforschung alles unternimmt, dann stellt man fest: Es ist wahrlich eine ganze Menge. Noch für dieses Jahr plant das Bundesforschungsministerium die Bekanntgabe einer Förderlinie zu nachhaltigen urbanen Mobilitätssystemen. Dabei geht es zum einen darum, das Verständnis des komplexen Systems Mobilität zu vertiefen; denn wir brauchen zunächst einmal eine solide Wissensbasis. Zum anderen sollen kommunale Modellprojekte gefördert werden, in denen Machbarkeit und Wirkung neuer Mobilitätskonzepte erprobt und demonstriert werden. Nach dem, was ich vernommen habe, will das BMBF bis ins Jahr 2024 bis zu 70 Millionen Euro in die Mobilitätsforschung investieren. Damit packen wir das an, was wir im Koalitionsvertrag und in der neuen Hightech-Strategie vereinbart haben. Daneben fördert das BMBF noch eine Reihe von Einzelvorhaben zu den Themen „Urbane Mobilität“, „Urbane Logistik“ und „Neue Formen von Wohn- und Mobilitätsdienstleistungen“, etwa im Rahmen der Forschungsagenda „Zukunftsstadt“.

Sicherlich haben Sie auch schon mal von der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“, vormals Nationale Plattform Elektromobilität, gehört. Unter Federführung des BMVI arbeiten hier mehrere Ressorts gemeinsam mit Vertretern von Ländern und Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden in sechs Arbeitsgruppen an zentralen Fragen: Klimaschutz im Verkehr, alternative Antriebe und Kraftstoffe, Digitalisierung und automatisiertes Fahren, Standardisierung und vieles mehr.

Wie Sie wissen, bilden Digitalisierung und Vernetzung das Nervensystem der Mobilität 4.0. Daher fördert das BMVI seit 2016 im Rahmen der Forschungsinitiative Modernitätsfonds entsprechende Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Bis 2020 stehen dafür Fördermittel in Höhe von 150 Millionen Euro zur Verfügung. Davon profitieren Start-ups, Forschungseinrichtungen und Unternehmen sowie Behörden. Ferner ermöglicht der Fonds die Nutzung von Geo-, Wetter- und Mobilitätsdaten.

Mit der Förderrichtlinie „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ als Teil des „Sofortprogramms Saubere Luft 2017–2020“ unterstützt das BMVI den ÖPNV – auch in meiner Heimatstadt München. Hier soll eine umfangreiche digitale Plattform aufgebaut werden – nützlich für Radverkehrsplanung, Verkehrssicherheit und Baustellenmanagement. Deshalb halte ich es für falsch, voreilig den Stab über dem Sofortprogramm zu brechen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.

Zu guter Letzt noch ein Blick auf eine besonders faszinierende Zukunftstechnologie, an der weltweit geforscht wird: Urban Air Mobility – die Entwicklung von Flugtaxis samt erforderlicher Infrastruktur. In Ingolstadt sollen mit Unterstützung der EU, des Freistaates Bayern und von Partnern aus Industrie und Wissenschaft innovative Mobilitätskonzepte für den urbanen Luftraum entwickelt und erprobt werden. Womöglich hat diese Technologie das Potenzial, die Mobilität in unseren Städten spürbar zu verändern.

Wenn wir das alles zusammennehmen, so sehen wir: Die Koalition ist in Sachen Mobilitätsforschung bereits auf einem guten Weg. Mit dem BMBF-Förderprogramm „Nachhaltige urbane Mobilitätssysteme“, in dessen Rahmen Experimentierräume geschaffen werden sollen, legen wir Ende des Jahres noch eine Schippe drauf. Lassen Sie uns über weitere gute Ideen und Ansätze für die Mobilitätsforschung und für die Umsetzung der Mobilität der Zukunft gerne im Bildungs- und Forschungsausschuss diskutieren.