Skip to main content

Dr. Klaus-Peter Schulze: Ich begrüße, dass wir das Helgoländer Papier auch umsetzen

Rede zum Schutz für Wälder

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Besucherrängen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht sollten wir wieder ein bisschen mehr in die sachliche Diskussion einsteigen.

(Frank Sitta [FDP]: Ja, das stimmt allerdings! – Gegenruf des Abg. Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bei dem Antrag aber schwer! – Gegenruf des Abg. Frank Sitta [FDP]: Das ist bei euch auch öfter so!)

– Ja, aber man kann sich trotzdem sachlich über die Dinge unterhalten.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Das war doch sachlich!)

Ich möchte zunächst eine Bemerkung zu Herrn Busen und Herrn Bleck machen. In der Regel werden Windkraftanlagen, wenn sie ihre Zeit erreicht haben, zurückgebaut und durch andere ersetzt. Mir ist kein Fall bekannt, in dem eine solche Anlage an ihrem Standort stehen geblieben ist.

(Andreas Bleck [AfD]: Schleswig-Holstein!)

Vielmehr werden sie nachgenutzt, weil die Flächenpotenziale – dazu komme ich nachher noch – erheblich eingeschränkt sind.

Ich war von 2009 bis 2013 als stellvertretender Vorsitzender der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald auf einer Fläche von 7 200 Quadratkilometern für die Erstellung des Teilregionalplanes Windkraft verantwortlich. Da merkt man, in welchen Zielkonflikt wir insgesamt kommen, wenn der Siedlungsbestand, rechtskräftige Bebauungspläne, Wasserschutzzonen, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete usw., Wald mit Schutzverordnung und stehende Gewässer als Erstes ausgeschlossen werden und bei einem zweiten Überblick dann noch die Überschwemmungsgebiete, Naturparke, FFH-Gebiete und Denkmalschutzbereiche herausgenommen werden – alles Restriktionsflächen. Die Vorgabe, in diesem Fall die des Landes Brandenburg, war: 2 Prozent der Regionalfläche sind auszuweisen. Das war mit Sicherheit nicht zu erreichen.

Aus diesem Grund haben wir uns nach sehr langer Diskussion entschieden, den Weg zu beschreiten, monostrukturierte Kiefernwälder, die sich nach Möglichkeit auf nährstoffarmen Standorten befinden, auch für die Windkraftnutzung freizugeben. Dieser Diskussionsprozess dauerte insgesamt vier Jahre. Im Ergebnis konnten wir gerade einmal 1,8 Prozent der Regionalfläche ausgleichen. Das ist aus meiner Sicht ein Punkt, der dazu führt, dass wir aufgrund des nicht ausreichenden Flächenpotenzials diesen Weg gehen müssen. Nichtsdestotrotz – das hat mein Kollege Gerig schon gesagt – müssen wir damit natürlich sehr sensibel umgehen und auf der Grundlage entsprechender Analysen sehr genau prüfen: Welche Waldflächen sind überhaupt geeignet und welche nicht? Das ist das Erste.

Das Zweite – Herr Krischer hat schon angedeutet, dass dazu noch eine Bemerkung von mir kommen wird – ist das Thema Artenschutz und das sogenannte Helgoländer Papier. Natürlich begrüße ich als Natur- und Artenschützer und als zuständiger Berichterstatter im Umweltausschuss sehr, dass wir das Helgoländer Papier auch umsetzen. Aber wir müssen auch da schauen: Wie sind die Flächenpotenziale? Wir hatten im Jahr 2005 470 Seeadlerpaare; inzwischen sind es 700. Die Entwicklung ist nicht ganz so rasant wie beim Wolf, aber immerhin. Wenn man weiß, dass 2 800 Hektar Fläche im Umfeld eines Seeadlerbrutplatzes nicht genutzt werden können, dann kann man sich schnell ausrechnen, welche Flächenpotenziale auch hier eingeschränkt werden.

Was mir viel mehr Sorgen macht, ist, dass eine der europäischen Hauptzugrouten, die Via Baltica, in Mecklenburg-Vorpommern mit Windparks bestückt werden soll. Hier muss man sich wirklich überlegen, ob man diesen Weg gehen sollte, auch im Interesse des Natur- und Artenschutzes.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten uns ehrlich machen: Wie viel Fläche haben wir denn in Deutschland zur Verfügung, um Windkraftanlagen zu errichten? Dazu gibt es eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahre 2013. Da sagt man beim ersten Aufschlag, es sind 14 Prozent der Landesfläche in Deutschland. Beim zweiten Aufschlag sagt man, man weiß es nicht genau; vielleicht sind es auch bloß 2 Prozent, weil es die und die Restriktionen gibt – ich habe sie schon angesprochen – und weitere Flächen, zum Beispiel Radaranlagen der Bundeswehr, nicht bebaut werden dürfen.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um auf Ihren Antrag einzugehen. Wir sollten uns in den nächsten Wochen und Monaten die Karten ansehen und schauen: Wie groß ist das Potenzial, das wir haben? Welche Wege sind notwendig, um den Zielkonflikt zwischen Klimaschutz, Energiewende und Natur- und Artenschutz sachgerecht zu lösen? Erst wenn wir diese Zahlen verbindlich auf dem Tisch liegen haben, können wir uns darüber unterhalten, inwieweit wir in Waldflächen eingreifen müssen. Ich sage: Wertvolle Mischwaldbestände und reich strukturierte Nadelbestände sollten mit Sicherheit zu Restriktionsflächen erklärt werden.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)