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Dr. Klaus-Peter Schulze: Die Meere sind von zentraler Bedeutung für die Stabilität unseres Klimas und unserer Ökosysteme

Redebeitrag zum Meeresschutzgebiet im Weddellmeer

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Planet ist zu mehr als zwei Dritteln von Meeren bedeckt. Sie verbinden seit jeher die Menschen dieser Welt miteinander, sind Quelle für Nahrung und Rohstoffe und von zentraler Bedeutung für die Stabilität unseres Klimas und unserer Ökosysteme. Das jahrhundertelang geltende Prinzip „Freiheit der Meere“ verdeutlicht den besonderen Stellenwert. Doch genau dieser unbegrenzte Zugang und Zugriff auf die Ressourcen der Meere hat zu umfassenden Problemen geführt: Raubbau an Rohstoffen und Fischbeständen sowie Verschmutzung durch Schifffahrt und Abfälle, insbesondere durch Mikroplastik.

Die Weltmeere sind erschöpft. Aus diesem Grund brauchen wir Schutzgebiete, in denen die Natur sich selbst überlassen bleibt und sich von schädlichen menschlichen Einflüssen erholen kann. Damit können wir zwar nicht die Erwärmung der Meere infolge des Klimawandels oder deren Verschmutzung durch Plastik eindämmen; denn beides ist grenzenlos. Wir können jedoch durch das Unterbinden der Fischerei, des Rohstoffabbaus und durch die Einschränkung des Schiffverkehrs dafür sorgen, dass Schutzgebiete zu einem Erholungsraum für die marine Flora und Fauna werden und die Ökosysteme intakt bleiben. Genau darum geht es bei der Einrichtung eines 2,2 Millionen Quadratkilometer großen Meeresschutzgebietes im antarktischen Weddellmeer. Es handelt sich dabei um unberührte Gebiete mit hoher Biodiversität.

Wenn Sie, Herr Bleck, hier kritisieren, dass Deutschland dort keine Interessen hat,

(Andreas Bleck [AfD]: Keine wirtschaftlichen!)

sich aber trotzdem für den Schutz einsetzt, kann ich nur sagen: Wir haben es vor drei Jahren, glaube ich, geschafft, das Rossmeer unter Schutz zu stellen. Die Forschungsergebnisse, die durch das Alfred-Wegener-Institut im Rossmeer erzielt wurden, waren einer der entscheidenden Gründe dafür, dass die Unterschutzstellung erfolgreich war. Auch wenn sie für das Rossmeer zunächst auf 30 Jahre festgesetzt ist, ist das richtig. Es geht also nicht nur Deutschland darum, dort ein Schutzgebiet zu etablieren, sondern auch vielen anderen Ländern, auch Ländern, die wirtschaftliche Interessen in der Antarktis haben; das muss man ganz einfach wissen.

Mit unserem interfraktionellen Antrag möchten wir der Bundesregierung nun Rückenwind für die anstehenden Verhandlungen geben und sie in ihren Bemühungen unterstützen, auf der diesjährigen oder der nächsten Jahrestragung der zuständigen Antarktis-Konferenz die Einrichtung eines Meeresschutzgebietes zu realisieren. Mut macht dabei, dass Norwegen, das in der Vergangenheit noch dagegengearbeitet hat, jetzt als Unterstützer auftritt. Nun müssen wir nur noch Russland und China überzeugen, ihre Blockadehaltung aufzugeben.

Eine Schlüsselstellung im Ökosystem des Weddellmeeres nimmt Krill ein. Krille sind Krebstiere, die in großen Schwärmen im Meer leben. Sie stellen einen zentralen Pfeiler des Nahrungsnetzes im Weddellmeer dar. Aufgrund des hohen Gehaltes an Omega-3-Fettsäuren ist Krill jedoch zunehmend in den Fokus der Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln geraten. Sie möchten die Krillbestände unter anderem gerne dafür nutzen. Es besteht aber die Möglichkeit, alternativ Omega 3 zu beschaffen, indem man beispielsweise Mikroalgen nutzt.

(Zuruf von der AfD: Walnuss!)

Es wäre also eine Möglichkeit, Pflanzen wie Lein oder Raps Gene von Mikroalgen zuzusetzen, um so deren Produktion von Omega-3-Fettsäuren zu unterstützen. Hier könnten moderne Züchtungsmethoden wirksam für den Natur- und Umweltschutz eingesetzt werden.

Der diesjährige Nobelpreis für Chemie wurde gestern zwei Wissenschaftlerinnen verliehen – eine aus den USA und eine Französin, die aber in Deutschland arbeitet –, die die CRISPR/Cas9-Genschere methodisch vorbereitet und umgesetzt haben. Hiermit ist eine Technologie vorhanden, die dabei zum Beispiel zum Einsatz kommt.

Ich bin der Ansicht, wir sollten solche modernen Technologien nicht gleich von Anfang an aus ideologischen Gründen ablehnen, sondern versuchen, den Rechtsrahmen für den Einsatz von CRISPR/Cas9 in der Europäischen Union zu setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mittlerweile wird rund um die EU auf dieser Basis intensiv geforscht. Und wenn man überlegt, dass wir diese Forschung, die in Deutschland durch die Französin vorangebracht wurde, noch mit eigenen Steuermitteln unterstützt haben, aber jetzt diese Technologie ablehnen, dann, sage ich, meine Damen und Herren, ist das Steuerverschwendung. Das sollten wir nicht tun.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Zuletzt möchte ich noch kurz auf das eingehen, was Kollege Schwabe angesprochen hat. Wir sollten wirklich nicht nur in 15 000 Kilometer Entfernung schauen, sondern auch bei uns vor der eigenen Haustür. Ich möchte das, was ich schon in der letzten Rede zu dem Thema „Ausbau der Windkraft auf dem Meer“ angesprochen und gefordert habe, noch einmal sagen: Wir brauchen erst eine maritime Raumordnung,

(Andreas Bleck [AfD]: Richtig!)

die alle Belange – ob das Natur- und Artenschutz ist oder Rohstoffe, Fischerei, Schiffsverkehr und natürlich die regenerativen Energien betrifft – abwägt und auf Grundlage dieses Planes dann Entscheidungen trifft, wie viele Offshoreanlagen wir noch einrichten können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Judith Skudelny [FDP])

Abschließend möchte ich mich bei meinen Kollegen aus den beteiligten Fraktionen und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Büros ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Judith Skudelny [FDP])