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Dr. Jan-Marco Luczak: Die Union ist selbstverständlich an der Seite der Mieterinnen und Mieter

Rede zur Reform des Mietrechts

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Bayram, Sie können sicher sein: Als Union und als Koalition sind wir selbstverständlich an der Seite der Mieterinnen und Mieter.

(Ulli Nissen [SPD]: Herr Luczak, bei Ihnen bin ich mir nicht so sicher!)

– Da können Sie sich sicher sein, Frau Kollegin.

(Ulli Nissen [SPD]: Da bin ich gespannt!)

Was ich bzw. wir immer betonen – das haben wir auch in der letzten Debatte zum Mietrecht gesagt –, ist, dass es nicht geht, dass wir den Menschen, insbesondere den Mieterinnen und Mietern in unserem Land Sand in die Augen streuen, indem wir ihnen sagen: Es gibt für die steigenden Mieten eine ganz einfache Lösung. Wir machen einen Deckel drauf, und dann ist alles gut. – So ist es nicht.

(Ulli Nissen [SPD]: Das haben wir in Frankfurt erfolgreich gemacht! – Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Hören Sie doch einmal zu! Meine Güte!)

Wir dürfen deshalb hier nicht mit der Forderung nach bestimmten Maßnahmen und Instrumenten Erwartungen wecken, die wir letztlich nicht erfüllen können.

Wir nehmen als Union und auch als Koalition den Schutz von Mieterinnen und Mietern sehr ernst. Wenn Sie sich unseren Koalitionsvertrag anschauen, stellen Sie fest, dass wir darin sehr viele sehr gute und sehr ausgewogene Maßnahmen vorgestellt haben, die wir in dieser Legislaturperiode ergreifen wollen. Wir sind uns im Ziel völlig einig: Wir wollen nicht, dass Menschen aus ihren Wohnungen herausmodernisiert werden, dass sie sich ihre Miete nicht mehr leisten können.

(Ulli Nissen [SPD]: Dann müssen wir das auch machen!)

Wir wollen aber den richtigen Weg gehen und nicht den einfachen Weg. Der richtige Weg, meine Damen und Herren, ist nun einmal – daran gibt es auch nichts herumzudeuteln –: Wir müssen uns mit den Ursachen von steigenden Mieten beschäftigen. Eine Ursache für steigende Mieten ist, dass wir zu wenige Wohnungen in unserem Land haben. Das ist ganz eindeutig.

Ich möchte ein Beispiel anführen, das ich hier im Plenum schon einmal vorgetragen habe. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass wir die Mietpreisbremse noch so sehr verschärfen können – wir lesen jetzt ja auch wieder im Antrag der Grünen, dass sie fordern, die zulässige Miethöhe bei Neuvermietung von 10 auf 5 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu reduzieren und die Ausnahmen, die es bei der Mietpreisbremse berechtigterweise gibt, abzuschaffen –, aber all das nichts nutzt, wenn wir nicht genügend Wohnungen haben. Hier in Berlin, in Prenzlauer Berg, haben sich auf eine schön geschnittene Wohnung, die relativ günstig war, 1 400 Menschen beworben. 1 400 Menschen!

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Weil sie günstig war, Herr Luczak!)

Ganz egal, wie sehr wir die Mietpreisbremse verschärfen, Herr Kühn, am Ende des Tages gehen von diesen 1 400 Menschen 1 399 ohne Mietvertrag nach Hause. Das zeigt uns doch ganz deutlich, was wir tun müssen:

(Ulli Nissen [SPD]: Beides machen! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bezahlbare Wohnungen!)

Wir müssen für ein größeres Angebot auf dem Wohnungsmarkt sorgen. Wir müssen mehr, schneller und kostengünstiger bauen. Nur das bringt letztlich eine Entlastung an dieser Stelle.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Wir wollen beides!)

Weil wir das als Ziel identifiziert haben, haben wir ja auch im Koalitionsvertrag eine große Wohnungsbauoffensive auf den Weg gebracht.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lenken Sie nicht ab! Reden Sie zum Mietrecht! Sie wollen beim Mietrecht nichts machen! Deshalb zünden Sie Nebelkerzen!)

Unser Ziel – das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel – lautet: Neubau von 1,5 Millionen Wohnungen in dieser Legislaturperiode. Wir sind jetzt dabei. Wir haben das Baukindergeld rückwirkend zum 1. Januar 2018 beschlossen. Wir haben als Union durchgesetzt, dass es keine fragwürdigen Einschränkungen bei der Quadratmeterzahl gibt.

(Zurufe der Abg. Ulli Nissen [SPD] und Niema Movassat [DIE LINKE])

Das kommt. Das wird Familien entlasten. Wenn Familien ein Eigenheim erwerben können, weil sie die Hürde des Eigenkapitals besser überspringen können, wird dadurch natürlich der Mietwohnungsmarkt entlastet. Deshalb ist das Baukindergeld etwas absolut Richtiges.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bayram?

Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU):

Frau Bayram hat gerade geredet. Wir müssen das hier ja nicht verlängern nach dem langen Abend, den wir gestern alle miteinander hatten.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie von der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Der zweite Punkt neben dem Baukindergeld ist die soziale Wohnraumförderung. Das ist auch ein ganz wichtiger Baustein. Da gehen wir über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinaus und legen auf die 2 Milliarden Euro, die wir für diesen Bereich zur Verfügung stellen, noch einmal 500 Millionen Euro obendrauf. Das heißt, in den nächsten Jahren stehen zusätzlich 2,5 Milliarden Euro für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung.

An dieser Stelle adressiere ich an die Länder: Wir erwarten, dass dieses Geld – wir werden das mit einer Grundgesetzänderung entsprechend verankern –

(Judith Skudelny [FDP]: Haben Sie eine Mehrheit?)

zweckgerichtet, zielgerichtet eingesetzt wird, dass es wirklich in den sozialen Wohnungsbau fließt und nicht irgendwelche anderen Haushaltslöcher damit gestopft werden. Das Geld muss den Mieterinnen und Mietern ganz direkt zugutekommen. Da sind die Länder in der Pflicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Da sind wir in der Pflicht, ein gutes Gesetz zu machen!)

Da wir gerade bei den Ländern sind: Sie fordern ja in Ihrem Antrag auch etwas in Bezug auf die Betriebskosten. Sie sagen, sie müssten gerechter gestaltet werden. Da bin ich sehr dafür. Sie machen zum Beispiel einen Vorschlag zur Grundsteuer. Die Grundsteuer kann ja über die Betriebskosten direkt auf die Mieter umgelegt werden. Sie sagen, das soll abgeschafft werden; das soll zukünftig allein bei den Eigentümern verbleiben.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da muss man sich einmal ein Stück weit die Zahlen vergegenwärtigen: Das Volumen der Grundsteuer liegt bei etwa 14 Milliarden Euro; das ist jetzt eine sehr grobe Rechnung. Wenn man jetzt sagt, man schafft das ab, dann muss man sich natürlich fragen: Wer zahlt denn hinterher die Grundsteuern? Das wird am Ende natürlich bei den vermietenden Eigentümern landen.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja auch richtig! Das ist eine Eigentumssteuer!)

Dann stellt sich natürlich die Frage: Welche Folgen hat das? Das macht das Mieten am Ende nämlich nicht billiger, weil natürlich auch die Refinanzierung gewährleistet sein muss. Dieses Geld muss dann über die Nettokaltmieten und andere Dinge hereingeholt werden.

Der entscheidende Punkt muss doch sein – an dieser Stelle kann ich die Grünen einmal auffordern, ihrer Verantwortung gerecht zu werden –, von den hohen Grundsteuersätzen herunterzukommen. Da blicke ich einmal auf mein eigenes Bundesland, das Land Berlin. Wir haben hier den zweithöchsten Hebesatz, den es in ganz Deutschland gibt, nämlich 810 Prozent. Es wäre doch eine Aufgabe der Kollegen, die hier für Berlin Verantwortung tragen – da regiert ja Rot-Rot-Grün –, an ihre Landesregierung zu appellieren, diese hohen Grundsteuersätze zu senken. Das würde ganz unmittelbar nicht nur die Mieterinnen und Mieter, sondern auch die Eigentümer entlasten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Einen letzten Punkt, den Sie in Ihrem Antrag ansprechen, möchte auch ich erwähnen. Sie plädieren dafür, § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zu reformieren, und wollen das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens einer Wohnmangellage streichen. Das würde im Ergebnis dazu führen – so formulieren Sie es auch in Ihrem Antrag –, dass sich ein privater Kleinvermieter, der seine Wohnung vermietet und vielleicht nicht auf den Euro genau ausgerechnet hat, wie hoch denn tatsächlich die ortsübliche Vergleichsmiete plus 10 Prozent ist, möglicherweise einer Ordnungswidrigkeitensanktion ausgesetzt sieht. Das muss man sehen. Wenn man dieses Tatbestandsmerkmal abschaffen würde, hätte man ein großes Problem, weil dann natürlich viele Eigentümer sagen würden: Auf dieses Glatteis begebe ich mich nicht. Ich ziehe mich völlig aus dem Wohnungsbau zurück und investiere auch nicht mehr in den Wohnungsneubau. – Deswegen wäre das absolut kontraproduktiv.

Man muss immer wieder sagen – Sie, Frau Bayram, haben das ja angesprochen –: Es sind doch nicht die großen Kapitalgesellschaften, die den Wohnungsbestand in unserem Land vorhalten, sondern es sind die privaten Kleinvermieter; diese stellen zwei Drittel der Wohnungen in unserem Land zur Verfügung. Wenn wir das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, umsetzen würden – es gibt noch viele Dinge mehr; darauf werden die Kollegen noch eingehen –, dann würden wir diese Kleinvermieter verschrecken. Es würde niemand mehr in den Wohnungsneubau und in die Modernisierung des Bestandes investieren. Damit würden wir allen Menschen in unserem Land schaden, den Mieterinnen und Mietern ganz vorneweg. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber ein spärlicher Applaus bei der Union!)