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Dr. Christoph Ploß: Wir wollen auf neue Technologien setzen

Redebeitrag zum Lkw-Abbiegeassistentengesetz

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute Abend und natürlich auch generell im Deutschen Bundestag über Verkehrspolitik diskutieren und Gesetze beschließen, dann betrifft das im Prinzip jeden Deutschen; denn jeder ist im Alltag mal Radfahrer, mal Fußgänger; mal nutzt man den öffentlichen Nahverkehr oder auch das Auto. Deswegen sind die Entscheidungen hier für den Alltag von jedem Deutschen von enormer Bedeutung.

(Grigorios Aggelidis [FDP]: Was ist mit den Nichtdeutschen?)

Deshalb treiben wir als CDU/CSU-Fraktion zusammen mit Staatssekretär Enak Ferlemann und dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer diverse verkehrspolitische Themen ja auch voran. Wir sagen: Der Verkehr muss durch Investitionen in Elektromobilität, Wasserstoffantrieb und E-Fuels klimafreundlicher werden.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal zum Thema!)

Wir wollen außerdem Infrastrukturprojekte in Deutschland beschleunigen. Dafür haben wir alleine in dieser Legislaturperiode vier Planungsgesetze auf den Weg gebracht,

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Thema!)

mit denen wir unter anderem die Behörden digitalisiert und für mehr Personal in den Planungsbehörden gesorgt haben.

Wir wollen daneben vor allem auch die Antwort auf eine Frage weiter vorantreiben, die sich viele von uns im Land jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit und natürlich auch auf vielen anderen Wegen stellen, nämlich: Wie kommt man sicherer von A nach B? Wie kommt man unfallfrei durch den Straßenverkehr?

Bevor wir gleich zu den Abbiegeassistenzsystemen kommen, will ich noch mal grundsätzlich sagen, dass wir seit Beginn der 1970er-Jahre in Deutschland eine enorme Erfolgsgeschichte zu verzeichnen haben. Damals hatten wir – und das betraf damals nur Westdeutschland – über 20 000 Tote im Straßenverkehr. Heute sind es noch 3 000 Verkehrstote. Jeder Verkehrstote ist ein Toter, ein Opfer, zu viel, und deswegen treiben wir als CDU/CSU-Fraktion auch die Vision Zero voran, damit wir so schnell wie möglich überhaupt keine Toten im Straßenverkehr mehr haben.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie aber was tun! Wann denn?)

Was braucht es dazu? Dazu brauchen wir unterschiedliche gesetzliche Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren beschlossen wurden – von der Gurtpflicht über das Senken der Promillegrenze bis hin zu modernen Formaten wie Podcasts und Social Media. Gerade im Bereich der Verkehrserziehung gibt es mittlerweile wunderbare Angebote. Ich will eines mal ganz kurz erwähnen: Der Fußballbundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich, der aus meinem Wahlkreis Hamburg-Nord stammt, macht das ganz wunderbar. Er begeistert über Social Media und über moderne Podcasts viele Kinder und Jugendliche dafür, dass sie sich an die Regeln im Straßenverkehr halten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gelbhaar?

 

Dr. Christoph Ploß (CDU/CSU):

Gerne. Er scheint noch nicht so schnell Feierabend machen zu wollen.

(Marianne Schieder [SPD]: Leider!)

Ich hatte mich schon gewundert, dass er bis jetzt keine gestellt hat.

 

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich habe gewartet, bis Sie zum Thema kommen; das hat ein bisschen gedauert.

 

Dr. Christoph Ploß (CDU/CSU):

Ich habe ja noch gut zwei Minuten und dachte, ich nähere mich heute mal von der Metaebene.

 

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das ist ja fast wie bei einem Zwiegespräch. – Ich habe gedacht, ich gebe Ihnen ein bisschen mehr Redezeit, damit Sie dann auch zum Thema reden können.

Sie haben jetzt gerade die Gurtpflicht erwähnt und irgendwas von den 70er-Jahren und der Promillegrenze erzählt. Das ist alles sehr, sehr lange her. Es geht ja um das Jetzt und darum, was wir jetzt tun können.

Wir haben im Jahr 2010 3 648 Verkehrstote gehabt. Das war ein niedriger Stand, wie Sie gerade referierten; das kann man so oder so betrachten. Damals ist gesagt worden, wir wollen im Jahr 2020 – also jetzt, in diesem Jahr – 40 Prozent weniger Verkehrstote haben. Man hat also nicht mal von der Vision Zero, sondern von 40 Prozent weniger gesprochen.

Ich habe das mal ausgerechnet. Das wären dann 2 188 Verkehrstote gewesen. Es ist schon ein bisschen komisch, wenn man über solche Zahlen redet, aber so ist es ja. Im Jahr 2019 hatten wir aber 3 046 Verkehrstote. Da ist eine Differenz von 858, und ich mutmaße, dass es dieses Jahr auch nicht besser aussehen wird.

Sie erzählen hier jetzt was von Podcasts und Social Media. Das kann ich, mit Verlaub, nicht ernst nehmen. Wir haben hier einen sehr konkreten Vorschlag gemacht, wie man konkret Verkehrstote vermeiden kann, nämlich mit Lkw-Abbiegeassistenten.

Deswegen noch mal die Frage: Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu, oder welche anderen konkreten Vorschläge haben Sie, um nicht nur die Fahrzeuginsassen – das erreichen Sie mit der Gurtpflicht usw. –, sondern eben auch das Umfeld zu schützen? Darum geht es, und darauf will ich Ihre Antwort haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Dr. Christoph Ploß (CDU/CSU):

Herr Kollege Gelbhaar, erstens bedanke ich mich, dass Sie so intensiv auf meine Redezeit achten. Das hört sich ja schon fast wie eine Bewerbungsrede für das Amt eines Vizepräsidenten in der nächsten Legislaturperiode an. Ich hoffe nicht, dass die Kollegin Roth das hier miterlebt.

Zweitens dachte ich, dass wir uns dem Thema mal von der Metaebene aus nähern könnten. Es kann ja nicht schaden, wenn man hier im Detail arbeitet und ein Thema manchmal vielleicht auch etwas größer betrachtet. Das schadet weder in der Verkehrspolitik noch bei anderen Themen.

Drittens war ich ja gerade dabei, jetzt auch zu den Abbiegeassistenzsystemen zu kommen, und ich gehe gerne auch auf Ihre Frage ein, Herr Kollege.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe noch keine Antwort gehört!)

– Es ist in der Politik nicht schlecht, wenn man etwas Geduld hat.

Wir als CDU/CSU-Fraktion und das Bundesverkehrsministerium tun sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene alles dafür, um Abbiegeassistenzsysteme schneller zur Pflicht zu machen. Wenn es nur nach dem Bundesverkehrsministerium und unserer Fraktion ginge, dann hätten wir die lieber gestern als heute eingeführt. Allerdings ist es so, dass wir Deutschen nicht ganz alleine sind und auch gucken müssen, dass wir die Entscheidung darüber auf europäischer Ebene abstimmen und in den europäischen Gremien eine Mehrheit dafür bekommen. Dafür werden wir alles tun.

Auch andere Kollegen haben in ihren Reden dargestellt, dass davon natürlich auch rechtliche Fragen berührt sind. Es kann nicht sein, dass wir uns eine gerichtliche Klatsche abholen, weil wir in Deutschland allein die Entscheidung treffen, dass ein polnischer Lkw nicht mehr nach Deutschland einfahren kann.

(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das wollen wir als CDU/CSU vermeiden. Deswegen werden wir Ihren Vorschlag, bestimmte Zonen einzuführen, leider nicht weiterverfolgen können. Dagegen bestehen enorme europarechtliche Bedenken, und das würde vor allem auch Fahrzeuge aus vielen anderen europäischen Staaten diskriminieren.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erklären, was alles nicht geht, ist keine Antwort!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir wieder bei der grundsätzlichen verkehrspolitischen Frage: Wie können wir den Verkehr sicherer machen? Darauf haben wir völlig unterschiedliche Antworten; das wird in der Debatte deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Sie setzen auf Verbote, auf Vorschriften, so wie auch bei vielen anderen Fragen.

(Beifall des Abg. Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Podcast!)

Wir hingegen wollen auf neue Technologien setzen. Wir wollen neue Systeme einführen.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, eben! Der Abbiegeassistent ist ein neues System! Das ist kein Verbot!)

Deswegen treiben wir die Entwicklung der Abbiegeassistenzsysteme voran.

Am Ende werden wir für mehr Verkehrssicherheit sorgen, indem wir ganz unterschiedliche Maßnahmen vorantreiben; das geht von der Erhöhung der Bußgelder für Radfahrer, die sich nicht an Regeln halten, für Autofahrer, die sich nicht an Regeln halten, sowie für Lkw-Fahrer, die sich nicht an Regeln halten, über einen Ausbau der Infrastruktur bis hin zu den Abbiegeassistenzsystemen für Lkw. Diese unterschiedlichen Maßnahmen werden wir zusammen mit dem Bundesverkehrsministerium auf allen Ebenen forcieren und dafür die letzten Monate dieser Legislaturperiode nutzen. Ich würde mich freuen, lieber Kollege Gelbhaar, wenn Sie dann etwas konstruktiver dabei wären als in dieser Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn hier den Vorschlag gemacht? Ihr habt keinen einzigen Vorschlag gemacht!)