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Dr. Andreas Lenz: Kluge Strukturpolitik schafft eben keine Brüche, sondern Chancen in den Regionen

Rede in der aktuellen Stunde zum Bericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lese ja normalerweise nicht die „Rheinische Post“, aber manchmal lohnt es sich doch. Vorgestern stand in der „Rheinischen Post“ unter der Überschrift „Lindner gegen Pinkwart“ als erster Satz:

Kaum hatte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart

– FDP –

den Kohlekompromiss gelobt, da verdammte ihn FDP-Chef Christian Lindner.

(Christian Lindner [FDP]: Genau wie Ihre Fraktionskollegen!)

Vielleicht wollen Sie einfach nur davon ablenken, dass Sie intern nicht klar wissen, wo Sie eigentlich hinwollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion spricht mit zwei Stimmen!)

Man sieht auch: Es ist einfach schwieriger, wenn man in Verantwortung steht – wie Sie in Nordrhein-Westfalen oder wie Sie nicht in Berlin. Natürlich sieht man an Ihren Ausführungen auch, dass es Ihnen lieber zu sein scheint, nicht in Verantwortung zu stehen.

(Michael Theurer [FDP]: Stimmen Sie Herrn Koeppen zu, oder nicht? Da bin ich mal gespannt!)

Die Kommission hieß übrigens nicht „Kohlekommission“, sondern Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Zuruf von der SPD: Genau, das muss wieder mal gesagt werden! – Christian Lindner [FDP]: Mit Klima hat die nichts zu tun!)

Das ist auch genau das, was Inhalt war, nämlich Perspektiven für die betroffenen Menschen vor Ort zu schaffen. Es gilt, alle drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen, die ökologische natürlich, aber auch die soziale und die ökonomische. Ziel muss einfach sein, dass eine wirtschaftlich positive Entwicklung vor Ort möglich ist. Kluge Strukturpolitik schafft eben keine Brüche, sondern Chancen in den Regionen. Da brauchen wir auch noch mehr Kreativität von den Landesregierungen. Wir brauchen Konzepte, die für die Reviere maßgeschneidert sind, die auf den Stärken aufbauen und hier Perspektiven schaffen. Wir wollen letztlich aktivieren und nicht langfristig alimentieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir müssen die Ergebnisse auch mit denen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ verzahnen. Es geht natürlich nicht, dass andere Regionen durch die Beschlüsse der Kommission vernachlässigt werden.

Wenn man sich den Einsetzungsbeschluss insgesamt anschaut, dann kann man immer die Frage stellen: Was bringen Kommissionen? Das ist auch eine Flucht vor der Verantwortung. Aber die Ziele der Regierung waren ja klar, nämlich einen Beitrag für 2020 zu erreichen, zu gewährleisten, dass das 2030-Ziel auch durch die Reduzierung der Kohleverstromung erreicht wird, und ein Enddatum festzusetzen. Die Antworten darauf wurden in einem verlässlichen Rahmen jetzt gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Das bedeutet natürlich auch, dass wir verlässlichen Ersatz brauchen. Dieser kann nur in der Errichtung von neuen Gaskraftwerken liegen. Das Thema Versorgungssicherheit muss noch stärker auf die politische Agenda. Die Kommission sieht hier ein stärkeres Monitoring, einen Netzausbau und natürlich auch die Sicherstellung von Ersatzkapazitäten vor.

Natürlich stehen wir auch im Strombereich zum EU-Binnenmarkt. Deutschland muss aber auch selbst gewährleisten können, dass der Strom zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar ist, und zwar gerade bei Engpässen. Die innovativen Ansätze, die Sie, Herr Theurer, nannten, finden sich auch im Abschaltplan wieder. Insofern wurde das aufgegriffen.

Wenn man kurz die Arbeit der Kommission beschreiben will, so ist zu sagen: Es waren insgesamt zehn Sitzungen über ein bis zwei Tage. 80 Experten wurden gehört. Wir waren vor Ort. Die Emotionalität im Hambacher Wald haben wir ebenso gespürt wie die Emotionalität in der Lausitz und auch im Mitteldeutschen und im Rheinischen Revier.

Wenn man sich die Zusammensetzung anschaut, dann wird klar, wie schwierig es war, hier zu einem Kompromiss zu kommen, vor allem zwischen Greenpeace und BDI. Es war ja der ehemalige Chef von Herrn Edenhofer, der Herr Schellnhuber, dabei. Auch er hat ja diesem Kompromiss zugestimmt. Genauso war der BDI-Chef Kempf dabei, mit dem Sie doch auch ganz gut können. Insofern muss man bei der Bewertung des Kompromisses sehen, welche Gratwanderung letzten Endes zu vollziehen war.

Die Bundestagsabgeordneten, die Mitglieder der Kommission waren, waren nicht stimmberechtigt; das wurde ja angesprochen. Klar ist aber auch, dass der Bundestag der Haushaltsgesetzgeber ist und die Ergebnisse der Kommission für uns de facto nicht bindend sind. Ich warne schon davor, dass wir jetzt übereilt einen Staatsvertrag abschließen und uns sozusagen das Heft aus der Hand nehmen lassen. Der Ball liegt jetzt ganz klar im Parlament. Wir müssen mit den Ergebnissen der Kommission umgehen. Natürlich sind wir in erster Linie dem Steuerzahler verpflichtet. Es geht darum, die notwendigen Mittel bereitzustellen, aber eben auch nicht mehr Mittel als notwendig. Es ist so, dass mehr nicht immer mehr hilft. Das müssen wir bei unserer Umsetzung entsprechend berücksichtigen.

Es geht also um einen effizienten Einsatz der Mittel, der langfristig nicht alimentiert, sondern aktiviert. In dem Sinne sollten wir die Beschlüsse als Eckpunkte für die parlamentarischen Beratungen nehmen, auf die ich mich sehr freue.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)