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Daniela Ludwig: Wir wollen die Elektrifizierung des urbanen Wirtschaftsverkehrs

Rede in der aktuellen Stunde zum kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vielzitierte Sieben-Punkte-Brief ist Anlass für diese Aktuelle Stunde. Eigentlich geht es um nur einen Punkt, und schon daran wird deutlich: Mit dieser Aktuellen Stunde springt man viel zu kurz.

Damit nicht der Eindruck zurückbleibt, dass wir hier – mit Verlaub – nur über einen Brief der Bundesregierung reden, möchte ich Ihr Augenmerk darauf lenken, dass wir das Thema Luftreinhaltung und die Verpflichtung Deutschlands zur Reduzierung der Stickoxide auch im europäischen Kontext sehr ernst nehmen und deswegen in der letzten Zeit Maßnahmen ergriffen haben, die – auch das ist heute viel zu kurz gekommen – bereits Wirkung zeigen.

Ich will gar nicht darauf anspielen, dass wir 5,3 Millionen Autos nachrüsten, sondern – und das ist viel wichtiger –: Wir haben ein 1 Milliarden Euro schweres Sofortprogramm „Saubere Luft 2017-2020“ aufgelegt. Darum geht es doch. Was steht da drin? Wir wollen die Elektrifizierung des urbanen Wirtschaftsverkehrs. Dazu gehört die Elektrifizierung von – wichtig! – Taxis, Mietwagen, Carsharing-Fahrzeugen. Dazu gehören natürlich auch Elektrobusse. Die gibt es auf dem Markt, und die funktionieren. Wir müssen Dieselbusse nachrüsten, weil es im ÖPNV sonst nicht anders funktionieren wird. Das sind nur einige wenige Maßnahmen, die schon laufen und für die wir bereits Geld in die Hand nehmen. Darauf möchte ich Ihr Augenmerk lenken.

Ich habe oft gehört, das Thema Fahrradverkehr würde bei dieser Bundesregierung – in der derzeitigen und auch in der letzten Legislaturperiode – zu kurz kommen. Das ist natürlich ein Märchen, wie wir alle wissen. Wir stocken die finanziellen Mittel zur Förderung des Radverkehrs auf insgesamt jährlich 200 Millionen Euro auf. Lieber Herr Klare, ich glaube, wir sind uns darüber einig: Da ist natürlich noch Luft nach oben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Förderung des Radverkehrs, Elektrifizierung auch im ÖPNV – das alles sind Maßnahmen, die dazu führen werden, dass die Luftbelastung in vielen Städten dieser Republik geringer wird.

Wenn wir uns die Zahlen des Umweltbundesamtes anschauen – 2016 lagen 90 Kommunen deutlich über den Grenzwerten –, dann sehen wir: Diese Maßnahmen, die ich gerade genannt habe, greifen: 10 dieser 90 Kommunen liegen bereits nicht mehr über den Grenzwerten, 15 Kommunen sind wohl auf dem besten Weg, ebenfalls nicht mehr unter diese 90 Kommunen zu fallen. Das zeigt uns: Diese Maßnahmen sind eben kein Tropfen auf den heißen Stein, sondern sie sind zielgerichtet, sinnvoll und erreichen genau das, was wir erreichen wollen, nämlich eine bessere Luft in dieser Republik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Natürlich ist es richtig – das wird ja auch von fast niemandem in diesem Haus bestritten –, dass Dieselmotoren einen nicht unerheblichen Anteil an den Stickoxidemissionen haben. Selbstverständlich! Dennoch: Es gab auch Zeiten, da haben wir den Leuten gesagt: Kauft bitte den Diesel. – Warum? Wegen des geringeren Kraftstoffverbrauchs und der besseren CO 2 -Bilanz. Das alles soll jetzt plötzlich nicht mehr stimmen? Jetzt wollen wir den Haltern der 15 Millionen Dieselfahrzeuge in unserem Land mit Fahrverboten, Sonderplaketten oder was sonst noch alles in der Gegend herumschwirrt, die alleinige Verantwortung dafür aufbürden, dass die Luft besser wird? Nein! Ein ganz klares Nein vonseiten meiner Fraktion. Das ist nicht der Weg, um das zu erreichen, was wir anstreben, nämlich eine nachhaltige Verkehrspolitik und eine nachhaltige Mobilität, aber nicht auf dem Rücken der Dieselfahrer; denn sie können am wenigsten dafür.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der AfD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nachrüstung!)

Auch die ganzen mittelständischen Handwerker können nichts dafür. Zwei Drittel ihrer Fuhrparke sind Dieselfuhrparke. Auch denen müssen wir mindestens eine angemessene Übergangsfrist zubilligen, um sich umzustellen. Das sind nämlich die Leistungsträger in unserer Gesellschaft, und die können wir nicht aus der Stadt aussperren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Im Gegenteil. Wir wollen, dass sie in die Städte fahren, weil wir wollen, dass die Arbeitsplätze, die diese Mittelständler mit ihren Fuhrparken auf dem Land geschaffen haben, auch weiterhin erhalten bleiben, meine lieben Freunde.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist hier kein CDU-Parteitag!)

Beim Thema nachhaltige Mobilität wird der ÖPNV bei der Reduzierung der Stickoxide in den stark belasteten Städten eine große Rolle spielen. Das ist selbstverständlich. Aber bitte mit Augenmaß und keine Schnellschüsse.

Wir werden beim Thema Carsharing noch mehr tun müssen. Die letzte Regierung hat ein Carsharing-Gesetz auf den Weg gebracht. Warum? Weil auch das ein Mittel zum Zweck ist. Mittlerweile ersetzt ein Carsharing-Auto 20 private PKWs in deutschen Innenstädten. Auch das ist ein richtiger und wichtiger Weg, den wir beschreiten müssen.

Ein Letztes: Wir müssen auch über die Digitalisierung unserer Verkehrslenkungen nachdenken. Wir können nicht weiterhin vertreten, dass Verkehr in der Stadt größtenteils steht. Wir müssen fließende Verkehre produzieren. Dabei kann uns die Digitalisierung helfen. Bei diesen Technologien können wir in Deutschland auch Vorreiter sein.

Deswegen brauchen wir natürlich – erster Punkt – eine Senkung des Stickoxidausstoßes bei Fahrzeugen und – zweiter Punkt – einen viel besseren ÖPNV in diesem Land. Das heißt aber nicht automatisch, dass er deswegen kostenlos sein muss, sondern er muss erst einmal besser werden. Dritter Punkt: Wir brauchen eine vernünftige Verkehrslenkung, die wir mit den Erkenntnissen aus unserer Wirtschaft mit Sicherheit gut erreichen können. Dann ist mir auch um die Luftqualität in diesem Land nicht bange.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)