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Artur Auernhammer: Trinkwasser ist in Deutschland das am besten untersuchte Lebensmittel

Rede zu multiresistenten Keime im Wasser

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Multiresistente Keime im Wasser – das ist ein wichtiges Thema, das wir hier auch diskutieren sollten. Aber wir sollten es sachorientiert diskutieren und keine Panik verbreiten, wie es einzelne Redner bereits gemacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir müssen das Schreckensszenario, das hier oft geschildert wurde, einmal ins rechte Licht rücken: Trinkwasser ist in Deutschland das am besten untersuchte Lebensmittel, wesentlich besser als in anderen Staaten dieser Welt. Insofern sollten wir diesen Untersuchungen Glauben schenken, sie ausweiten und unterstützen. Wenn hier die Rede davon ist, dass bereits das Baden gefährlich sei, dann kann ich nur sagen: Wenn Kinder in Badegewässern Probleme haben, dann liegt das meistens daran, dass sie nicht mehr das Schwimmen erlernen, aber nicht an multiresistenten Keimen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn?)

Insofern haben wir hier, glaube ich, andere Hausaufgaben zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen und auch aktuell zieht durch Deutschland eine richtige Erkältungswelle. Ich möchte nicht wissen, wie viel Antibiotika die deutsche Bevölkerung zu sich genommen hat, auch wenn dies vielleicht gar nicht notwendig gewesen wäre. Nach wie vor gilt nämlich die alte Regel: Eine Erkältung dauert mit Antibiotika sieben Tage und ohne Antibiotika eine Woche. Deshalb ist auch der Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin zu hinterfragen.

In dieser Debatte wird aber in erster Linie wieder einmal die große Keule gegen die deutsche Landwirtschaft herausgeholt. Das kann ich so nicht stehen lassen. Die deutsche Landwirtschaft hat in den letzten Jahren, in den Jahren 2011 bis 2016, eine Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes um 56 Prozent geleistet. Ich sage bewusst „geleistet“. Das ist eine große Anstrengung, die unsere Bäuerinnen und Bauern in ihren Betrieben unternommen haben, und das sollten wir mit Respekt zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carina Konrad [FDP])

Was die angesprochene Liste der Antibiotika angeht, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen, möchte ich sagen: Herr Kollege von der Linksfraktion, Sie haben eine Tierärztin in Ihrer Fraktion. Fragen Sie diese einmal, wie es sich denn mit dem Antibiotikaeinsatz bei Pferden verhält. Hier wird unterschieden zwischen Pferden, deren Fleisch am Ende ihres Lebens in den Lebensmittelbereich kommt, und Pferden, deren Fleisch nicht in den Lebensmittelbereich kommt. Hier haben wir bereits Listen, hier wird bereits eine Unterscheidung getroffen, und auch das sollten wir respektieren.

In meiner Heimatstadt Weißenburg hat der Freistaat Bayern die Installation der sogenannten vierten Reinigungsstufe in der Kläranlage finanziell sehr großzügig unterstützt, und es gibt jetzt auch Versuche, wie sich diese vierte Reinigungsstufe auswirkt. Aber solange der Eintrag durch die Abwässer – da sind wir wieder bei der Erkältungswelle in Deutschland – extrem steigt bzw. extrem hoch ist, hilft uns auch die Investition in eine vierte Reinigungsstufe nicht. Wir müssen das Problem an der Wurzel anpacken. Das heißt: Aufklärung ist in der Humanmedizin wesentlich wichtiger als in der Veterinärmedizin.

(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, die deutsche Landwirtschaft hat unwahrscheinlich viel dazu beigetragen, dass der Einsatz von Antibiotika zurückgegangen ist. Wir haben freiwillige Produktionsvereinbarungen getroffen, wir haben kontrollierte Fleischproduktionsprogramme aufgelegt, die diesen Einsatz von Antibiotika reduziert haben. Vor allem dürfen wir nicht vergessen: Der Einsatz von Antibiotika bedeutet für viele Betriebe, gerade unsere klein- und mittelbäuerlichen Betriebe, einen sehr großen bürokratischen Aufwand. Diesen bürokratischen Aufwand müssen die Betriebsleiter, die Bäuerinnen oder die Bauern genauso wie die Tierärzte leisten. Oft dauert die Bürokratie länger als die Tierbehandlung. Das darf es auch nicht sein. Hier sollten wir den Einsatz respektieren, unterstützen und weiterhin fördern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?

Artur Auernhammer (CDU/CSU):

Wenn es dazu dient, dass der Horizont erweitert wird, bitte, gern, Herr Krischer.

(Heiterkeit)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Ich würde das bedingungslos erlauben.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Kollege Auernhammer, Sie haben mehrfach darauf abgehoben, dass der Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft zurückgegangen sei. Ich möchte die Frage an Sie richten: Ist Ihnen bekannt – dazu haben Sie nichts gesagt –, dass der Einsatz von Reserveantibiotika, also die Brandmauer für die Medizin, um schlimme Infektionen für uns alle zu verhindern, in den letzten Jahren in der Landwirtschaft deutlich angestiegen ist?

Meine zweite ganz konkrete Frage, die ich an Sie richten möchte: Finden Sie den Einsatz von solchen Reserveantibiotika in der Tierhaltung, insbesondere in der Fleischproduktion, richtig, oder würden Sie mir zustimmen, dass man das der Humanmedizin vorbehalten soll?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Artur Auernhammer (CDU/CSU):

Herr Kollege Krischer, würden Sie mir zustimmen, dass wir, wenn ein Tier erkrankt ist, also leidet, alles Mögliche tun sollten, dieses Tier zu heilen?

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wird doch prophylaktisch gegeben! – Zuruf von der LINKEN: Das ist die Fleischproduktion!)

– Das hat auch etwas mit der Fleischproduktion zu tun. – Deshalb ist es notwendig, dass wir kranken Tieren auch helfen.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist prophylaktisch!)

Das hat etwas mit Tierschutz zu tun.

Zu Ihrer Frage nach den Reserveantibiotika. Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier stellt sich erst einmal die Frage: Was definieren wir alles als Reserveantibiotika?

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ganz eindeutig definiert!)

– Ja, hier wird ständig neu definiert. – Nennen wir es einmal so: Aufgrund der neuen Forschung bezüglich Antibiotika, Arzneimittel sind wir hier in einem gleitenden Prozess. Er wird sich in Zukunft auch noch ändern, und es werden in Zukunft noch neue Antibiotika auf den Markt gebracht werden. – Vielen Dank.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch keine Antwort!)

– Ich weiß, dass man die Grünen eigentlich nie befriedigen kann in diesem Haus.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Darum geht es gar nicht!)

Aber auch in dieser Legislaturperiode wird sich nichts ändern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Erlauben Sie mir kurz den Hinweis: Es mag sein, dass die Antwort Sie nicht zufriedenstellt, von befriedigen will ich gar nicht reden.

(Lachen des Abg. Rainer Spiering [SPD])

Aber der Redner antwortet so, wie er es für richtig hält, auch wenn es Ihnen möglicherweise nicht ausreichend erscheint.

Artur Auernhammer (CDU/CSU):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte dies nicht weiter definieren.

Auf Bundesebene haben das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereits im Mai 2015 die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie auf den Weg gebracht. Dort werden viele Maßnahmen zusammengeführt, die zu einer Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Human- und in der Veterinärmedizin beitragen werden. Ein Konzept zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung wurde bereits mit der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes verankert. Das hatte einen riesigen bürokratischen Aufwand für unsere Betriebe zur Folge, den sie auch geleistet haben. Das sollten wir auch anerkennen.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal Respekt für alle Bäuerinnen und Bauern, für alle Tierärzte, die mit ihrer Arbeit vor allem dazu beitragen, den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu reduzieren. Wir sollten uns auch in der gesamten Diskussion wieder auf die Humanmedizin konzentrieren; denn hier ist ein wesentlich größeres Einsparpotenzial als in der Tierhaltung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt gar nicht!)