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Andreas Scheuer: Baustopp hieße Arbeitslosigkeit für Hunderttausende von Bauarbeitern

Redebeitrag zur Forderung nach einem generellen Baustopp für Autobahnen

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Ich habe jetzt ein bisschen nachgedacht, ob ich überhaupt noch reden soll, weil diese Rede einzigartig war.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann lass es!)

Lieber Kollege Hofreiter, vielen Dank für dieses historische Dokument grüner Verkehrspolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du warst dir zu fein, vor mir zu reden! – Gegenruf von der CDU/CSU: Erst der Toni, dann der Andi!)

Ich bin der CDU/CSU, also meiner Fraktion, uns sehr dankbar, dass wir das Thema Baustopp, der von den Grünen gefordert wird, hier zum Thema machen; der Kollege Hofreiter hat ja zu allem geredet, aber nicht zum eigentlichen Thema dieser Aktuellen Stunde.

(Zuruf: von der FDP: Das stimmt!)

Ich muss Ihnen sagen: Ich bin glücklich, wenn ich unterwegs bin und neue Infrastrukturprojekte eröffnen kann.

(Lachen bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Beispiel kam an der A 33 in Ostwestfalen ein älterer Herr jenseits der 70 auf mich zu. Er hat sich bedankt und gesagt: Endlich hat die junge Generation hier in unserer Region Chancen, dadurch, dass wir an die Infrastruktur angebunden sind. Und ich darf mich vorstellen: Ich war der erste Vorsitzende der Bürgerinitiative Pro A 33 in Ostwestfalen. Es ist aber leider schon 40 Jahre her, dass sie gegründet wurde. Trotzdem ist es schön, dass heute die Autobahn eröffnet wurde. – Das sind die Investitionen des Bundes.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und wenn Ihnen das Chancenargument nicht reicht, dann nehmen Sie bitte das Sicherheitsargument. Die B 12 in Bayern war immer eine Todesstrecke, wo viele Unfälle passiert sind. 40 Jahre wurde für eine neue Autobahn A 94 gekämpft, und wir haben sie eröffnen können. Vor ein paar Monaten, im Jahr 2019, sind die fast 40 Kilometer ans Netz gegangen, und alle Rückmeldungen der Pendlerinnen und Pendler sind: Danke, Bund, dass ihr kräftig investiert habt und wir jetzt eine sichere Autobahn haben und damit für die Pendlerinnen und Pendler und die Handwerker eine gute Infrastruktur im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke, Herr Scheuer! – Zuruf von der SPD: Was ist mit Lärmschutz?)

Man muss sich auch mal die Fakten anschauen. Der Anteil der Fernstraßen in unserem Netz beträgt 22 Prozent. Der Anteil der Fahrleistungen auf ihnen beträgt 50 Prozent. Das heißt, wir brauchen die Fernstraßen, um in Bezug nicht nur auf Wirtschaftsverkehre, sondern auch zum Thema Verkehrssicherheit die Verkehrsleistung abbilden zu können und Staus auf kleinen Ortsdurchfahrten zu vermeiden.

Wir investieren kräftig – das wurde ja schon angesprochen – in alle Verkehrsträger, wie nie zuvor, und dafür bin ich dankbar. Wir haben die Haushaltsdebatte gehabt. Wenn ich mir die Zahlen anschaue und den Aufwuchs an Investitionen – allein in diesem Ministerium liegt die Investitionsquote bei über 60 Prozent –, so ist festzustellen: Es ist auch ein Ministerium für Investitionen, Wohlstand und Arbeitsplätze.

Sie von den Grünen torpedieren ja alle neuen Verkehrsprojekte. Die Fehmarnbeltquerung wurde ja schon angesprochen; ich bin dem Kollegen Luksic dafür dankbar. Normalerweise hält er ja Reden, die eher auf mich konzentriert sind. Aber ich habe nach dieser Rede Hoffnung, dass er wieder in der Spur ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Auf jeden Fall: Wenn wir kräftig investieren und internationale Verpflichtungen eingehen wollen,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich sollen Sie hier für die Bundesregierung reden, nicht für die CSU!)

dann brauchen wir für die bessere Schienenanbindung, aber auch die bessere Straßenanbindung Skandinaviens ans Festland die Fehmarnbeltquerung. Und wir kämpfen dafür, dass sie kommt, weil wir investieren wollen, damit Europa zusammenwächst.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn das Chancenargument nicht reicht und das Verkehrssicherheitsargument auch nicht, dann nehme ich einfach das Thema Arbeitsplätze. Die Forderung der Grünen nach einem Baustopp hieße Arbeitslosigkeit für Hunderttausende von Bauarbeitern, Hunderttausende im Bereich Planung, der Ingenieure, derer, die jeden Tag auf der Baustelle ihren Dienst tun. Ich sage einen herzlichen Dank an die Baufirmen und an deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unsere Infrastruktur bauen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein Unsinn!)

Diese Idee des Baustopps, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur völlig entrückt von der Realität, sondern ist auch verantwortungslos gegenüber dem Wohlstand in unserem Land. Sie ist verantwortungslos gegenüber unserer Wirtschaftskraft; denn wir brauchen die Infrastruktur. Es wurden ja schon einige Projekte angesprochen.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, lassen Ihre grünen Verkehrsminister in den Ländern richtig hängen. Ich nenne die A 6 in Baden-Württemberg und zitiere den dortigen Verkehrsminister in einem Grußwort: Damit werde die Stärkung einer der wichtigsten Hauptachsen des Landes weiter vorangetrieben. Das Projekt sei eine enorme Investition in die Zukunft.

(Sören Bartol [SPD]: Winne Hermann!)

So viel zur A 6, Baden-Württemberg. Richtig so. – Zur A 49. Ja, darum haben wir, lieber Sören Bartol, über Jahrzehnte gerungen. Wir haben durch alle Instanzen die Fragen geklärt. Wir haben Baurecht.

Und wenn das Chancenargument, das Verkehrssicherheitsargument und das Wirtschaftsargument nicht zählen, dann nehmen Sie wenigstens das rechtsstaatliche Argument, dass wir ja keine Bauprojekte über den Daumen hin realisieren. Wir realisieren nach langen Planungsfristen und meistens nach kompletter juristischer Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Einsprüche. Das ist die Realität in unserem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es wurde ja schon angesprochen:

Der Landtag wolle beschließen:Der Landtag ist sich der regionalen und überregionalen Bedeutung des Verkehrsprojekts A 49 bewusst und hält an einem Weiterbau unter der Voraussetzung, dass die finanziellen Möglichkeiten gegeben sind, fest.

Das war die Fraktion der CDU mit Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Oh!)

Und der Bund hat die finanziellen Voraussetzungen erfüllt. Das ist die Realität und die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Hinzu kommt die Verantwortung gegenüber der Heimat und dem Umweltschutz. Bei diesem Projekt, der A 49, sind Eingriffe in die Natur – ja, das ist ganz selbstverständlich für einen Neubau – mit 85 Hektar Rodung nötig. Aber die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen umfassen 750 Hektar. Das heißt, wir kommen unserer Verantwortung nach, Infrastruktur zu realisieren,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Ökologie haben Sie nun wirklich keine Ahnung! Und von Ausgleichsmaßnahmen auch nicht!)

aber den Umweltschutz weiterhin hochzuhalten und sogar noch zu verbessern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich freue mich, dass ich in ein paar Wochen bei der B 38, der Ortsumfahrung Mörlenbach – 95,2 Millionen Euro –, zusammen mit Tarek Al-Wazir

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

den Spatenstich machen kann.

Zur A 20 in Schleswig-Holstein. Der dortige Koalitionsvertrag von 2017 wurde ja schon angesprochen; damaliger Umweltminister: Robert Habeck. Da gab es einen Zwist mit dem SPD-Verkehrsminister, und der wurde wie folgt aufgelöst. Habeck: Artenschutz ist weder Verhinderungsinstrument noch Spielball der Politik. – Und vor ein paar Tagen fordert er den Stopp des Weiterbaus der A 20. Jetzt ist er nämlich auf Bundesebene. Bemerkenswert! Landesebene – Bundesebene.

Ich könnte weitermachen mit der A 14. In Sachsen-Anhalt – dort sind auch die Grünen in der Koalition – haben wir eine Verkehrsfreigabe gehabt, wo sich über 500 Leute gefreut haben, dass 8,5 Kilometer ans Netz gehen, eine Verbindung, die vor allem strukturpolitisch von Bedeutung ist. Sie verläuft von Nord nach Süd in den neuen Bundesländern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Sören Bartol [SPD])

Ich muss sagen, ich freue mich auf den 16. Oktober, weil es da weitergeht. Mit mehreren Hundert Millionen Euro werden wir Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit einer neuen Elbbrücke miteinander verbinden, und wahrscheinlich werden auch wieder Repräsentanten der sachsen-anhaltinischen Grünen da sein und sich genauso freuen wie ich.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer war denn dabei von den Grünen, beim Spatenstich? Jetzt mal Butter bei die Fische! Sie haben über Sachsen-Anhalt geredet! Da komme ich her!)

Die A 7 und die A 26, Frau Lemke, in Hamburg – ich habe mich unlängst mit dem neuen grünen Verkehrssenator getroffen – sind ja auch ein Argument dafür, wie wir weiterbauen.

Meine Damen und Herren, die Grünen sind mit der Forderung des Baustopps nicht nur die Partei der Verbote. Sie sind neuerdings auch die Partei der Stopps und die Partei des Stillstands.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)