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Albert Stegemann: Landwirtschaft war immer ein elementarer Bestandteil der Gesellschaft

Fortsetzung der Aussprache zur Regierungserklärung Ernährung und Landwirtschaft

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich unserer neuen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner herzlich für ihre gelungene Rede danken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für das neue Amt wünsche ich gutes Gelingen, Gottes Segen und eine gute Portion Glück; auch das braucht man hin und wieder in einem solchen Amt. Guten Gewissens kann ich für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagen: Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Vor allen Dingen freuen wir uns aber, dass es nun endlich mit der praktischen Arbeit losgeht.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn die letzten vier Jahre gemacht?)

Viele in der Branche, sowohl in der Politik als auch im Berufsstand, hoffen auf einen Aufbruch. Wir hoffen nicht nur, nein, wir spüren geradezu, wie es jetzt mit Power zur Sache geht und wie durchgestartet wird. Diese Agilität steckt an und macht Freude.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist gut; denn die Themen warten nicht, wie beispielsweise zuletzt bei der Insolvenz der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft. Die guten Kontakte zum Raiffeisenverband wurden rasch genutzt, um den Milcherzeugern schnell und unbürokratisch zu helfen. Vielen Dank für diese unkomplizierte Hilfe – ohne Umschweife, ohne viele Anträge oder lange Diskussionen! Danke dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine große Hoffnung und Sehnsucht verspüre ich ebenfalls im Berufsstand. Die Branche befindet sich in einer schwierigen Gemütslage. Worum geht’s? Es fehlt an Anerkennung für die geleistete Arbeit. Landwirtschaft war immer ein elementarer Bestandteil der Gesellschaft. Prägend war das Miteinander, nie das Gegeneinander. Diese enge Verbindung wird deutlich an Erntedankfesten, gut gemeinten Bauernregeln oder ähnlichen Überlieferungen, die bis heute einen festen Platz im Alltag der Menschen haben. Landwirte standen wie selbstverständlich im Einklang mit ihrem Umfeld. Das ist heute leider nicht mehr überall der Fall. Hier ist eine Kluft entstanden. Viel mehr noch: In den letzten Jahren ist hier etwas zerbrochen. Als Politik muss es unsere Aufgabe sein, die Landwirtschaft bei der Lösung dieses Konfliktes zu unterstützen. Unser Ziel muss daher sein, Brücken zu bauen und wieder zusammenzuführen.

Sicherlich gab es auch Verfehlungen einzelner Betriebe, die das Bild der modernen Landwirtschaft getrübt haben. Hier müssen und werden wir konsequent einschreiten. Allerdings spiegelt die oftmals sehr kritische Berichterstattung die Realität in den allermeisten Fällen nicht wider. Die Landwirte sind zu gesellschaftlich gewünschten Veränderungen bereit. Dafür braucht es allerdings verlässliche Rahmenbedingungen. Zur Planungssicherheit gehört auch eine finanziell gut ausgestattete Gemeinsame Agrarpolitik, über die wir unsere regional verwurzelten Landwirte fördern wollen. Ich danke Ihnen, Frau Bundesministerin, dass Sie hierfür bereits am Montag in Brüssel einen Pflock eingeschlagen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt aber auch Bereiche, in denen sich der Staat verzetteln kann. Nehmen wir als Beispiel unser Baurecht. Gerade junge Landwirte haben damit große Schwierigkeiten in der Praxis. Investitionen sind kaum noch möglich. Hier müssen wir neu denken, vor allem wenn es um die erforderlichen Modernisierungen geht; denn zur Wahrheit gehört: Moderne Ställe führen zu mehr Tierwohl, und dies schafft Akzeptanz. Wir müssen aufpassen, dass durch Verbote die aktuelle Weiterentwicklung der Landwirtschaft nicht konterkariert wird. Unsere Verantwortung ist es, den Wandel konstruktiv zu begleiten. Wir wollen Landwirtschaft verändern, ohne sie abzuschaffen.

Produktionsverlagerungen ins Ausland helfen weder den Landwirten noch den Verbrauchern und erst recht nicht den Tieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb wollen wir eine Haltungskennzeichnung einführen. Damit leisten wir einen Beitrag für mehr Tierwohl und stärken die Verbindung zwischen Erzeuger und Verbraucher. Heute können diese mit ihrer Kaufentscheidung kaum Einfluss auf bestimmte Haltungsformen nehmen. Das wird sich ändern. Verbraucher stimmen mit den Füßen ab, wenn sie die Informationen für selbstbestimmte Kaufentscheidungen haben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die bestehenden Brancheninitiativen mit einer staatlichen Haltungskennzeichnung verzahnen können. Mit den 1,5 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, können wir gerade beim Tierwohl Innovationen anschieben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Unionsfraktion bekennt sich zu einer modernen, wettbewerbsfähigen und familiengeführten Landwirtschaft. Ich bin überzeugt, dass Landwirtschaft in Deutschland eine Zukunft hat. Dafür ist aber die gesellschaftliche Akzeptanz notwendig. Die Branche ist viel mehr als nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum. Die vielen Menschen mit ihren unterschiedlichen Berufen, vom Förster über den Winzer, die Jäger, Tierhalter, Fischer bis hin zu den Gärtnern, sind Teil unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für sie machen wir eine Agrarpolitik, die den Raum für die notwendigen Veränderungen schafft. Auf diese Arbeit freue ich mich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)