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Albert Stegemann: "Die Schuld für niedrige Erzeugerpreise werden munter hin und her geschoben"

Rede zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Pandemie hat uns alle fest im Griff. Das hat unter anderem zur Folge, dass zwei Dinge so oft geschoben wurden wie noch nie. Da sind zum einen zwischenmenschliche Treffen, zum anderen ist das der Schwarze Peter. Und nein, ich meine nicht unseren Wirtschaftsminister. Ich spreche davon, dass die Schuld für niedrige Erzeugerpreise munter hin und her geschoben wird. Die Landwirte schauen verächtlich auf den Lebensmitteleinzelhandel, dieser wäscht seine Hände in Unschuld und zeigt auf die Politik. Und die Politik selbst stellt klar, sie habe keinen Einfluss auf Angebot und Nachfrage und damit auf Marktpreise. Somit grüßt täglich das Murmeltier.

Bei Tageslicht betrachtet ist es doch so, dass das Oligopol im Lebensmitteleinzelhandel seinen Ursprung in der Preissensibilität des Verbrauchers hat. Ohne dieses in der Tat sehr deutsche Phänomen dieser Geiz-ist-geil-Mentalität gäbe es diese Ungleichheit, gäbe es diese Asymmetrie der Marktkräfte doch gar nicht. Am Ende ist es der Verbraucher, der einen sehr großen Einfluss auf landwirtschaftliche Produktionsbedingungen nimmt. Orientiert er sich jedoch ausschließlich am Preis, hat das auch Einfluss auf die Handelspraktiken des Lebensmitteleinzelhandels. Die Umsetzung der UTP-Richtlinie in deutsches Recht setzt genau hier an.

Vorweg sei jedoch gesagt, dass es eigentlich sehr traurig ist, dass wir ein solches Gesetz auf den Weg bringen müssen. Denn würde sich der Lebensmitteleinzelhandel wie ein ehrbarer Kaufmann verhalten, bräuchten wir diese Regelung überhaupt nicht. Aber der brutale Preiskampf unter den Discountern um mehr Marktanteile hat es leider mit sich gebracht, dass die Erzeuger unter die Räder kommen. Und deshalb müssen wir hier als Politik ordnend eingreifen.

Julia Klöckner hat ja bereits hinreichend dargestellt, in welchen Situationen die Richtlinie greift. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich dafür bedanken, dass sie diese UTP-Richtlinie so schnell in nationales Recht umgesetzt hat.

(Stephan Protschka [AfD]: Weil sie muss!)

Deutschland ist das erste EU-Mitgliedsland, das hier tätig wird und die Richtlinie in nationales Recht umsetzt. Dafür noch mal Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dennoch werden wir als Koalitionsfraktionen intensiv darüber beraten, ob es nicht sinnvoll sein kann, den sogenannten Anwendungsbereich zu erweitern, also dafür Sorge zu tragen, dass deutlich mehr Unternehmen in den Genuss dieses Schutzes vor unfairen Handelspraktiken kommen. Außerdem befassen wir uns noch einmal intensiv – das klang ja schon mehrfach an – mit der grauen Liste. Wir wollen hier für mehr Verbindlichkeit sorgen. Auch das unterstützt die Unionsfraktion. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass dieses Gesetz gegen unfaire Handelspraktiken ein Schwert im Kampf zwischen David und Goliath ist. Und wenn wir dieses Schwert im parlamentarischen Verfahren noch etwas schärfen können, tun wir David damit sicherlich einen Gefallen.

Am Ende möchte ich noch eine kleine Bemerkung loswerden. Gero Hocker hat hier sehr deutlich geäußert, was er davon hält. Er hat viele Probleme beschrieben, aber nicht eine Lösung dargestellt.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Drei!)

Ich weiß, wie sich die FDP und auch Gero Hocker in diesen Tagen auf verschiedensten Demonstrationen zeigen. Jetzt wird hier mal was für Bauern getan, und dann zeigt die FDP ihr wahres Gesicht. Dafür solltet ihr euch schämen. Das hätte ich nicht von euch gedacht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)