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Sebastian Brehm: "Eine Doppelbesteuerung wäre verfassungswidrig"

Doppelbesteuerung bei Renten verhindern

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um das Wichtigste gleich mal vorwegzunehmen: Kein Mensch und schon gleich gar nicht wir als CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag wollen eine Doppelbesteuerung von Renten – nicht, dass da ein falscher Eindruck entsteht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, das hat die Debatte auch gezeigt. Dass eine Doppelbesteuerung sogar verfassungswidrig wäre und schon allein deswegen in keiner Weise zur Debatte steht, steht nicht einmal im Vordergrund.

Ich möchte noch mal auf den Hintergrund der Frage „Wo kommt diese Besteuerung oder dieser Gedanke einer möglichen Doppelbesteuerung her?“ rekurrieren. Das Bundesverfassungsgericht – darüber haben wir ja schon gesprochen – hat im Jahr 2002 dem Gesetzgeber aufgegeben, bei der Rentenbesteuerung mittelfristig auf eine nachgelagerte Besteuerung umzustellen. Statt in der Ansparphase werden Renten dadurch zunehmend in der Auszahlungsphase besteuert – Sie haben vollkommen recht, das ist durchaus günstig für den Steuerbürger –, und die Forderung des Bundesverfassungsgerichts wurde mit der stufenweisen Besteuerung ab dem Jahr 2005 umgesetzt. Dafür kann man natürlich auch immer mehr Sonderausgaben und Rentenbeiträge von der Steuer absetzen und steuerlich berücksichtigen lassen.

Der der Besteuerung unterliegende Anteil der Rente bemisst sich nach dem Renteneintritt. Alle, die 2005 in Rente gegangen sind, müssen ihre Rente ein Leben lang zu 50 Prozent der Besteuerung unterwerfen. Das hat jedes Jahr um 2 Prozentpunkte zugenommen, ab diesem Jahr ist es 1 Prozentpunkt. Wer jetzt in Rente geht, hat 81 Prozent seiner Renteneinkünfte der Besteuerung zu unterwerfen. Ab 2040 sind es dann 100 Prozent.

Aber natürlich wächst der Sonderausgabenabzug weiter an, sodass man den Steuervorteil, den man zum Zeitpunkt der Einzahlung in die Rentenkasse hat, gegen den Steuervorteil, den man dann zum Zeitpunkt des Rentenbeginns und der Rentenauszahlung hat, gegeneinander aufrechnen muss. Die klare Vorgabe des Gesetzgebers, also von uns, an das Fachressort war, dass es zu keiner Doppelbesteuerung führen darf. Und das ist übrigens heute genauso.

Ich weiß nicht, warum, aber es wird immer wieder behauptet, die Gerichte hätten das entschieden. Aber: Alle bisherigen Urteile des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts – wir erwarten natürlich mit Spannung auch das Urteil des Bundesfinanzhofs im zweiten Quartal – konnten keine Doppelbesteuerung von Altersrenten feststellen. Keine! Das muss man auch mal ganz klar feststellen, damit hier keine Legendenbildung passiert.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch einzelne Verlautbarungen, dass Fachgerichte das bereits entschieden haben, sind unzutreffend. Bislang konnte nie festgestellt werden, dass es überhaupt eine Doppelbesteuerung gibt.

(Cansel Kiziltepe [SPD]: Richtig!)

Die Gefahr der Doppelbesteuerung ist in Einzelfällen durchaus gegeben, und zwar bei denjenigen, für die Sie von den Linken übrigens höhere Erbschaftsteuern und höhere Steuersätze beschließen wollen, nämlich bei den Selbstständigen, die vor 2005 die Höchstbeiträge in die Rente gezahlt haben; der Kollege Gutting hat es ausgeführt. Bei den Arbeitnehmern ist ja der steuerfreie Anteil des Arbeitgebers mit zu berechnen, während die Selbstständigen ihre Rentenbeiträge selber – ohne steuerfreien Arbeitgeberanteil – gezahlt haben. Genau für diejenigen besteht sukzessive die Gefahr einer Doppelbesteuerung – jetzt nicht, aber vielleicht in der Zukunft.

(Markus Herbrand [FDP]: Doch!)

Genau deswegen haben wir aber 2005 eine Öffnungsklausel in § 22 Einkommensteuergesetz aufgenommen – den sollten Sie mit erwähnen –, nach der Selbstständige, die vor 2005 zehn Jahre lang den Höchstbeitrag in die Rentenkasse eingezahlt haben, eben auch die Besteuerung nach dem Ertragsanteil der Rente geltend machen können, so wie es früher war, also die niedrigere Besteuerung, um eben Doppelbesteuerungstatbestände zu vermeiden. Die im Einzelfall mögliche Doppelbesteuerung bei Selbstständigen ist eben durch genau diese Sonderregelung und Öffnungsklausel abgefedert. Insofern kommt es nicht zu einer Doppelbesteuerung.

Um ganz sicherzugehen, dass es auch in Zukunft zu keiner Doppelbesteuerung bei Renten kommt, beteiligt sich die Finanzverwaltung übrigens auch aktiv an Musterklagen. Kollege Strengmann-Kuhn, Sie haben völlig recht: Vorhin ist da der Eindruck entstanden, es sei ganz leicht zu berechnen. – Das ist es eben nicht.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)

Die Hauptfrage ist ja übrigens: Was ist eine Doppelbesteuerung? Liegt sie schon vor, wenn die Rente in die Bemessungsgrundlage mit einfließt, oder erst dann, wenn überhaupt eine Steuer entsteht? Also, auch das muss man noch mal differenzieren. Wenn nämlich die Rente in die Bemessungsgrundlage einfließt und gar keine Steuer anfällt, dann kann es auch zu keiner Doppelbesteuerung führen. Auch da muss man noch einmal ganz klar differenzieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen: Wir freuen uns auf die Debatte im Finanzausschuss – dorthin wird der Antrag ja überwiesen –, und dann werden wir natürlich weiter in der Sache diskutieren.

Sollten anderslautende Gerichtsurteile kommen, müssen wir als Gesetzgeber natürlich sofort reagieren, selbstverständlich. Aber bislang konnte eben keine Doppelbesteuerung festgestellt werden. Und das muss man bei dieser Debatte allen Bürgerinnen und Bürgern auch noch mal sagen, weil die Verunsicherung durch solche Anträge groß ist. Das ist brandgefährlich. Ich würde da lieber auf die Sachdebatte verweisen.

(Beifall des Abg. Olav Gutting [CDU/CSU])

Wir schauen, wie das Urteil des Bundesfinanzhofs ausfällt, und dann werden wir im Finanzausschuss darüber diskutieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)