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Rudolf Henke: Es nützt nichts mit Masken durch die Gegend zu laufen

Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Gesundheit zur Bekämpfung des Coronavirus

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich will vier Bemerkungen machen.

Leider dreht sich die erste Bemerkung um die Frage: Aus welcher Motivation heraus übernehmen Sie es, Frau Weidel, für die AfD-Fraktion hier zu sprechen, und lassen nicht Ihre Kollegen aus dem Gesundheitsausschuss sprechen? Dafür habe ich zwei mögliche Erklärungen: Entweder Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die relativ sachliche Auseinandersetzung Ihrer Kollegen im Gesundheitsausschuss Schleimerei ist gegenüber dem Gesundheitsminister, gegenüber der Koalition, gegenüber den anderen Kollegen – ich glaube das nicht –, oder Sie sehen in dieser Krise eine weitere Chance dafür, diese Gesellschaft zu spalten.

Sie sehen eine Chance, diese Krise, in die wir gekommen sind, als ein Instrument für parteipolitischen Vorteil zu nutzen. Ich glaube, dass das so ist, weil Ihre Äußerungen im Netz noch viel schärfer sind als die, die Sie hier vortragen. Wenn ich etwa auf Ihren Post schaue, in dem Sie behaupten, die Sterblichkeitsrate beim Coronavirus sei „zehnmal höher als bei einer normalen Grippe“, frage ich mich: Woher wissen Sie das? Das weiß gar keiner. Sie ist etwas höher als bei der Grippe. Aber „zehnmal höher“ ist eine freche Behauptung, die durch keine Fakten belegt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wenn Sie sagen: „Die Regierung unternimmt nichts, um die Risiken für die Bevölkerung zu minimieren“, dann lügen Sie damit die Bevölkerung schlicht und ergreifend an.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum können Sie daran ein Interesse haben? Weil Sie auch bei diesem Thema spalten wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Martina Stamm-Fibich [SPD])

Deswegen wünsche ich mir eine Rückkehr Ihrer Fraktion zu der Form der Debatte, wie sie im Gesundheitsausschuss – natürlich auch kontrovers – geführt worden ist.

(René Röspel [SPD]: Das ist ein Einzelfall!)

– Ja, es ist ein Einzelfall; aber es ist ein Einzelfall, den man auch einmal anerkennen muss.

Die zweite Bemerkung. Ich möchte darauf hinweisen: Was kann man in der Bevölkerung tun? Ich tue das auch deswegen, weil ich als Präsident der Ärztekammer Nordrhein von vielen Kolleginnen und Kollegen höre, unter welchem Druck sie bei uns im Rheinland zurzeit stehen. Wir versuchen, freiwillige Hilfe zu organisieren, mit der wir die Kollegen in dem Kreis Heinsberg – in Gangelt, in Erkelenz – unterstützen können. Ich tue das, weil ich weiß, wie schwierig es ist, die Abläufe genau zu verstehen.

Jeder kann sich selbst fragen: Habe ich grippeähnliche Symptome, Fieber, Husten, Atemnot? War ich in den letzten 14 Tagen in einem Risikogebiet? Man kann beim RKI nachsehen, welche Risikogebiete es gibt. Oder hatte ich innerhalb der letzten 14 Tage Kontakt zu einem Coronaviruserkrankten? In diesen Fällen, wenn man das alles mit Ja beantwortet, dann ist eine Abklärung nötig.

Dabei gilt: Erstens telefonischer Kontakt zum Hausarzt oder zu der 116117 – aber eben telefonischer Kontakt und nicht hinrennen und die Wege und die Notfallambulanzen verstopfen. Zweitens Händehygiene einhalten, was gründliches Waschen der Hände mit Wasser und Seife über 20 Sekunden lang beinhaltet. Niesen und husten in die Armbeuge oder in Einwegtaschentücher; diese möglichst in einen Mülleimer mit Deckel entsorgen. Nach Möglichkeit 1 bis 2 Meter Abstand zu hustenden oder niesenden Personen halten. Damit habe ich wesentlichen Schutz hergestellt.

Und: Nicht ins Gesicht packen! Die Eintrittspforte per se für diese Viruserkrankungen sind die Augen. Deswegen nützt es auch nichts, mit Masken durch die Gegend zu laufen; denn die Augen sind die Eintrittspforte. Das Schlimmste, was man machen kann, ist, sich mit Fingern, mit denen man überall hingetatscht hat, anschließend ins Gesicht oder die Augen zu packen und Tränen wegzuwischen. Das muss man auch seinen Kindern beibringen. Deswegen, glaube ich, hat der Einzelne viele Möglichkeiten, die Verbreitung einzudämmen.

Die letzte Bemerkung – ich komme gar nicht zu vier Bemerkungen, weil die Zeit dann schon um ist –, die ich machen möchte: Ja, es wird so sein, dass wir eine steigende Anzahl Infizierter haben werden. Aber dafür haben wir eine Strategie, und diese Strategie besteht erstens aus dem möglichst starken Eindämmen der Ausbreitung, zweitens in der Protektion von denen, die besonders vulnerabel sind, und drittens in der Abmilderung der Folgewirkungen. Das nennt das RKI etwas englisch formuliert –

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Henke.

 

Rudolf Henke (CDU/CSU):

– ja, ich komme zum Ende – „Containment, Protection, Mitigation“.

Deswegen, Frau Weidel, ist die Aussage, dass die Regierung oder das RKI keine Strategie hätten, falsch und führt zu einer bloßen Verunsicherung der Bevölkerung. Bitte lassen Sie das in Zukunft bleiben.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)