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(Quelle: picture alliance/dpa)

Politik glaubhaft gelebt 

Zum Tode des früheren Bundesministers Norbert Blüm

Erst vor wenigen Tagen wandte sich Norbert Blüm mahnend an die Öffentlichkeit. In einem „SOS-Brief“ forderte der 84-Jährige Staatshilfen für die Mutter-/Vater-Kind-Kuren, die angesichts der Corona-Pandemie gesperrt sind. Nun ist der CDU-Politiker verstorben, der bereits zu Lebzeiten legendär war. 

„Die Rente ist sicher“ – mit dieser Aussage ist der Name seit mehr als drei Jahrzehnten fest verbunden. Eine Aussage, die bis heute nichts an ihrer Bedeutung verloren hat, ebenso wie die von ihm stets vehement verfochtene christliche Soziallehre. Der gebürtige Rüsselsheimer verkörperte für viele Menschen das Bild eines Politikers, der glaubhaft und über den Tag hinaus für seine Ideale stritt. 

Die feste Verwurzelung in der christlichen Soziallehre kam nicht von Ungefähr: Nach seiner Ausbildung zum Werkzeugmacher studierte Blüm unter anderem Philosophie und Theologie. Zu seinen Professoren zählte Joseph Ratzinger, der ihn nachhaltig geprägt hatte. In den Vorlesungen des späteren Papstes Benedikt XVI. lernte er Marita Binger kennen – seine spätere Ehefrau und Mutter seiner drei Kinder. 

Klarsichtig und mitfühlend

Blüm besaß die Gabe, seine Nachdenklichkeit mit einer gesunden Konfliktfähigkeit zu verbinden und damit zu einem der dienstältesten Politiker Deutschlands zu werden: Drei Jahrzehnte war Blüm Mitglied des Deutschen Bundestages, 16 Jahre lang Arbeits- und Sozialminister in der Regierung von Helmut Kohl. 

Selbst als Pensionär mischte sich Blüm weiterhin in die gesellschaftlichen Debatten ein. Fürs Fernsehen zog er „Im Auftrag meiner Enkel“ durch die Republik. Bekannt sind auch seine kritischen Zwischenrufe aus den verschiedensten Ländern: In Katar prangerte Blüm die Arbeitsbedingungen der dortigen Gastarbeiter an, in Griechenland demonstrierte er vor vier Jahren Mitgefühl mit den Flüchtlingen. Seine Sorge galt nicht zuletzt den jungen Familien in Deutschland, die er durch den wirtschaftlichen Druck bedroht sah. Die Forderung nach Nachhaltigkeit hielt er denn nicht nur mit Blick auf die Umwelt für berechtigt, sondern auch mit Blick auf die Familien. 

Brinkhaus: Leidenschaftlich in der politischen Debatte

Blüms Tod ist ein schwerer Verlust für die Union und für ganz Deutschland. „Wie kein anderer hat er die Sozialpolitik unseres Landes gestaltet. Bis zuletzt hat er sich leidenschaftlich in politische Debatten eingeschaltet. Diese mahnende Stimme wird fehlen. In Gedanken sind wir bei seiner Familie und seinen Angehörigen“, sagte Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus. Betroffen zeigt sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Er kannte Werkbank und Ministerschreibtisch.“ Sein Herz habe für die Menschen geschlagen, die das Land aufgebaut haben. Die soziale Marktwirtschaft habe er entscheidend mitgeprägt. Die Einführung der allgemeinen Pflegeversicherung sei sein großes Verdienst.